Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower
Müßiggänger zu spielen. Er lehnte sich gelangweilt an die Reling und verbarg seine zitternden Hände in den Hosentaschen. Die Aufregung raubte ihm alle Kraft und wurde während dieses qualvollen Wartens eher größer als geringer. Jede Minute, die der Brand unentdeckt blieb, war kostbar.
Ein französischer Offizier sprach ihn mit stolzem Triumph in den Augen an und deutete dabei über das Heck nach achtern, wahrscheinlich ließ er sich darüber aus, wie rasch die Indefatigable zurückblieb. Hornblower reagierte darauf nur mit einem müden Lächeln, weil ihm zunächst nichts anderes einfiel, dann aber überlegte er, daß Lächeln in diesem Fall durchaus nicht am Platz war, und versuchte, recht düster und verdrossen dreinzuschauen. Der Wind hatte so stark aufgefrischt, daß die Pique kaum noch alle ihre Segel tragen konnte, und Hornblower fühlte, wie er um seine brennenden Wangen strich. An Deck herrschte ein ganz ungewohntes Getriebe, jeder Mann der Besatzung schien vollauf beschäftigt zu sein. Neuville überwachte den Rudergänger und warf dabei ab und zu einen Blick nach oben, um sicherzugehen, daß jedes Segel richtig zog, die Männer machten die Geschütze los, ein Maat und zwei Matrosen holten eben die Logleine ein. Mein Gott, wie lange ging das noch so weiter!
Da endlich! Das Süll des achteren Niedergangs schien plötzlich kleine Wellen zu schlagen, es flimmerte sichtbar im hellen Sonnenschein. Das konnte nur daher kommen, daß heiße Luft aus der Öffnung aufstieg. Wie? Zeigte sich nicht sogar eine Spur von Rauch? Ja, es stimmte! Im gleichen Augenblick kam auch schon der Alarm. Ein erster lauter Ruf, Getrappel eiliger Füße, allgemeines Durcheinander, ratternde Trommelschläge und dazwischen helle Schreie: »Au feu! Au feu!«
Alle vier Elemente des Aristoteles - so schoß es Hornblower ausgerechnet in dieser Sekunde durch den Kopf -, die Erde, die Luft, das Wasser und das Feuer, waren dem Seemann feindlich gesinnt, aber keines davon, ob die Leeküste, den Sturm oder die tobende See hatte er auf seinen hölzernen Schiffen mehr zu fürchten als das Feuer. Was hätte sich auch so leicht entzündet und so lichterloh gebrannt wie diese alten Hölzer unter ihrem dicken Kleid von Ölfarbe? Und gar die Segel und das geteerte Tauwerk der Riggen! Das flammte doch alles auf wie ein Feuerwerk! Dazu lagerten im Rumpf des Schiffes Tonnen und aber Tonnen an Schießpulver und lauerten darauf, Schiff und Mannschaft in die Luft zu jagen.
Hornblower sah zu, wie sich die Löschgruppen ins Zeug legten, Pumpen über Deck heranschleppten und Schläuche auslegten. Ein Mann kam mit einer Meldung für Neuville achteraus gestürzt, wahrscheinlich erfuhr dieser jetzt, wo der Brandherd lag. Neuville hörte sich die Meldung an und warf einen durchbohrenden Blick auf Hornblower, der noch immer an der Reling lehnte, ehe er den Boten mit neuen, hastig hervorgesprudelten Befehlen zurückschickte. Der Rauch quoll jetzt in dicken Schwaden aus dem achteren Niedergang, auf Neuvilles Befehl stürzte sich die achtere Löschmannschaft dennoch mitten hinein und verschwand unter Deck. Aber die Männer richteten offenbar nichts gegen das Feuer aus, denn der Qualm aus dem Niedergang wurde zusehends dichter. Der achterliche Wind trieb die Schwaden über das ganze Schiff nach vorn, sogar aus den Nähten in der Wasserlinie schien es bereits zu qualmen.
Neuville wollte eben mit wutverzerrtem Gesicht auf Hornblower losstürzen, aber ein Schrei des Rudergängers ließ ihn innehalten. Da der Mann das Rad nicht loslassen konnte, deutete er mit dem Fuß auf das Skylight der Kajüte. Durch das Fenster konnte man sehen, daß es unten lichterloh brannte.
Während Neuville noch wie gebannt nach unten sah, zersprang eine Scheibe des Skylights und fiel klirrend in die Kajüte. Einen Augenblick später schoß eine mächtige Stichflamme durch die entstandene Öffnung. Das Farbenschapp, sagte sich Hornblower - er war jetzt viel ruhiger als vorher, so ruhig, daß er sich später in der Erinnerung selbst darüber wunderte - mußte unmittelbar unter der Kajüte liegen und stand jetzt offenbar in hellen Flammen. Neuville warf einen verzweifelten Blick in die Runde, nach der Kimm und zum Himmel hinauf und faßte sich mit rasender Gebärde an den Kopf. Bei dieser Gelegenheit sah Hornblower zum erstenmal im Leben, wie sich ein Mensch buchstäblich die Haare ausraufte. Aber Neuville behielt dabei doch die Nerven. Auf seinen Befehl erschien eine weitere tragbare
Weitere Kostenlose Bücher