Hordubal (German Edition)
hätte. Lungenentzündung, Amen. Und die Witwe hätte nach einiger Zeit den Knecht geheiratet – das Kind wäre geboren worden. – Aber Ihnen, Biegl, gefällt so ein einfacher Fall nicht.«
»Nein, mir gefällt es, die Wahrheit festzustellen. Das, Gelnaj, ist Männerarbeit.«
Gelnaj blinzelt grübelnd. »Und haben Sie die Empfindung, Karlchen, daß Sie sie sozusagen gefunden haben? Die wahre Wahrheit?«
»– – noch diese Nadel möchte ich gern finden.«
Drittes Buch
Verhandlung gegen Stefan Manya, sechsundzwanzigjähriger Knecht, ledig, reformierter Konfession, und gegen Polana Hordubal, geborene Durkota, Witwe, einunddreißig Jahre, römisch-katholischer Konfession, wegen Meuchelmordes, begangen an Juraj Hordubal, Gazda in Krivá, gegebenenfalls wegen Mitschuld an der Ermordung des Juraj Hordubal.
Angeklagter, stehn Sie auf. Sie haben soeben die Anklageschrift vernommen. Fühlen Sie sich schuldig im Sinne der Anklage?
Der Angeklagte fühlt sich unschuldig. Er hat Juraj Hordubal nicht getötet, er hat in jener Nacht daheim in Rybáry geschlafen. Das Geld hinter dem Balken – das hat er vom Gazda bekommen, angeblich als Mitgift, wenn er Hafia heiraten würde. Den Glaserdiamanten hat er nicht gekauft. Zu der Bäuerin hat er keine intimen Beziehungen gehabt. Sonst hat er nichts auszusagen.
Die Angeklagte fühlt sich unschuldig. Über den Mord weiß sie nichts, erst am Morgen –. Auf die Frage, wie sie von Juraj Hordubals Tod erfahren habe: sie habe nur das zerbrochene Fenster gesehen. Zu dem Knecht hat sie keine Beziehungen gehabt. Den Glaserdiamanten hat der Gazda selbst vor Jahren gekauft. Der Mörder muß durch das Fenster gekommen sein, weil die Hoftür die ganze Nacht verriegelt gewesen ist.
Hierauf setzt sie sich, bleich, unschön, hochschwanger: wegen dieser Schwangerschaft mußte die Verhandlung beschleunigt angesetzt werden.
Und der Prozeß wälzt sich weiter mit der unerbittlichen Routine der Justizmaschine. Protokolle und Gutachten werden verlesen, Papier raschelt, die Geschworenen gebärden sich, als verfolgten sie andächtig und voll Verständnis jedes Wort, das auf dem Amtspapier geschrieben steht. Die Angeklagte sitzt unbewegt wie eine Puppe, nur ihre Augen irren unruhig hin und her. Stefan Manya trocknet von Zeit zu Zeit seine Stirn und strengt sich an zu verstehen, was da vorgelesen wird: wer weiß, was für eine Schlinge es enthält, wer weiß, was die hochmächtigen Herren da herausschälen werden; und mit höflich gesenktem Kopf horcht Manya zu und bewegt die Lippen, als wiederholte er jedes Wort.
Der Gerichtshof eröffnet das Zeugenverhör.
Aufgerufen wird Wasil Geritsch Wasilu, Dorfschulze aus Krivá, ein hoher, breitschultriger Bauer. Er war einer der ersten, welche die Leiche gesehen haben. Es ist wahr, hat er gesagt, daß dies Heimarbeit ist. Warum? Der Vernunft nach, bitte schön. Und ist Ihnen bekannt, Geritsch, daß Polana Hordubal Beziehungen zu Stefan Manya gehabt hat? Es ist mir bekannt. Hab's ihr selber vorgeworfen, ehe Juraj zurückgekommen ist. – Und hat Hordubal die Frau schlecht behandelt, wie? – Verprügeln hätte er sie sollen, hoher Herr, erklärte Wasil Geritsch Wasilu, ihr den Teufel austreiben. Nicht einmal sattessen hat sie sich Juraj lassen. – Hat sich Hordubal vielleicht über seine Frau beschwert? – Nicht beschwert, bloß den Leuten ausgewichen ist er; vor Kummer eingegangen ist er wie eine Kerze.
Polana sitzt aufrecht und starrt ins Leere.
Der Gendarmeriewachtmeister Gelnaj sagt im Sinne der Anklage aus. Er deutet auf die betreffenden Gegenstände: ja, dies ist das Fenster aus Hordubals Stube, hier ist auf der Innenseite der Diamantenritzer. An jenem Tag war es kotig, unter den Fenstern war eine Wasserlache; aber in der Stube war keinerlei Kotspur und im Fensterrahmen war der Staub nicht verwischt worden. Ist es möglich, daß ein erwachsener Mensch durch diese Öffnung schlüpft? Unmöglich; da müßte wenigstens der Kopf hindurchgehen, – er geht nicht.
Verhört wird der Gendarmerieaspirant Biegl; er steht wie beim Rapport und glänzt vor Eifer. Er sagt genau im Sinne der Anklage aus. Den Diamanten hat er in dem versperrten Schrank gefunden: die Hordubal wollte den Schlüssel nicht ausliefern, sie habe ihn verloren. Er hat den Schrank erbrochen und auch den Schlüssel dazu später auf dem Boden eines Hafereimers gefunden. Er hat auch in Rybáry Hordubals Dollars gefunden. Und noch etwas habe ich mir mitzubringen gestattet, Herr Vorsitzender,
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