Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Horror Factory - Pakt mit dem Tod

Horror Factory - Pakt mit dem Tod

Titel: Horror Factory - Pakt mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
eine der wenigen guten Ideen handelte, die die beiden jemals gehabt hatten. Niemand, der zufällig hierherkam, sollte schließlich sofort sehen, dass dieser Ort verstohlene Bewohner hatte.
    Umso mehr ärgerte ihn die für aller Augen sichtbare Feuerstelle direkt hinter dem Eingang.
    Beinahe noch mehr ärgerte sich Herman darüber, dass die beiden seine Ankunft nicht einmal zu bemerken schienen, als er die knarrende Leiter zum Heuboden hinaufstieg. Erst als er nach der obersten Sprosse griff und sich mit Kopf und Schultern über den Rand zog, drehte Matthew den Kopf und sah leicht erstaunt in seine Richtung. In seinem Mundwinkel qualmte eine selbst gedrehte Zigarette, von der beständig kleine Funken in seinen Schoß und auf das Durcheinander aus trockenem Laub und Unrat hinabregneten, das den Heuboden bedeckte, als wäre er wild entschlossen, das Gebäude nunmehr mit aller Macht in Brand zu setzen. Auch Frank hatte sich eine Zigarette gedreht und benutzte gerade seinen gesunden Arm, um ein Sturmfeuerzeug aufschnappen zu lassen. Herman hatte kurz die alberne Idee, ob die beiden vielleicht seine Gedanken gelesen hatten und das nur taten, um ihn zu ärgern. Was natürlich Unsinn war.
    »Du kommst ja doch noch«, wunderte sich Matthew. »Wir haben schon gar nicht mehr damit gerechnet.«
    »Wo warst du denn?«, fragte Frank, während er einen ersten, tiefen Zug aus seiner Zigarette nahm und genießerisch die Augen schloss.
    Herman sah aber auch, dass er sich anstrengen musste, um nicht zu husten. Genau wie Matthew war Frank zwar einen guten Kopf größer und deutlich breitschultriger als er, aber er hatte sich nie von jenem Tag in Estans Ordinationszimmer erholt. Den verkrüppelten Arm trug er ständig fest an den Leib geschnallt, damit er nicht herumschlenkerte und ihn behinderte, und obwohl es Estan damals gelungen war, ihn zu retten, sodass er nicht amputiert werden musste, war Herman bis heute nicht sicher, ob er dem Jungen damit tatsächlich einen Gefallen getan hatte. Herman hatte Frank nicht einfach nur den Arm zertrümmert. Vielmehr hatten seine Schläge damals auch seinen Willen zerbrochen, und genau wie der Knochen in seinem Arm war er nur falsch und beinahe nutzlos wieder zusammengewachsen. Äußerlich war Frank derselbe vorlaute und hinterhältige und sicher auch gefährliche Junge wie damals, doch sein Wille war genauso verkrüppelt wie sein Leib. Seit jenem Tag war er nicht nur ständig krank; nicht nur Herman wusste, dass er nicht mehr allzu lange leben würde. Vielleicht wusste Herman nur besser, wie kurz.
    »Ich habe mit dem Indianer gesprochen«, sagte er.
    »Dem Kerl von der anderen Straßenseite?«, erkundigte sich Matthew. »Das ist ein Indianer?«
    »Und was ist das da?«, fügte Matthew mit einem Stirnrunzeln und einer deutenden Geste mit seinem Zigarettenstummel hinzu. Er hatte das Holzbein entdeckt, das Herman sich unter die linke Achselhöhle geklemmt hatte, um die Leiter hinaufzusteigen.
    »Sein Bein«, antwortete Herman wahrheitsgemäß, zog sich mit einer letzten Anstrengung ganz auf den Heuboden hinauf und amüsierte sich im Stillen über Franks fassungslos aufgerissene Augen.
    »Sein … Bein?«, ächzte der Junge.
    Herman nickte. »Der Kerl ist aufdringlich geworden«, behauptete er so ernsthaft, wie er nur konnte. »Wollte mich anfassen und so.«
    »Er wollte dich anfassen?«, ächzte Frank. »Ich meine so richtig, so wie –?«
    »Ja, genau so«, bestätigte Herman. »Ich hab ihn gewarnt, zweimal sogar. Aber er hat nicht aufgehört, und da hab ich ihm das Bein ausgerissen. Ihr wisst ja, wie diese Roten sind. Sie halten nicht viel aus.«
    Matthew starrte ihn nur auf veränderte Weise an, aber deutlich finsterer, doch Frank wirkte nun vollends fassungslos. »Du hast ihm wirklich das Bein abgerissen?«, hauchte er. »Einfach so?«
    »Das ist ein Holzbein, du Holzkopf«, sagte Matthew. Seine Augen funkelten amüsiert, aber da war auch schon wieder eine Spur von Misstrauen in seinem Blick. »Hast du ihm das Ding geklaut?«
    »Nein«, antwortete Herman. Er ließ sich mit untergeschlagenen Beinen zwischen den beiden Jungen nieder und legte das Holzbein quer über seine Knie. »Er hat mir einen Quarter gegeben, damit ich es zu Benson bringe und er es repariert. Ihr kennt den Kerl übrigens. Und ich auch.«
    »Woher?« Frank wollte die Hand nach dem Holzbein ausstrecken, doch Herman schüttelte hastig den Kopf und schob seinen Arm weg. »Ihr kennt ihn auch. Aber es ist schon eine Weile her.

Weitere Kostenlose Bücher