Horror Factory 10 - Rachegeist
haben.
Sie könnte natürlich auch Marc an Ort und Stelle abservieren, jetzt, da er auch noch mein Vermächtnis mit Füßen tritt.
Irgendwo ist immer Schluss.
Am Ende enttäuscht sie mich aber ein weiteres Mal.
»Hoffentlich kriegen wir den Gestank wieder raus«, sagt sie nämlich bloß und verlässt als Erste das Zimmer.
*
Ich bin der unsichtbare Statist im Fall meines eigenen Ablebens.
Mein Selbstmord ist erwartungsgemäß schnell als solcher bestätigt und wird wohl noch vor dem Schichtwechsel im Houstoner Police Department entsprechend routinemäßig zu den Akten gelegt werden.
Ein paar Reporter wird er vermutlich interessieren.
Und natürlich die Versicherung.
»Da hat definitiv niemand nachgeholfen«, sagt der Forensiker noch einmal zu seiner Kollegin, wobei er den Bauch einzieht.
Kann ich gut verstehen.
Detective Alvarez sieht aus wie ein Modell, das eher durch Zufall einen Job bei der Polizei ergattert hat.
Wie die Hauptdarstellerin einer Primetime-Krimi-Serie.
Sie blickt sich in meinem Arbeitszimmer um.
Meinem ehemaligen Arbeitszimmer.
»Hast du mal einen seiner Romane gelesen?«, fragt sie.
»Ich mach mir nicht viel aus Büchern«, erwidert der Mediziner und packt seinen Kram zusammen.
»Wirklich?«, fragt Alvarez erstaunt.
Ein Grinsen huscht über ihr hübsches Gesicht.
»Nicht mal aus denen mit Bildern?«
»Du mich auch, Alvarez.«
»Nur in deinen Träumen, Cobley.«
Der beleibte Forensiker packt seine Sachen mit noch etwas mehr Eile zusammen und brummt dabei etwas vor sich hin.
»Ich mochte seine Bücher«, sagt Detective Alvarez wie zu sich selbst. »Er hat starke Frauenfiguren geschrieben.«
»Danke«, sage ich ungehört von meinem Schreibtischsessel aus, wo ich seit einer Weile so tue, als würde ich auf dem weichen Polster sitzen, während ich mich frage, ob sich auch ein Häufchen Ektoplasma wie ein Häufchen Elend fühlen kann.
Die Polizisten verlassen den Raum.
Alvarez redet draußen noch einmal mit Elizabeth, die zwischendurch dann doch ein paar Krokodilstränen vergossen hat, soweit ich das von hier aus beurteilen konnte.
Marc ist ihr die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen.
Der herbeigeeilte Freund der Familie, der für sein schockiertes Gesicht einen Oscar verdient hätte.
Mieser Scheißer.
Hier übernehmen währenddessen zwei Männer der Bestattungsfirma.
Sie gehen eher unsanft mit meiner verblichenen Hülle um – ohne die schwarzen Anzüge könnten sie auch zwei Fleischer oder Lagerarbeiter sein.
Dabei sind es nicht mal besonders gute Anzüge.
»Siehst du, Joe«, sagt einer der beiden ächzend zu seinem jüngeren Kollegen, der etwas blass um die Nase ist und diesen Job erst seit Kurzem zu machen scheint. »Auch die Reichen stinken. Wie alle andern. Mach mal das Fenster da auf.«
»Kriegen wir da keinen Ärger mit den Bullen?«
»Wer ist der Boss, Joe?«
»Du, Mike.«
»Und weiter?«
»Wie, und weiter?«
»Mach das scheiß Fenster auf, Joe, sonst kotz ich unserem Shakespeare hier auf die Hosen! Und Kotze und Scheiße waren noch nie eine gute Mischung, das kannst du mir glauben.«
Frustriert schwebe ich rüber zum Blechsarg und blicke auf mein fahles, schon etwas wächsernes Gesicht.
Kann nicht behaupten, dass ich viel spüre.
Kein Bedauern.
Keine Reue.
Nur Melancholie.
Wenn überhaupt.
Der Deckel wird geschlossen.
Was für ein Sinnbild!
Sie tragen den Sarg mit meiner Leiche aus dem Zimmer, wobei sich der jüngere Bestatter den Ellenbogen an der Tür anschlägt und beinahe den Sarg fallen lässt. Von seinem älteren Kollegen muss er sich dafür einiges anhören.
Ich sehe ihnen nach und erhasche im Flur einen Blick auf Elizabeth, die sich an Marc lehnt, derweil Detective Alvarez ihr noch ein paar letzte Fragen zu meiner Krankheit stellt.
»Wäre leichter, wenn ihr sie den Brief lesen lassen würdet«, grolle ich von der Tür aus, die offen oder geschlossen nach wie vor ein unüberwindbares Hindernis für mich darstellt. »Verlogenes Scheißpack.«
»Da hat aber jemand schlechte Laune«, ertönt plötzlich eine mir unbekannte Stimme aus Richtung des Fensters.
Ich fahre herum.
Auf der Fensterbank hat es sich eine Katze bequem gemacht.
Ich erkenne sie.
Gehört der schrulligen Nachbarin schräg gegenüber.
Hab das Vieh immer verdächtigt, in Elizabeth’ Blumenbeete zu kacken.
Mein Starren beunruhigt die Katze keineswegs.
»Ja, ich hab das gesagt«, stellt sie klar.
»Das habe ich bereits befürchtet«, erwidere ich.
Das scheint die
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