Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir
kommt.«
»Stimmt«, sage ich und spüle den letzten Bissen mit Wasser hinunter, was den Blutgeschmack nur verstärkt.
»In was für ’ne kranke Scheiße bin ich da bloß reingeraten?«, frage ich nach einer Weile, in der ich stumm die Illusion der Nähe meines toten Freundes genossen habe.
Ist besser, als alleine zu sein und verrückt zu werden.
Ähem.
»Yeah. Ziemlich kranker Scheiß«, antwortet Dead Crow.
Ich blinzle, er ist fort, und Sierra öffnet die Tür.
Wie ein Modell auf einem Laufsteg in New York spaziert sie in meine Zelle.
»Du willst wissen, wieso du hier bist?«
Meine Suite wird also videoüberwacht.
»Weil du auserwählt wurdest. Darum.«
»Aha. Du bist also wirklich die Ober-Priesterin vom Kult der Beknackten, ja?«
»Du sprichst wie ein echter Ungläubiger.«
»Ungläubiger? Scheiße, hörst du dir auch mal selbst zu?«
»Mich interessiert viel mehr, was du zu sagen hast.«
»Ach was? Hast du was Spezielles im Sinn?«
Sierra geht vor mir in die Hocke, streift sich ihre widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht und sieht mich forschend an.
»Ich habe den anderen versprochen, dass du uns gibst, was wir wollen. Auch wenn ein paar von ihnen meinen, dass ein Streuner das Geschenk gar nicht geben kann. Wir hatten schon ein paar von deiner Sorte hier. Was? Dachtest du, du bist allein? Das letzte Einhorn? Ach, Süßer.«
Sie lacht mich aus.
»Hast du dich nie gefragt, wie viele von deiner Sorte es da draußen eigentlich gibt?«
Ehrlich gesagt, hab ich das wirklich nie.
War schwer genug, mein eigenes Leben mehr schlecht als recht in den Griff zu kriegen.
Hatte nicht das Gefühl, dass zu viele Fragen es leichter machen würden.
Oder Antworten.
Oder noch mehr von meiner Sorte.
Ein Wolf in meinem Leben hat mir immer gereicht.
Hab meinen Vater und alles andere aus der Ecke gekonnt ausgeklammert und mich um meinen Kram gekümmert.
Das war einmal, wie’s aussieht.
»Was zum Teufel wollt ihr Spinner von mir?«
Sierra schüttelt sanft den Kopf, als wäre ich der größte Hohlkopf, den sie je gesehen hat.
»Deinen Samen, Jackson. Wir wollen deinen Samen.«
»Das hast du jetzt nicht wirklich gesagt …«
»Ich will das Geschenk empfangen. Ich will einem Wolf das Leben schenken.«
Ach, du Scheiße.
»Das hier ist nicht Twilight. Das hier ist das echte Leben. Außerdem war das was Einmaliges zwischen uns. Tut mir leid.«
Sierra verpasst mir eine harte Ohrfeige.
Der Wolf in mir erinnert sich an die Peitschenhiebe.
Wir knurren beide.
Als ich den Kopf zurück in ihre Richtung drehe, lächelt Sierra schon wieder.
Echt unheimlich.
»Gib uns, was wir wollen. Gib mir, was ich will. Dann kannst du gehen.«
»Du bist echt total hinüber.«
Diesmal schlägt sie nicht wieder zu.
Lächelt lediglich noch etwas breiter.
Noch unheimlicher.
»Na schön. Wenn du nicht freiwillig mitmachst, müssen wir eben weiter nach der richtigen Mischung suchen.«
Das Wort gefällt mir nicht.
»Mischung?«
»Deine kleinen Tollwutspritzen. Im Moment blocken wir deine Verwandlung auf Kosten anderer Fähigkeiten, für die wir eigentlich Verwendung hätten. Aber keine Angst, wir werden schon noch unseren Spaß haben, du und ich. Wir finden die richtige Mischung, und dann …«
Ich starre Sierra an.
Frage mich, was sie in ihr Parfüm gemischt haben, damit ich bei ihrem Lächeln neulich einen Ständer statt einer Gänsehaut bekam und nur noch dran denken konnte, sie flachzulegen.
Sierra redet unterdessen einfach weiter, als würde sie mir etwas von einem Ausflug erzählen, den wir bald machen.
Einem netten kleinen Picknick, vielleicht.
»Du hast noch nicht gemerkt, dass dein Zimmer neu möbliert wurde, mh? Jackson, Jackson. Ohne den Wolf bist du wirklich hilflos.«
Ich merke nicht, wie sie geht, und auch als das Licht schon ein paar Minuten aus ist, blicke ich noch zu dem Metalltisch, der da im hinteren Teil meiner Zelle steht.
Hab ihn vorher echt nicht bemerkt.
Sieht aus, als stammt er aus einem Operationssaal oder aus der Gerichtsmedizin.
Oder aus Viktor Frankensteins Labor.
Der gute alte Doc hatte auch Fesseln für Hand- und Fußgelenke auf seinem Tisch, glaub ich.
*
Hab den Überblick verloren.
Kein Zählsystem, mit dem ich es versuche, hilft mir, zumindest grob die Tage im Blick zu behalten.
Da sie selbst das Essen zu unterschiedlichen Zeiten bringen und auch meinen Freund den Eimer unregelmäßig holen und leeren, ist das gleichfalls keine Orientierungshilfe.
Die meiste Zeit schlafe
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