Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
und suchen
nach Essensresten. Mitunter fällt von der Ruckelei der Deckel runter und die
zwei sitzen fest. Dann versuchen sie herauszuspringen und stoßen dabei mit den
Köpfen gegen das Blech. Deshalb macht es Klonk-Klonk, Klonk-Klonk .“
Ich war
sprachlos. So etwas hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Die Frau griff nach
dem langen Holzbrett, das neben der Tonne stand und schob es vorsichtig in den
Bottich. Die Waschbären jauchzten entzückt. Schnurstracks kletterten sie aus
dem Blecheimer und liefen eilig davon. Diesen süßen Tierchen konnte ich beim
besten Willen nicht böse sein. Ich ging zurück in mein Zimmer, um mich auf den
letzten Tag der Reise vorzubereiten. Als sich zwei Stunden später die ersten
Gäste zur Abfahrt am Bus einfanden, war ich auf das Schlimmste gefasst. Zu
Recht. Die letzte Nacht hatte das Fass für die armen Leute zum Überlaufen
gebracht. Meck, meck, meck tönte es aus allen Reihen, und ich hatte vollstes
Verständnis für ihren Unmut. Ich ließ das Beschwerdefeuer geduldig über mich
ergehen, bis es nach zehn Minuten wie von selbst erlosch. Noch sechs Stunden , dann bin ich endlich erlöst . Ich hatte an diesem letzten Tag resigniert.
Mir war bewusst, dass mein Trinkgeld, wenn es überhaupt welches gab, wohl sehr
mager ausfallen würde. Keine schöne Aussicht, denn für uns Dienstleister in den
USA ist der „Tip“ wesentlicher Teil der Entlohnung. Doch im letzten Moment
wendete sich das Blatt. Noch heute bin ich ChaCha dankbar. Sie bewahrte das
sinkende Schiff vor dem Untergang. Kurz vor der Ankunft in Los Angeles bat sie
mich, ihr das Mikrofon noch einmal zu überlassen.
„Hallo, liebe
Leute. Könnt ihr mich hören?“, fragte sie leise.
Die Gruppe
reagierte nur zögernd.
„Könnt ihr
mich hören?“, brüllte sie beim zweiten Anlauf unerwartet laut.
Selbst Larry
erschrak und trat instinktiv auf die Bremse. Nun hatte ChaCha definitiv die
ungeteilte Aufmerksamkeit aller Teilnehmer. Es folgte ein Schwall aus
Komplimenten über die Reise. ChaCha erinnerte die Gruppe noch einmal an alle
Höhepunkte und an all das Schöne, was wir unterwegs erlebt und gesehen hatten.
Und ganz besonders lobte sie mich, ihren Ollie, für seine ewige Geduld und für
seine Bereitschaft für das Wohl seiner Gäste bis zum Äußersten zu gehen.
„Sicher gab es
ein paar unerwartete Zwischenfälle“, betonte ChaCha. „Aber als wir diese Reise
gebucht haben, war uns doch klar, dass wir nicht nur durch den Westen der USA
fahren würden, sondern durch den Wilden Westen. Und es kann sich wohl niemand
darüber beklagen, dass die Fahrt nicht wild genug war. Seht es einfach mal so:
Wenn Ihr nach Hause kommt, habt Ihr wenigstens was zu erzählen. Mir jedenfalls
hat die Reise sehr viel Spaß gemacht. Und dank unserem Ollie haben wir auch
noch eine Menge über Land und Leute gelernt.“
Sie atmete
tief ein.
„Und nun holt
ihr alle einmal ganz schnell eure Geldbeutel raus und steckt noch jeder zehn
Dollar extra in die Umschläge für den Reiseleiter. Die hat er sich redlich
verdient.“
Ich war
gerührt. Am liebsten hätte ich ChaCha von da an auf jede Reise mitgenommen.
Mein Tip war Dank ihrer Rede am Ende besser, als ich mir je hätte träumen
lassen. ChaCha schenkte mir zum Abschied ein kleines Sparschwein. Das wird nun
regelmäßig gefüttert, damit ich irgendwann doch noch auf die Insel Sylt fahren
kann.
13 Am Pazifik entlang
nach Los Angeles - Die Sache mit dem
schmutzigen Film
Fragt
mich ein Gast nach meinem Familienstand, zeige ich mit dem Finger auf die
Gruppe und sage:
„Ich bin
alleinerziehend.“
Ich habe in
der Tat oft das Gefühl, mit fünfzig Kindern unterwegs zu sein. Ständig höre ich
mich sagen:
„Tun Sie dies
nicht und machen Sie das nicht. Stellen Sie sich nicht so nah an den Abgrund
und gehen Sie nicht so spät ins Bett. Trinken Sie viel Wasser und seien Sie
pünktlich wieder am Bus!“
Der einzige
Unterschied zwischen mir und einem alleinerziehenden Vater besteht darin, dass
meine Leute tatsächlich tun, was ich Ihnen sage. Auch nach all den Jahren
fasziniert mich diese Tatsache noch immer. Ich sage hopp! und die Leute
springen. Deshalb ist die Umstellung auf ein normales Leben nach Saisonende gar
nicht so einfach, denn zu Hause folgt plötzlich niemand mehr meinen Befehlen.
Besonders die ersten Tage sind schwierig, da die Macht der Gewohnheit oft
Überhand nimmt. Ich erwische mich dabei, wie ich ständig über die Schulter
sehe, um die Gruppe im Blickfeld zu behalten.
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