Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower
Näherkommen erhaschte Hornblower einen Blick auf Simpson, der etwas abseits von den anderen stand. Er war blaß, und Hornblower bemerkte, daß er gerade in diesem Augenblick nervös zu schlucken begann, genau wie es auch ihm so leicht widerfuhr. Masters kam ihnen entgegen und musterte Hornblower wie immer mit einem scharfen, forschenden Blick, ehe er ihn ansprach: »Ich möchte Ihnen in dieser Stunde ein letztesmal eindringlich nahelegen, den Streit zu begraben.
England ist im Kriege, und ich hoffe, Mr. Hornblower, daß ich Sie doch noch dazu bestimmen kann, dem König und seiner Marine ein kostbares Menschenleben zu erhalten, indem Sie auf die letzte Konsequenz aus dem vorliegenden Streitfall verzichten.«
Hornblower suchte Simpson mit dem Blick, während Danvers für ihn antwortete.
»Hat Mr. Simpson die verlangte Entschuldigung angeboten?« fragte Danvers.
»Mr. Simpson bedauert den Vorfall und erklärt, daß er wünsche, dieser Vorfall hätte sich niemals zugetragen.«
»So geht es leider nicht«, sagte Danvers, »von einer Entschuldigung ist da keine Rede, und Sie müssen doch zugeben, Sir, daß die Angelegenheit ohne eine förmliche Entschuldigung nicht beizulegen ist.«
»Was sagt der Duellant selbst dazu?« beharrte Masters.
»Ein Duellant braucht unter den gegebenen Umständen keine Fragen zu beantworten«, sagte Danvers mit einem Blick auf Hornblower, der ihm bekräftigend zunickte. All das war so unvermeidlich wie die Fahrt auf dem Henkerskarren für den Verbrecher - und genauso qualvoll. Ein Zurück gab es jetzt nicht mehr, Hornblower hatte keinen Augenblick erwartet, daß sich Simpson noch entschuldigen könnte, ohne Entschuldigung aber mußte die Affäre ihren Verlauf nehmen bis zum blutigen Ende.
Mit genau fünfzig Prozent Wahrscheinlichkeit war es mit ihm in weniger als fünf Minuten aus.
»Ihr Entschluß steht also fest, meine Herren?« fragte Masters, »ich muß diese Tatsache in meinem Bericht ausdrücklich erwähnen.«
»Jawohl, wir sind entschlossen.«
»Dann muß diese höchst bedauerliche Angelegenheit eben weiter ihren Lauf nehmen. Die Pistolen hat Dr. Hepplewhite in seiner Obhut.«
Er wandte sich ab und schritt ihnen voran auf die zweite Gruppe zu. Da stand Simpson mit Hether und Cleveland, etwas abseits von ihnen wartete Dr. Hepplewhite mit den Pistolen, die er, in jeder Hand eine, an den Mündungen festhielt. Er war ein massiger Mann mit dem roten Gesicht des unverbesserlichen Portweintrinkers, um seinen Mund spielte sogar in diesem Augenblick ein alkoholisches Grinsen, und wenn man genauer hinsah, dann merkte man, daß er ein wenig schwankte.
»Sind die jungen Hitzköpfe wirklich entschlossen, ihren Unfug fortzusetzen?« fragte er, aber die anderen taten wie auf Verabredung, als hätten sie nicht gehört. Das war auch ganz in Ordnung, weil seine Frage in diesem Augenblick höchst überflüssig und taktlos war.
»Hier sind also die beiden Pistolen«, sagte Masters, »beide mit Zündpillen versehen, aber nur eine geladen, die andere nicht, so wie es die Vereinbarung verlangt. Ich habe hier einen Sovereign und schlage vor, die Waffen nach Kopf oder Wappen auszulosen. Nun, meine Herren, bitte ich Sie noch über folgende Alternative zu beschließen: soll das Ergebnis des Wurfs sofort und unwiderruflich für die Verteilung der Waffen maßgebend sein, so daß zum Beispiel Mr. Simpson diese hier erhält, wenn die Münze Kopf zeigt, oder soll der Gewinner des Wurfs die Wahl zwischen den beiden Pistolen haben? Es geht mir dabei nur darum, jede Möglichkeit einer Manipulation von vornherein auszuschließen.«
Hether, Cleveland, Danvers und Preston blickten einander eine Weile fragend an. Endlich schlug Preston vor: »Ich meine, wir lassen den Gewinner des Wurfs seine Waffe wählen.«
»Einverstanden, meine Herren? Schön, Mr. Hornblower, bitte wählen Sie.«
»Wappen«, sagte Hornblower, als das Goldstück in die Luft wirbelte.
Masters fing es auf und bedeckte es mit einer Hand.
»Wappen«, sagte Masters, hob seine Hand und zeigte die Münze den vier Sekundanten.
»Bitte treffen Sie Ihre Wahl.«
Hepplewhite streckte ihm die beiden Pistolen entgegen, er hielt in der einen Hand den Tod, in der anderen das Leben.
Hornblower durchlebte einen grauenhaften Augenblick, blinder Zufall entschied jetzt über sein Schicksal, es kostete ihn Mühe, seine Hand zu heben.
»Ich möchte diese hier«, sagte er. Als er die Waffe in die Hand nahm, fühlte sie sich an wie ein Eisklumpen.
»Damit
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