Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
einem energischen Ruck ihren Rücken. Man sah deutlich, daß sie ihre Gefühle mit wahrem Heldenmut zu meistern suchte. Hornblower wurde warm ums Herz, er griff nach ihrer Hand, die sie ihm willig überließ, und schloß sie mit einem liebkosenden Druck. »So, und jetzt möchte ich dich ordentlich essen sehen«, sagte er immer noch in scherzhaft polterndem Ton, der dennoch seine herzlichen Gefühle verriet. Maria griff zu Messer und Gabel, und Hornblower folgte ihrem Beispiel. Er zwang sich, ein paar Bissen zu essen, und fetzte den Rest so auseinander, daß man nicht merkte, wie viel er übriggelassen hatte. Dann nahm er einen Schluck aus seinem Bierkrug - er mochte nun einmal kein Bier zum Frühstück, nicht einmal, wenn es so dünn war wie dieses. Aber die Alte hatte eben wahrscheinlich nicht an die Teebüchse herangekonnt. Jetzt hörte man Geklapper vor den Fenstern. Der Hausknecht öffnete eben die Läden, schattenhaft tauchte kurz sein Gesicht hinter den Scheiben auf, aber draußen war es noch immer stockdunkel. Hornblower warf einen Blick auf seine Uhr, es war zehn Minuten vor fünf. Um fünf Uhr hatte er sein Boot an den Sally Port bestellt. Maria war seinen Bewegungen gefolgt und starrte ihn ganz entgeistert an. Ihre Lippen bebten, in ihren Augen schimmerte es feucht, aber sie behielt sich eisern in der Gewalt.
»Ich hole meinen Mantel«, sagte sie leise und eilte fluchtartig aus dem Zimmer. Bald darauf war sie wieder da, ihr grauer Mantel hüllte sie vom Kopf bis zu den Füßen ein, die Kapuze überschattete ihr Gesicht. Auf dem Arm trug sie Hornblowers Überrock. »Sie verlassen uns, Sir«, piepste die Alte, die soeben das Zimmer betreten hatte.
»Ja«, sagte Hornblower, »Madame wird die Rechnung bezahlen, wenn sie zurückkommt.« Er holte eine halbe Krone aus der Tasche und legte sie auf den Tisch.
»Verbindlichsten Dank, Sir, Eine gute Reise und Prisengelder die Menge!« Ihr Singsang verriet Hornblower, daß sie diesen Abschiedsgruß offenbar schon Hunderten von Seeoffizieren geboten hatte, wenn sie das »George« verließen, um in See zu gehen. Ihre Erinnerungen reichten gewiß bis Hawke und Boscawen zurück. Er knöpfte den Mantel zu und griff nach seinem Sack. »Ich werde zusehen«, bemerkte er fürsorglich, »daß uns der Hausknecht mit einer Laterne begleitet, damit er dich nachher zurückbringen kann.«
»Ach nein, Liebster, bitte nicht. Der Weg ist ja so kurz, und ich kenne jeden Schritt.« Es verhielt sich in der Tat so wie sie sagte, darum bestand er nicht weiter auf seinem Willen.
Sie traten in die schneidend kalte Nachtluft hinaus, es war so finster, daß sie trotz der miserablen Beleuchtung im Frühstückszimmer eine ganze Weile brauchten, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Hornblower gab sich darüber Rechenschaft, daß sich sein Aufbruch bestimmt nicht so sang- und klanglos abgespielt hätte, wenn er ein Admiral oder wenigstens ein hochverdienter Kommandant gewesen wäre.
Dann wären gewiß der Wirt und die Wirtin aus dem Bett gekrochen, um ihm feierlich Lebewohl zu sagen.
Sie bogen um die Ecke und gingen den steilen Weg hinab, der zum Sally Port führte. Erst in diesem Augenblick wurde ihm wieder mit aller Deutlichkeit bewußt, daß es in den Krieg, an den Feind ging. Die Sorge um Maria hatte diesen Gedanken bis jetzt fast ganz zu verdrängen vermocht, nun aber überfiel er ihn aufs neue mit solcher Gewalt, daß er vor Erregung immerzu schlucken mußte. »Liebster«, sagte Maria, »ich habe noch ein kleines Geschenk für dich.«
Sie holte etwas aus ihrer Manteltasche und drückte es ihm in die Hand. »Nur Handschuhe, Schatz, aber ich habe meine ganze Liebe hineingearbeitet. In der kurzen Zeit konnte ich ja nichts Besseres schaffen. Am liebsten hätte ich dir etwas gestickt - etwas sehr Schönes, das deiner wert gewesen wäre. An den Handschuhen hier habe ich gearbeitet... jede freie Minute, seit... seit...«
Ihre Stimme versagte, aber sie riß sich wieder zusammen, und es gelang ihr nochmals, dem drohenden Zusammenbruch zu entgehen. »Jedes Mal wenn ich sie trage, werden meine Gedanken bei dir sein«, sagte Hornblower. Trotz der Behinderung durch den Sack, den er trug, gelang es ihm, hineinzuschlüpfen. Die Handschuhe waren aus dicker, warmer Wolle und hatten getrennte Daumen und Zeigefinger. »Sie passen großartig. Ich danke dir für deine Aufmerksamkeit, mein Liebling.«
Jetzt näherten sie sich schon dem Hard, dieses gräßliche Theater nahm also, Gott sei
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