Hordubal (German Edition)
schläft sie nicht, du siehst sie nicht und doch ist's hier voll von ihr, leise lacht sie dich an und macht dir Platz; wie soll so ein Riesenkerl denn hier Platz finden, du bist zu groß, du mußt dich zwischen ihre Arme pressen; und sie flüstert dir etwas ins Ohr, du weißt nicht was – die Worte sind kalt, aber warm ist das Flüstern und dunkel, das Dunkel wird noch dichter davon, so dicht und schwer, daß du es mit den Fingern fühlst, und es ist die Frau, das Haar da, die Schultern da, und sie atmet, zischt durch die Zähne, atmet dir dunkel ins Gesicht – ach, Polana, stammelt Hordubal, o du!
Leise öffnet Juraj die Pforte in den Bauernhof und erbebt. In der Vorlaube sitzt Polana im Mondlicht und wartet. »Du, Polana«, murmelt Hordubal und sein Herz setzt aus. »Warum schläfst du nicht?«
Polana schüttelt sich vor Kälte. »Ich erwarte dich. Wollte dich etwas fragen – im vorigen Jahr haben wir für ein Paar Pferde siebentausend bekommen; also, was – was hältst du davon –«
»Nun ja«, meint Hordubal zögernd. »Gut ist es, warum denn nicht, wollen morgen darüber reden –«
»Ich möchte jetzt«, sagt Polana hart. »Deswegen warte ich. Ich will nicht mehr den Kühen dienen ... mich auf dem Feld rackern ... nein, ich will nicht!«
»Das wirst du nicht«, sagt Hordubal und sieht auf ihre Hände, wie sie weiß im Mondlicht glänzen. »Jetzt bin ich da, um zu arbeiten.«
»Und Stefan?«
Juraj schweigt, seufzt auf warum gerade jetzt davon sprechen? »Nun«, brummt er, »es wird hier nicht genug Arbeit geben für zwei.«
»Und die Pferde?« wendet Polana hurtig ein. »Jemand muß bei den Pferden sein, und du verstehst dich auf Pferde nicht –«
»Das ist wahr«, weicht Hordubal aus. »Ah was, es wird schon irgendwie gehen.«
»Ich will es wissen«, drängt Polana und ballt die Fäuste. Oh du, wie heftig du bist!
»Wie du willst, Polana, wie du willst«, hört Juraj seine eigene Stimme. »Stefan bleibt, Herzchen ... Du sollst wissen, ich bringe Geld nach Hause ... Alles werde ich für dich tun.«
»Stefan kennt sich in den Pferden aus«, hört Hordubal, »so einen findest du nicht gleich. Fünf Jahre dient er hier –«
Polana erhebt sich, seltsam bleich im Mondlicht. »Gute Nacht. Geh leise, Hafia schläft.«
»Was – was willst du – wohin gehst du?« staunt Hordubal.
»Auf den Dachboden, schlafen. Du schläfst in der Stube, du bist – der Gazda.« Etwas Hartes, etwas Böses ist in Polanas Gesicht. »Stefan – schläft im Pferdestall.«
Regungslos sitzt Hordubal in der Vorlaube und starrt in die Mondnacht. So, so. Der Kopf will nicht denken, ist wie hölzern. Und was sitzt mir da im Hals, daß ich es nicht herunterschlucken kann? Du schläfst in der Stube, du bist der Gazda. So ist es.
Irgendwo fern bellt ein Hund, im Stall rasselt die Kette einer Kuh. Du schläfst in der Stube. Eh, der stumpfsinnige Schädel! So sehr man ihn auch schüttelt, es macht nichts aus, gar nichts – starr bleibt er. Also, der Gazda. Dies alles ist dein, Gazda, diese weißen Mauern, der Hof alles: was bist du für ein Herr, hast eine ganze Stube für dich, kannst dich allein in dem Bett breitmachen – je nun, der Gazda! Und was ist das, daß ich nicht aufstehn kann, daß mein Kopf so stumpf ist das ist vielleicht der Schnaps, Holzspiritus hat mir der rothaarige Jude eingeschenkt, aber bin ich nicht wie im Tanz aus der Schenke gegangen? Also in der Stube. Da will Polana wohl den Gazda ehren, wie ein Gast wird er schlafen. Eine grenzenlose Müdigkeit befällt Hordubal. Nun wohl, sie will, ich soll ausruhn, mich von der Reise erholen; wahrhaftig, ich kann ja gar nicht aufstehn, dummes Gefühl, Beine wie aus Sülze zu haben. Und der Mond ist schon hinter das Dach geklettert.
»Es hat elf geschlagen, lobet Gott den Herrn –« Der Nachtwächter ruft aus – in Amerika wird nicht ausgerufen, seltsam ist Amerika. Er soll mich hier nicht sehen, der Nachtwächter, es wäre eine Schande, erschrickt Hordubal und stiehlt sich leise wie ein Dieb in die Stube. Er zieht den Rock aus und hört einen schwachen Atem – Gott sei gepriesen, Polana hat nur gescherzt und schläft hier; ach, ich Tölpel, und ich hab' mittlerweile wie ein Stock auf dem Hof gehockt!
Juraj schleicht leise, leise zu dem Bett und tastet; das zarte Haar, die dünnen schlaffen Ärmchen – Hafia. Das Kind wimmert leise und wühlt sein Gesicht in die Kissen hinein. Es ist wirklich Hafia. Juraj setzt sich still auf den Bettrand, ich werde dem Kind
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