Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
besuchen. Nach fast zwei Tagen
hatten sie mit Ausnahme der Fisherman’s Wharf noch rein gar nichts gesehen. Und
nun, eine Stunde vor Sonnenuntergang, mussten sie tatenlos zusehen, wie zwei
Hotelangestellte das Haus nach ihren Koffern durchforsteten. In einer Herberge
mit 460 Zimmern war das natürlich nicht in zehn Minuten erledigt. An diesem
Abend wollte ich zum ersten Mal kündigen. Ich hatte die Nase gestrichen voll
von meinem Job und fühlte mich auch mit meinen physischen Kräften am Ende. Es
gab absolut nichts was ich hätte tun können, um meinen Gäste die verlorene Zeit
zu ersetzten. Sie würden am frühen Morgen die Stadt verlassen, ohne auch nur
einen Fuß auf die Golden Gate Bridge gesetzt zu haben. Mal ganz
abgesehen von all den anderen Sehenswürdigkeiten, die ihnen entgangen waren.
Ich setzte
mich also hin und arbeite einen Schlachtplan aus. Wir würden am Vormittag eine
halbe Stunde vor der geplanten Zeit vom Hotel abfahren und zumindest noch einen
Fotostopp an der Golden Gate Brücke einlegen. Dafür würde ich die Mittagspause
in Carmel verkürzen, um noch vor Anbruch der Dunkelheit in San Simeon
einzutreffen, unserem folgenden Übernachtungsort. Gesagt, getan. Einige meiner
Gäste fuhren am Abend auf meine Empfehlung noch mit dem Cable Car durch die
Straßen von San Francisco und konnten so wenigstens ein paar Eindrücke sammeln
und Fotos schießen, wenn auch nur im Dunkeln. Larry fuhr zu später Stunde mit
dem frisch reparierten Bus vor, und ich hatte meine innere Balance mit Hilfe
eines Glas Rotweins an der Hotelbar wieder halbwegs hergestellt. Ich gab dem
Barmann ein Trinkgeld und trottete zum Aufzug. Als die Fahrstuhltür aufging,
stand vor mir eine völlig aufgelöste ChaCha.
„Ollie, gut,
dass ich dich hier treffe. Gegenüber von meinem Zimmer, da wohnt das Ehepaar
Huebsch. Sie wissen doch, die stämmige Frau mit dem kleinen Mann. Die ruft um
Hilfe. Ich hab schon geklopft, aber es macht niemand auf. Ich mach mir ja
solche Sorgen.“
Ich schnappte
mir einen Hotelpagen und eine Ersatzschlüsselkarte für das besagte Zimmer. Mit
ChaCha im Schlepptau fuhren wir in die elfte Etage. Schon von Weitem hörten wir
die verzweifelten Rufe aus Nummer 1134.
„Nun machen
Sie schon auf“, drängte ich den Pagen, der erst einmal vorsichtig an der
Zimmertür klopfte.
„Ich darf da
nicht so einfach rein“, erklärte mir der junge Mann. „Nur in Begleitung des
Gastes, der in dem Zimmer wohnt.“
Ich war kurz
davor, die Geduld zu verlieren.
„Ja, hören Sie
denn nicht, dass der Gast um Hilfe ruft?“
„Nicht
wirklich. Ich verstehe ja kein Deutsch“, war die Antwort.
Was soll man
da noch sagen? Ich griff nach der Schlüsselkarte, schob den Pagen beiseite und
öffnete die Tür.
„Hallo? Frau
Huebsch?“
„Haaalllloooo“,
ertönte es aus dem Badezimmer. „Ich bin hier hinten. Helfen Sie mir bitte.“
Ich ahnte
nichts Gutes.
„ChaCha,
würden Sie vielleicht einmal ins Bad schauen? Es wäre mir sehr unangenehm, wenn
Frau Huebsch... „
„Jetzt stell
dich nicht so an!“, unterbrach sie mich jäh und schob mich in Richtung Bad.
Vorsichtig
öffnete ich die Tür. Bei dem Anblick, der sich mir bot, wusste ich nicht, ob
ich lachen oder weinen sollte. Frau Huebsch saß auf dem Klo und hatte
anscheinend Schwierigkeiten, dieses ohne fremde Hilfe wieder zu verlassen. Dazu
muss ich sagen, dass das besagte Hotel im neunzehnten Jahrhundert gebaut wurde
und in einigen Bädern die Toiletten in einer separaten Nische stehen. Aus einem
mir unerklärlichen Grund sind die Klos tiefer gelegt und neigen leicht nach
hinten. Deshalb befindet sich an der Wand eine Griffstange, mit deren Hilfe
sich die Gäste bei Bedarf wieder in den Stand ziehen können. Dem Gewicht der
Frau Huebsch, die gut und gerne 150 Pfund zu viel auf den Rippen trug, konnte
der Griff offenbar nicht standhalten und war aus der Wand gebrochen. Nun saß
sie da mit heruntergelassenen Hosen und kam nicht wieder hoch.
„Es ist mir ja
so peinlich“, sagte sie schluchzend, „und mein Mann ist mit den anderen Leuten
in die Stadt gegangen.“
„Komm, Ollie“,
forderte mich ChaCha auf und krempelte ihre Leopardenmuster-Ärmel hoch. „Wir
schaffen das schon.“
Bei „drei“
zogen wir die Dame mit einem Ruck von der Schüssel. Beinahe wäre sie wieder
nach hinten gekippt, weil ich zu früh losließ. Diesen Sturz hätte weder sie,
noch das Klo überlebt. Frau Huebsch kamen Tränen der Erleichterung.
„Danke. Danke.
Ich bin ja so froh,
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