Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
farbiger, aber im Grunde unpolitisch und mehr auf Pflichterfüllung bedacht als auf persönlichen Einfluss. Ich glaube, er ist im Augenblick noch schlechter auf das Komitee zu sprechen als selbst Theisman, und er hat dazu bessere Gründe. Ich möchte beide nicht aus den Augen lassen, aber wir brauchen sie gegen die Mantys, das weiß ich.«
»Na, welche Erleichterung!«, rief Pierre.
»Bestimmt«, pflichtete Saint-Just ihm bei, doch dann lehnte er sich zurück und schenkte dem Vorsitzenden noch einen scharfen Blick. »Und nachdem ich dir nun meine Bedenken in dieser Sache mitgeteilt habe, möchte ich dich noch einmal fragen, ob du wirklich entschlossen bist, die Geldentwertung und die LHZ-Kürzungen durchzusetzen.«
»Das bin ich«, sagte Pierre tonlos. Saint-Just öffnete den Mund, doch der Vorsitzende sprach weiter, bevor er ein Wort sagen konnte. »Ich weiß, dass es gefährlich ist, aber wir müssen allmählich unseren Staatshaushalt in Ordnung bringen. Das ist genauso wichtig wie die rein militärische Seite des Krieges – und verdammt noch mal der eigentliche Grund, warum ich diesen beschissenen Putsch überhaupt angefangen habe!«
Saint-Just stutzte angesichts Pierres plötzlicher Leidenschaftlichkeit. Der SyS-Chef wusste wahrscheinlich besser als jeder andere Mensch, wie sehr es dem Vorsitzenden zu schaffen machte, dass er die wirtschaftlichen Nöte der Volksrepublik bislang nicht beseitigen konnte. Im Grunde hatte erst die Wahrscheinlichkeit eines republikweiten finanziellen Zusammenbruchs ihn auf Pierres Seite gezogen. So wie Oscar Saint-Just es sah, bestand seine Aufgabe darin, Macht und Stabilität des Staates zu gewährleisten, denn auf diesen beiden Grundpfeilern fußte die Autorität, welche die Volksrepublik zusammenhielt. Letztendlich interessierte es den Chef der SyS gar nicht, wer die Macht ausübte, sondern nur, dass sie gut ausgeübt wurde. Diese wichtige Prüfung hatten die Legislaturisten nicht bestanden.
Trotzdem bereitete ihm Pierres Entschlossenheit Sorge, die wirtschaftlichen Probleme gerade jetzt anzugehen. Zu vieles geschah auf einmal und schuf zu viele mögliche Brandherde. Und schlimmere Probleme konnte sich ein Sicherheitsfachmann nicht vorstellen, denn es lag in der Natur dieser Brandherde, dass man sie nur selten erkannte, bevor die ersten Flämmchen hervorzüngelten.
»Ich bin mir bewusst, dass wir uns irgendwann mit den grundlegenden Schwierigkeiten befassen müssen«, sagte er vorsichtig. »Ich muss mir nur die Frage stellen, ob jetzt der geeignete Zeitpunkt ist. Wir haben bereits ein großes Experiment gestartet, nämlich McQueen und das Kriegsministerium.«
»Aber eben McQueen macht jetzt zum geeigneten Zeitpunkt«, entgegnete Pierre mit Schärfe. »Indem sie die Leveller ausschaltete, hat sie das bei weitem radikalste Element des Mobs beseitigt.« Und , fügte er in Gedanken hinzu, du und ich haben den Umsturzversuch zum Vorwand genommen, sicherheitshalber einige der schwierigeren ›Gemäßigten‹ aus dem Komitee zu entfernen, nicht wahr, Oscar? »Dabei hat McQueen allen anderen Radikalen gezeigt, was passiert, wenn man versucht, das Komitee zu stürzen. Und sie hat bei der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, das Militär unterstütze uns.« Er lächelte matt. »Selbst wenn sie wirklich versucht, sich eine Hausmacht zu schaffen, weiß der Mob nichts davon. Deshalb muss man annehmen, dass McQueen gehorcht, wenn wir ihr sagen, sie soll eine weitere Million Aufständische umbringen. Die gemäßigten Elemente von Nouveau Paris wissen nun, was ein echter Aufstand jeden in der Umgebung kostet, auch die Unbeteiligten. Von ihnen will keiner noch einen Umsturzversuch, und die Radikalen wollen ganz bestimmt nicht, dass ›Admiral Clusterbombe‹ sie wieder besuchen kommt. Wenn wir also eine Politik einführen wollen, die auf breite Ablehnung stößt, dann ist jetzt genau der rechte Moment.«
»Ich kann deinen Gedankengang nachvollziehen, und ich ziehe auch nicht in Zweifel, dass etwas getan werden muss«, sagte Saint-Just. »Nur der Zeitpunkt bereitet mir Sorgen, aber das wird wahrscheinlich immer der Fall sein, wenn wir gerade Reformen durchzusetzen versuchen. Vermutlich ist es der Gedanke, dass wir gleichzeitig das Geld entwerten und den Lebenshaltungszuschuss beschneiden.«
»Es ist besser, die bittere Medizin in einem ekligen Schluck zu nehmen als tröpfchenweise«, entgegnete Pierre. »Unter dem alten Regime war die Inflation schlimm genug; in den letzten paar Jahren
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