Hordubal (German Edition)
meldet Biegl mit erhobener Stimme und wickelt etwas aus einem Taschentuch heraus. Er habe es erst gestern gefunden, als man Manyas Misthaufen ausräumte. Man hatte es in die Senkgrube geworfen.
Biegl legt auf den Tisch vor den Herrn Vorsitzenden einen dünnen, etwa fünfzehn Zentimeter langen, spitzigen Gegenstand von ovalem Querschnitt. – Was ist das? – Eine Korbflechternadel, bitte, die immer bei Manya war und am Tage des Mordes verschwunden ist. – Biegl zuckt mit keiner Wimper, genießt nur seinen Triumph und labt sich an dem allgemeinen Interesse. Fünf Wochen hat er diese elende Nadel gesucht, und da ist sie nun.
Angeklagter, kennen Sie diese Nadel?
Nein. Und Manya setzt sich, düster und trotzig.
Man hört den Doktor an. Er beharrt darauf, der Mord sei mit einem dünnen, spitzigen Gegenstand von ovalem Querschnitt ausgeführt worden. Wäre Hordubal erschossen worden, so müßte das Projektil im Fenster steckengeblieben sein, und es hat nicht darin gesteckt; und der Doktor erläutert ausführlich den Unterschied zwischen einer Schuß- und einer Stichwunde; außerdem müßte bei einem so kleinen Kaliber der Schuß aus unmittelbarer Nähe abgefeuert worden sein, so daß das Hemd und eventuell auch die Haut auf der Brust versengt sein müßte.
Kann die Wunde durch diesen Gegenstand verursacht worden sein?
Das kann sie. Man kann nicht mit Sicherheit sagen, daß sie es ist, aber dieser Gegenstand ist hinlänglich scharf und dünn, um eine solche Wunde zu erzeugen. Er würde sich sehr gut dazu eignen, schätzt der Doktor. Ja, und der Tod ist unmittelbar eingetreten. Und der jähzornige Doktor rennt weg, wie vom Teufel gejagt. Vernommen wird der Gefängnisarzt. Polana Hordubal ist allen Anzeichen nach im achten Monat der Schwangerschaft. – Angeklagte, sagt der Vorsitzende, Sie brauchen nicht aufzustehn. Wer ist der Vater des Kindes, das Sie unter dem Herzen tragen?
Juraj, flüstert Polana mit gesenktem Blick.
Hordubal ist zurückgekehrt, jetzt sind es fünf Monate. Von wem haben Sie das Kind?
Polana schweigt.
Der alte Manya verzichtet auf die Zeugenaussage; Stefan verbirgt das Gesicht in den Händen, der Alte schneuzt Tränen in ein rotes Taschentuch. Nebenbei, Manya, kennt Ihr diesen Gegenstand?
Der alte Manya nickt, ah, das ist unsere Nadel, die Nadel zum Korbflechten. Und er will sie gleich erfreut in die Tasche stecken. Nein, nein, Alter, die muß hier bleiben.
Auch Michal und Djula verzichten auf die Zeugenaussage. Marja Janosch wird vorgerufen. Wollen Sie Zeugnis ablegen? Ja. Ist es wahr, daß Ihr Bruder Stefan von Ihrem Mann verlangt hat, er solle Juraj Hordubal totmachen? Wahr ist es, bitte untertänigst; aber der Meinige – nicht um hundert Paar Ochsen, hat er gesagt. Hat Stefan ein Verhältnis mit der Bäuerin gehabt? Das wohl, hat sich selber zu Hause damit gebrüstet. Ein böser Mensch ist Stefan, hohes Gericht. Es war nicht gut, ihm das Kind zu verloben; Gott sei gelobt, daß es nicht dazu gekommen ist. – Und was, Zeugin, hat sich Ihr Bruder sehr gekränkt, als ihn Hordubal hinausgeworfen hat? Marja schlägt ein Kreuz: ach, mein Gott, wie der Teufel: nicht gegessen, nicht getrunken, nicht einmal geraucht hat er. – Die Zeugin entfernt sich und schluchzt in der Tür auf: er tut mir leid, hoher Herr – –, bitte untertänigst, darf ich diese Groschen für Stefan dalassen, zur Aufbesserung? – Nein, nein, Matuschka, er braucht kein Geld, gehn Sie mit Gott.
Janosch wird aufgerufen. Wollen Sie Zeugenschaft ablegen? Bitte, wie die Herren befehlen. Ist es wahr, daß Stefan von Ihnen verlangt hat, Sie sollen Hordubal den Tod bereiten? – Der Zeuge blinzelt verlegen. Es ist wahr, etwas hat er gesagt, ein Bettler bist du, Janosch, könntest Geld kriegen. – Und wofür das Geld? – Was weiß denn ich, bitte schön, solche dumme Reden. – Hat er Ihnen gesagt, Sie sollen Hordubal erschlagen? – Das wohl nicht, Euer Gnaden. Es ist schon lange her. Es war nur so die Rede von Geld – Stefan hat immer nur vom Geld geredet. Wozu soll ich solche Dummheit im Kopf herumtragen? Und daß ich ein Dummkopf bin. Ein Dummkopf meinetwegen ein Dummkopf: an den Galgen wird es mich nicht bringen, Bruderherz. – Sind Sie nicht betrunken, Zeuge? – Bin ich, bitte schön, hab' ein Gläschen getrunken zur Kurasch, schwer zu reden mit den Herren.
Die Verhandlung wird auf morgen vertagt. Stefan sucht mit den Augen Polana, aber die Witwe Hordubals schaut so wie aus Bein geschnitzt, als wüßte sie nichts
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