Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
sagte Reverend Johnstone und brachte damit denselben Einwand vor wie die Flints.
„Er ist mindestens fünfzehn“, widersprach Dolan. „Und als er hergekommen ist, wusste er genau, was er tat.“
„Wir können ihm ein Heim geben und ihn zu einem von uns machen“, fuhr Miss Keyland fort. „Wir würden ihn natürlich im Auge behalten müssen. Er dürfte das Dorf nicht verlassen. Unter normalen Umständen wäre das in Anbetracht seines Alters mein Vorschlag. Aber dies sind keine normalen Umstände, nicht wahr, Sir Ian?“
„Leider nicht.“
Sir Ian hatte plötzlich einen großen weißen Umschlag in der Hand. Sein Anblick reichte aus, um die Mitglieder des Rats schaudern zu lassen, und ich fragte mich, was um alles in der Welt wohl darin stecken konnte und wieso es gerade jetzt so wichtig war.
Alle anderen wussten bereits, was darin war, noch bevor er den Umschlag öffnete und das Blatt Papier herausholte. Er drehte es um, damit Jamie es sehen konnte -und so sah ich es ebenfalls.
Es waren fünf Fotos auf einem einzelnen Blatt und sie zeigten die Gesichter von vier Jungen und einem Mädchen. Und darunter stand:
Belohnung. 100 000 £ für Informationen,
die zur Verhaftung von einem dieser Kinder führen.
Alle Hinweise werden streng vertraulich behandelt.
Kontakt rund um die Uhr: Polizeiruf 999.
Auf einem der Bilder war Jamies Gesicht. Nein. Ich schaute genauer hin. Sein Gesicht war sogar auf zwei der Fotos. Bestimmt war das ein Fehler der Druckerei, denn die Bilder waren identisch und genau nebeneinander. Doch dann fiel es mir wieder ein. Bevor er sich seine unechte Amnesie zugezogen hatte, hatte Jamie einen Bruder erwähnt. Es musste ein Zwillingsbruder sein. Aber wer waren die anderen? Und wie – und wann – waren die Fotos ins Dorf gekommen? Es kam schon keine Post mehr, solange ich mich erinnern konnte. Ganz abgesehen davon, dass kein Mensch mehr Geld benutzte. Hunderttausend Pfund waren vollkommen wertlos. Es hätte auch eine Million Pfund sein können, das machte keinen Unterschied. Plötzlich wünschte ich, ich würde in meinem Bett liegen. Ich verstand nichts von dem, was hier vorging.
„Das ist nicht der Junge auf dem Foto“, sagte Mrs Flint.
„Ist er doch“, widersprach Dolan hitzig.
„Das kann nicht sein. Das Foto wurde vor zehn Jahren gemacht und seht ihn doch an! Er ist kein bisschen erwachsen geworden!“
„Und trotzdem ist er es. Er sieht genauso aus.“
„Wenn die Polizei nach ihm sucht, sollten wir sie informieren“, sagte Reade; allerdings hatte ich keine Ahnung, wie er das machen wollte. Wie stellte er sich das vor? Wollte er eine Brieftaube schicken? „Dann können die herausfinden, wieso er immer noch genauso aussieht.“
„Was sollen wir mit der Belohnung anfangen?“, fragte Mr Flint.
„Vielleicht gibt es jetzt etwas anderes“, sagte Reade. „Es könnten Nahrungsmittel sein. Maschinen. Saatgut. Es könnte alles Mögliche sein, was wir brauchen …“
„Die Belohnung ist nicht entscheidend“, unterbrach Sir Ian die beiden. „Wenn die Polizei nach dem Jungen sucht, ist es unsere Pflicht, sie zu informieren. Ich schlage vor, dass wir so vorgehen. Wir rufen die Polizei und behalten den Jungen in Gewahrsam, bis sie kommt. Wollen wir darüber abstimmen?“
Reade und Dolan hoben sofort die Hand. „Einverstanden“, sagte Dolan.
Mr Flint schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht recht …“, begann er. „Wollen wir es wirklich mit der Polizei zu tun bekommen – oder mit irgendjemand von außerhalb?“ Er sah seine Frau an, die zustimmend nickte. Das machte drei dafür und zwei dagegen.
„Ich denke auch, dass wir die Angelegenheit ausführlicher diskutieren sollten“, murmelte der Vikar. Das war typisch für ihn. Er machte nie etwas auf die Schnelle. Er war einer von diesen Predigern, die selbst bei einer Taufe eine Viertelstunde herumdrucksten, bis sie endlich mit dem Namen des Kindes herausrückten. „Ja“, stimmte er sich selbst zu. „Wir müssen auf jeden Fall noch darüber nachdenken.“
Drei zu drei. Miss Keylands Stimme gab den Ausschlag. Ich sah, wie sie zögerte. Sehr glücklich wirkte sie nicht. Aber wie es sich ergab, bekam sie keine Gelegenheit, etwas zu sagen.
„Wenn ihr wirklich die Polizei rufen wollt, solltet ihr eure Köpfe untersuchen lassen …“
Die Stimme kam vom Eingangsbereich der Kirche. Ich drehte mich um, weil ich wissen wollte, wer es war, und stellte gleichzeitig fest, dass sämtliche Mitglieder des Rats vor Wut
Weitere Kostenlose Bücher