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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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bedacht, jene zu strafen, von denen sie um ihr ›wirtschaftliches Geburtsrecht betrogen‹ worden waren!
    Vielleicht, so mußte Pierre zugestehen, hatte er einen großen Fehler begangen, indem er die vertrauten Schlagworte übernahm, als er sich unversehens dem großen, hungrigen Monster gegenübersah, zu dem die Volksrepublik Haven verkommen war. Im Namen des Überlebens hatte er das am zweckmäßigsten Erscheinende getan und die Rhetorik von Menschen wie Cordelia Ransom übernommen, weil sie die Sprache des Pöbels sprachen und er sich vor dem Pöbel fürchtete. Das mußte er vor sich eingestehen. Trotz seines Hasses auf die Leute, die es so schlimm hatten kommen lassen, fürchtete er sich. Er fürchtete sich vor dem Versagen und davor, den Dolisten sagen zu müssen, daß es keine Wundermittel gab, um die Lage zu bereinigen. Er fürchtete sich davor, daß das Monster sich auf ihn stürzen und ihn verschlingen könnte.
    Rob Pierre hatte beabsichtigt, echte Reformen durchzuführen. Wenn er sich nur daran erinnerte, fühlte er sich auf der Stelle erschöpft. Den Vorsatz hatte er jedenfalls gehegt. Aber der Pöbel verlangte nach einfachen Lösungen und unkomplizierten Antworten, und wenn die Realität diese nicht bot, so kümmerte sich der Pöbel nicht darum. Er hatte Blut geleckt und das Vergnügen erfahren, seine Feinde zu zerschmettern, und undeutlich spürte er daraufhin seine gewaltige, wenn auch latente Macht. Pierre mußte immer an einen heranwachsenden Mörder denken, der sich der Triebe, die ihn steuerten, nicht bewußt ist und der die Selbstdisziplin, mit der er diese Triebe hätte kontrollieren können, nie erworben hat. Die einzige Möglichkeit zu verhindern, selbst zum Ziel zu werden, bestand darin, dem Pöbel andere Ziele zu bieten.
    Und das hatte er getan. Er hatte die Legislaturisten als Kriegsgewinnler und Fälscher bezichtigt, als Verräter, die sich auf Kosten der Dolisten mästeten und den Reichtum genossen, der in Wahrheit dem Volk gehöre. Der unbestreitbare Wohlstand der großen Legislaturistenfamilien gab ihm recht, denn sie hatten in der Tat in unglaublicher Weise in die eigene Tasche gewirtschaftet. Aber was Pierre dem Pöbel nicht eröffnet hatte – weil der Pöbel so etwas nicht hören wollte –, war die Tatsache, daß aller Reichtum sämtlicher Legislaturisten in der ganzen Volksrepublik insgesamt zur Bedeutungslosigkeit verblaßte, wenn man seine Summe mit der Staatsverschuldung verglich. Die Verstaatlichung der Legislaturistenvermögen hatte eine zeitweilige Erleichterung bewirkt, die vergängliche Illusion eines Fortschritts, mehr aber nicht, und so hatte Pierre dem Pöbel die Legislaturisten selbst vorgeworfen. Er hatte Oscar Saint-Justs neues Amt für Systemsicherheit auf sie gehetzt und zugesehen, wie die ›Volkstribunale‹ eine Familie nach der anderen wegen ›Verrats gegen das Volk‹ zum Tode verurteilten. Und während die Hinrichtungszahlen stiegen, erkannte Pierre die schreckliche Wahrheit: Blutvergießen führte unweigerlich zu nichts anderem als weiterem Blutvergießen.
    Der feste Glaube des Pöbels, ein Recht auf Rache an jenen zu besitzen, die ihn ›verraten‹ hatten, fachte nur weiteren Rachewahn an, und wenn den Volkstribunalen die Opfer ausgingen, wurden neue benötigt.
    Als Pierre klar wurde, daß er nicht einmal die bescheidensten Versprechen, die er bei seiner Machtergreifung gegeben hatte, würde einlösen können, begriff er, daß er selbst früher oder später als der neuste erfolglose Retter des Pöbels den Dolisten zum Opfer fallen mußte. Es sei denn, er fand jemand anderen, dem er die Schuld auf die Schultern laden konnte. Und in seiner Verzweiflung hatte er sich an Cordelia Ransom gewandt, das dritte Mitglied des nunmehr die Republik beherrschenden Triumvirats.
    Pierres Position als Vorsitzender des Triumvirats war fest und unantastbar. Er hatte Schritte ergriffen, um diese Position zu stärken, und Sorge getragen, daß seine beiden Kompagnons darüber Bescheid wußten. Dennoch benötigte er sie beide; Ransom wegen ihrer Fähigkeiten als Propagandistin des neuen Regimes – und Saint-Just, um zum einen die Sicherheitskräfte zu kontrollieren und zum anderen Ransom im Auge zu behalten, denn oft flößte die Ministerin für Öffentliche Information Pierre noch mehr Furcht ein als der Pöbel.
    Einen brillanten Verstand besaß sie nicht, aber sie verfügte über eine rasche Auffassungsgabe, Schläue, eiserne Nerven und ein Talent für Intrigen, das sich bei

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