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Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower

Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower

Titel: Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Augenblick.
    »Leider haben wir nur Fachliteratur an Bord«, sagte er, »da wären Grandjeans Grundlagen der Navigation und Lebruns Handbuch der Seemannschaft oder andere Bücher ähnlichen Inhalts, sofern Sie glauben, des Französischen genügend mächtig zu sein, um sie lesen zu können.«
    »Ich will es versuchen«, sagte Hornblower.
    Es war sicher von Vorteil, daß sich Hornblower Material für anstrengende geistige Arbeit verschaffte. Die doppelte Aufgabe, französisch zu lesen und zugleich seine Berufskenntnisse zu erweitern, verkürzte ihm die langen, trostlosen Tage, die die Pique auf ihrer Jagd nach Prisen kreuzend auf See verbrachte.
    Die Franzosen nahmen meist überhaupt keine Notiz von ihm.
    Einmal drang er selbst zu Neuville vor, um sich darüber zu beklagen, daß seine vier britischen Seeleute zu der unwürdigen Arbeit des Lenzpumpens herangezogen wurden. Aber er mußte sich geschlagen geben, ehe es überhaupt zu einer Auseinandersetzung kam, da Neuville von vornherein eiskalt ablehnte, sich dazu zu äußern. Hornblower zog sich mit brennenden Wangen und heißen Ohren in seine Kammer zurück, wo ihn, wie immer in solchen Stunden wühlenden Zorns, die Erinnerung an sein eigenes Verschulden mit neuer Gewalt überfiel.
    Wäre es ihm doch eher eingefallen, dieses Schußloch zu dichten! Jeder Offizier mit einem Funken Verstand hätte das als erstes getan. Er aber hatte durch seine Gedankenlosigkeit sein Schiff eingebüßt und die Indefatigable um eine wertvolle Prise gebracht, das lag ihm wie eine Zentnerlast auf der Seele.
    Zuweilen zwang er sich dazu, die Zusammenhänge in Ruhe zu überdenken. In beruflicher Hinsicht erwuchs ihm aus seiner Unterlassungssünde voraussichtlich - ja sogar höchst wahrscheinlich - kein Nachteil. Einem Fähnrich, der mit nur vier Mann Prisenkommando eine von einer Fregatte zusammengeschossene Zweihundert-Tonnen-Brigg übernehmen mußte, konnte man keinen ernstlichen Vorwurf machen, wenn ihm das Schiff unter den Füßen wegsank. Dennoch konnte sich Hornblower nicht verhehlen, daß er sich zum mindesten einen Teil der Schuld an diesem Verlust zuschreiben mußte. Gut, er hatte nicht Bescheid gewußt - aber war denn Unwissenheit eine Entschuldigung? Wenn er über der Fülle seiner anderen Sorgen und Pflichten vergessen hatte, das Schußloch zu dichten, dann war er einfach nicht fähig gewesen, ein Schiff zu führen.
    Unfähigkeit sprach ihn jedoch ebensowenig los. Wenn er solchen Gedanken nachhing, dann versank er jedesmal in einen Abgrund der Verzweiflung und der Selbstverachtung. Dabei gab es keine Menschenseele weit und breit, die ihn in seinem Elend hätte trösten können.
    Die Pique lauerte in den befahrensten Gewässern der Welt auf ihre Beute, sie kreuzte vor der Einfahrt in den Englischen Kanal.
    Wenn dennoch ein Tag um den anderen verstrich, ohne daß sie ein Segel in Sicht bekam, so gab das einen lebendigen Begriff von der unermeßlichen Weite des Ozeans. Sie lief bei ihrem Unternehmen immer das gleiche Dreieck ab, mit halbem Wind nach Nordwesten, in Kreuzschlägen nach Süden und dann vor dem Wind unter gekürzten Segeln wieder nach Nordosten. In jedem ihrer Toppen saß ein Ausguckposten, aber die Männer starrten vergebens hinaus, sie sahen weit und breit nichts als die leere, wogende Wasserwüste - bis eines Morgens von der Vorbramsaling der Ruf einer hellen Stimme an Deck herunterdrang und alles aufhorchen ließ, auch Hornblower, der gerade einsam und verlassen an der Reling stand. Neuville schrie vom Achterdeck aus sofort eine Frage zurück, und Hornblower konnte dank seines jüngsten Selbstunterrichts ganz gut verstehen, was der Mann darauf antwortete. In Luv sei ein Segel in Sicht, meldete der Ausguck und fügte im nächsten Augenblick hinzu, das Schiff hätte Kurs geändert und hielte jetzt vor dem Wind auf die Pique zu.
    Das war höchst bedeutsam. Im Krieg war jedes Handelsschiff voll Argwohn und Mißtrauen und ging darum allen anderen Schiffen möglichst weit aus dem Wege, besonders wenn es in Luv und damit ohnehin so gut wie in Sicherheit war. Nur wer den Kampf suchte oder an krankhafter Neugier litt, gab die Luvstellung freiwillig auf. In Hornblowers Brust wurde eine wilde und doch ganz und gar törichte Hoffnung wach. Ein Kriegsschiff hier draußen auf der See konnte eigentlich nur ein Engländer oder Franzose sein, denn England beherrschte unbestritten die Meere. Und vor allem noch eins: in diesen Gewässern kreuzte ja die Indefatigable , sein eigenes

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