Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
lügen.
    »Gewiß«, behauptete er. »Vor zwanzig Jahren waren die Fähnrichsmessen kaum anders als heutzutage. Ich verfocht stets die Anschauung, daß eine Ratte, die zeit ihres Lebens freien Zutritt zum Brotkasten hatte, für den Tisch eines Königs würdig sei; von einem Midshipman ganz zu schweigen.«
    »Donnerwetter«, entfuhr es Clay, der Messer und Gabel niederlegte. Keinen Augenblick war ihm bisher der Gedanke gekommen, daß dieser strenge und unbeugsame Kommandant einstmals selbst ein rattenessender Fähnrich gewesen war.
    Die beiden Jungens sahen den Kapitän bewundernd an. Dieser kleine, menschliche Zug gewann ihre Herzen vollends, wie Hornblower es vorausgesehen hatte. Am anderen Ende des Tisches seufzte Galbraith hörbar. Erst vor drei Tagen hatte er selbst Ratten gegessen, doch wußte er, daß es seinem Ansehen nur schaden würde, wenn er es den jungen Menschen gegenüber zugegeben hätte, denn er war ein anderer Offizierstyp als der Kapitän. Hornblower mußte es aber auch Galbraith gemütlich machen.
    »Ich möchte mit Ihnen anstoßen, Mr. Galbraith«, sagte er, das Glas erhebend. »Leider ist dies nicht mein bester Madeira, aber die letzten beiden Flaschen davon bewahre ich noch auf, um sie morgen unserem Gefangenen, dem spanischen Kommandanten, vorzusetzen. Auf unseren bevorstehenden Sieg!«
    Die Gläser wurden geleert, und die Spannung ließ nach.
    Hornblower hatte von »unserem Gefangenen« gesprochen, während wohl die meisten Kapitäne »mein Gefangener« gesagt haben würden. Auch hatte er bei der Anspielung auf den erwarteten Sieg das Wort »unser« angewandt. Der kühlbeherrschte, streng die Disziplin wahrende Seeoffizier hatte für Augenblicke menschliche Züge zu erkennen gegeben und die Untergebenen fühlen lassen, daß sie seine Kameraden waren. Jeder dieser drei jüngeren Offiziere würde daraufhin willig sein Leben für den Kommandanten geopfert haben, und Hornblower, der den Blick über die erhitzten Gesichter schweifen ließ, wußte es. Er empfand darüber Genugtuung und leichtes Mißfallen zu gleicher Zeit, doch er war sich darüber klar, daß er angesichts des unmittelbar bevorstehenden Kampfes nicht nur eine gehorsame, sondern eine begeisterte Besatzung hinter sich haben mußte.
    Ein anderer Midshipman, der junge Knyvett, betrat die Kajüte.
    »Mr. Bush läßt melden, daß man vom Großtopp jetzt auch den Rumpf des Feindes sehen kann, Sir.«
    »Steuert er noch immer die Bucht an?«
    »Jawohl, Sir. Mr. Bush meint, daß er in zwei Stunden bis auf Schußweite heran sein wird.«
    »Danke, Mr. Knyvett«, entließ Hornblower den Midshipman.
    Die Erinnerung daran, daß er binnen kurzer Zeit mit einer Fregatte von fünfzig Kanonen aneinandergeraten würde, ließ sein Herz abermals schneller pochen. Es bedurfte einer ruckartigen Anstrengung, um den gelassenen Gesichtsausdruck beizubehalten.
    »Wir haben also noch reichlich Zeit für unseren Rubber, Gentlemen«, sagte er.
    Der allwöchentliche Whistabend in der Kapitänskajüte war für seine Offiziere - und zumal für die Midshipmen - eine peinliche Angelegenheit. Hornblower selbst spielte sehr gut; seine gute Beobachtungsgabe und seine genaue Kenntnis von den geistigen Fähigkeiten seiner Untergebenen stellten eine wesentliche Hilfe für ihn dar. Einigen der Offiziere aber, die absolut keinen Kartensinn besaßen und hilflos, ohne die gefallenen Karten im Kopf behalten zu können, drauflosspielten, konnten die Whistabende zur Tortur werden.
    Polwheal räumte den Tisch ab, breitete das große grüne Tuch dar über und brachte die Karten. Mit dem Beginn des Spiels wurde es Hornblower leichter, das bevorstehende Gefecht zu vergessen. Whist war seine Leidenschaft, die ungeachtet irgendwelcher Ablenkungen den größten Teil seiner Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen pflegte. Nur während der Spielpausen, während gemischt oder gegeben wurde, fühlte er beschleunigten Pulsschlag. Dann stieg ihm das Blut zu Kopfe.
    Dem Fallen der einzelnen Karten folgte er mit Spannung. Er ließ es durchgehen, daß Savage nach Schuljungenart die Asse auf den Tisch knallte und daß Galbraith einen Fehler nach dem anderen beging. Der erste Rubber endete schnell. In den Augen der anderen drei drückte sich beinahe Bestürzung aus, als Hornblower einen zweiten vorschlug. Seine Züge blieben undurchsichtig.
    »Sie dürfen wirklich nicht vergessen, Clay«, sagte er, »den König von einer Sequenz König, Dame, Bube anzuspielen. Die ganze Kunst des Anspielens beruht

Weitere Kostenlose Bücher