Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
das würden Sie wohl eher instinktiv nennen. Und trotzdem war es keine rein automatische Reaktion. Ich … Nun, ich habe gesehen, wie sich ein Muster entwickelte, und die Möglichkeit erkannt. Deshalb behielt ich im Hinterkopf, dass sich diese Gelegenheit bieten könnte – nur für den Fall, dass es tatsächlich dazu kommt –, und dann …«
Er hob hilflos die Achseln, und die Bürgerin Captain lachte auf.
»Also haben Sie ein Auge dafür, Bürger Commander! Das hatte ich mir gleich gedacht. Gut. Das ist sogar sehr gut, Oliver.«
Es gelang Diamato, ein Blinzeln zu unterdrücken. Noch keinen T-Monat lang war er Zwoter Offizier der Schaumberg , Taktischer Offizier hingegen seit mehr als einem Vierteljahr, aber heute nannte sie ihn zum ersten Mal beim Vornamen. Genauer gesagt, bewies sie zum ersten Mal, dass sie seinen Vornamen überhaupt kannte. Am meisten erstaunte Diamato indessen, wie gut es sich anhörte, wenn sie ihn in anerkennendem Ton benutzte.
Sie neigte den Kopf zur Seite und sah ihn an, als warte sie auf etwas, und er überlegte nervös, was zum Teufel er nun antworten sollte.
»Ich bin froh, dass Sie mit mir zufrieden sind, Bürgerin Captain«, sagte er.
»Ja, aber Zufriedenheit hält nie sehr lange vor, Oliver«, sagte sie und grinste ihn in einer Weise an, die ihr Lächeln irgendwie seltsam aufrichtig wirken ließ. »Wissen Sie, nachdem Sie nun bewiesen haben, dass Sie ein Auge dafür haben, werden Sie jeden Tag zusätzliche vier Stunden mit Bürger Commander Hamer und mir verbringen, um es zu schulen.« Bei seinem Gesichtsausdruck verbreiterte sich ihr Grinsen, und sie streckte die Hand aus und tätschelte ihm den Ellbogen. »Der Bürger Eins-O wird Ihnen in Simulator Sieben ein halbes Dutzend neue Aufgaben hinzaubern«, versprach sie ihm. »Ich freue mich schon darauf, mir während Ihrer nächsten Wache Ihre Lösungen anzuschauen.«
»Glauben Sie denn wirklich, wir können es schaffen?«, fragte Everard Honeker sehr leise. Lester Tourville hätte fast schnaubend aufgelacht, doch dann bemerkte er den Tonfall des Volkskommissars, und er blickte mit weit ernsterem Gesicht auf.
»Das klingt mir aber gar nicht nach einer Haltung, wie sie einem der vorausschauenden Vorreiter der Neuen Ordnung ansteht«, sagte er in einem Ton, der viel selbstsicherer wirkte als seine Augen. Eingehend musterte er Honeker und stellte, während er dessen Reaktion abwartete, äußerlich eine Zuversicht zur Schau, die er bei weitem nicht empfand. Im Laufe des letzten T-Jahrs hatten er und sein Volkskommissar fast eine echte Partnerschaft entwickelt, doch nun hatte der Bürger Vizeadmiral es zum ersten Mal gewagt, seine Abscheu vor seinen politischen Herren in solch klare Worte zu fassen.
Ironisch sagte er sich, dass er sich nicht gerade den besten Augenblick dazu ausgesucht habe. Er hatte die Count Tilly als Flaggschiff des Kampfverbands 12.2 behalten, und Giscards 12. Flotte war soeben komplett aus dem Secour-System ausgelaufen. In vierundzwanzig T-Tagen würden die verschiedenen Kampfverbände gleichzeitig ihre Zielgebiete erreichen. Dann begann Unternehmen Ikarus. Unter den gegebenen Umständen war es wohl kaum der passende Zeitpunkt, sich mit dem eigenen Volkskommissar anzulegen, denn das könnte damit enden, dass das Kommandoteam von KV 12.2 zerbrach. Dennoch hatte er nun schon seit einiger Zeit die Gewohnheit, nie den geeigneten Moment abzuwarten, und trotz seiner anscheinenden Rehabilitierung ließ sich nur schwer eine Möglichkeit finden, das Loch, in dem er steckte, noch tiefer zu graben. Außerdem war er sicher, dass Everad Honeker die gleiche Abscheu vor Cordelia Ransom empfunden hatte wie Tourville.
Die Frage ist nur , dachte der Bürger Admiral, ob seine Abscheu vor ihr nun, da sie tot ist, auch auf den Rest des Komitees abfärbt? Das … käme mir sehr gelegen. Vielleicht. Besonders, wo Giscard und ich nun das Etikett ›McQueens Leute‹ tragen, ob wir es wollten oder nicht!
»Wir Vorreiter des Volkes blicken uns häufig über die Schulter, um zu sehen, wer uns folgt«, entgegnete Honeker nach einer Weile; ein Satz, den Tourville in mehrere Richtungen interpretieren konnte. Der Volkskommissar ließ ihn einige Sekunden lang schmoren, dann lächelte er frostig. »Angesichts der Tatsache, dass manche dieser Leute zu leicht unvernünftigen Reaktionen neigen, wenn es um Versagen geht, ist mein Interesse am Ausgang unseres Unternehmens mehr als nur akademischer Natur. Und offen gesagt macht es mich
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