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Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Titel: Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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durch die Einfahrt hinauszukreuzen. Hornblower versank in Verzweiflung, als er sich, mit dem Glas in der Hand, auf seinem luftigen Standort angeklammert hielt. Was sollte er gegen diese gewaltige Übermacht noch ausrichten? Da blieb doch nicht die geringste Aussicht auf Erfolg - und zu all diesem Elend kam das niederziehende Gefühl, daß er sich hatte täuschen lassen und in die Falle gegangen war. Wenn er daran dachte, daß er sich erst unlängst selbst zu seiner Tüchtigkeit beglückwünscht hatte, dann gellte es ihm wie Hohngelächter eines kritischen Publikums in den Ohren, das jeden Gedanken erstickte und jede Überlegung lahmte.
    Es waren schlimme Minuten für Hornblower dort oben im Vortopp, vielleicht die schlimmsten seines ganzen Lebens.
    Allmählich bekam er sich wenigstens wieder in die Hand, obwohl sich keine Spur von Hoffnung zeigen wollte. Als er sein Glas von neuem auf die näher kommenden Segel richtete, mußte er feststellen, daß das Rohr in seinen Händen zitterte und daß sich das Blickfeld verdunkelte, wenn ihm das Okular des Instruments gegen die Augenwimpern stieß. Er mochte sich eingestehen, daß er ein Narr gewesen war, so bitter schwer ihm ein solches Eingeständnis fallen mußte, er konnte sich jedoch unmöglich eingestehen, daß er ein Feigling war. Aber hatte es denn noch irgendeinen Sinn, sich zur Wehr zu setzen? Machte es denn in einem Wirbelsturm etwas aus, ob eines der umhergewirbelten Sandkörner auf seine Ehre bedacht war oder nicht? Und doch ringt sogar der Verbrecher, der auf dem Schinderkarren nach Tyburn gefahren wird, um seine Selbstbeherrschung, er will seine erbärmliche Angst und Schwäche nicht zeigen, möchte unter den Augen einer herzlosen Menge um der eigenen Selbstachtung willen tapfer sterben, obwohl man sich fragt, was ihm dieser ganze Aufwand nützt, wenn er doch fünf Minuten später tot ist. Einige schreckliche Sekunden lang ließ Hornblower der Gedanke nicht los, wie leicht doch ein anderer Ausweg wäre. Er brauchte nur loszulassen, dann fiel und fiel er, zuletzt krachte er an Deck, und alles war aus. Das Ende, das große Vergessen war doch viel, viel leichter zu ertragen, als in den Mienen der Mitmenschen Mitleid oder Geringschätzung zu entdecken und so zu tun, als merkte man nichts davon. Eine Weile war er - wie Christus vom Satan - versucht, sich in die Tiefe zu stürzen. Dann aber sagte er sich von neuem, daß er diese Art Feigheit nicht kenne, nicht kennen dürfe. Er war jetzt wieder ganz ruhig, der Schweiß, der ihm aus den Poren getreten war, stand kalt auf seiner Stirn. Mit einem Klick schob er sein Glas zusammen, der Ton hob sich scharf von dem Gesäusel des Windes ab, der weich um seine Ohren strich.
    Einstweilen ahnte er noch nicht, was er überhaupt tun konnte; allein, es war in seiner Verfassung schon ein heilsamer Entschluß, niederzuentern, einen Fuß um den anderen auf die Webeleinen zu setzen und gut aufzupassen, daß er trotz der Schwäche, die er in den Beinen fühlte, sicher unten ankam. Und als er wieder an Deck stand, war es wiederum eine heilsame Übung, sich den Anschein unerschütterlicher Ruhe und Gelassenheit zu geben, das Staubkorn zu spielen, dem auch der tollste Wirbelsturm nichts anhaben konnte, während er doch deutlich fühlte, daß seine Wangen unter der Sonnenbräune bleicher waren als sonst. Lang geübte Gewohnheit war dabei eine mächtige Hilfe: Man warf den Kopf in den Nacken und stieß Befehle aus, damit kam der Apparat von selbst wieder in Gang wie eine stehengebliebene Uhr, die nach einem einzigen Anstoß wieder zu ticken beginnt und dann unverdrossen weitertickt.
    »Mr. McCullum! Bitte, lassen Sie alle besprochenen Vorbereitungen einstellen. Wachhabender Offizier! Pfeifen Sie: Alle Mann, und setzen Sie die Barkaß ein. Der Kutter bleibt einstweilen noch zu Wasser.«
    Jones kam auf den Alle-Mann-Pfiff hin ganz fassungslos an Deck gestürzt. »Mr. Jones! Nehmen Sie eine Troß durch die Heckpforte nach vorn, ich möchte eine Spring auf dem Ankerkabel haben.«
    »Eine Spring, Sir? Aye, aye, Sir.«
    In seinem Elend bot es ihm doch eine winzige Genugtuung, festzustellen, wie dem ersten Ausruf des Staunens auf seinen bloßen Blick hin sogleich gehorsame Unterwerfung folgte. Wer immer zur See fuhr, erst recht natürlich, wenn er die Seefahrt auf einem Kriegsschiff betrieb, mußte jeden Augenblick auf die seltsamsten und unwahrscheinlichsten Befehle gefaßt sein. Er durfte sich nicht einmal wundern, wenn an einem friedlichen

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