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Horror Factory - Pakt mit dem Tod

Horror Factory - Pakt mit dem Tod

Titel: Horror Factory - Pakt mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geh in die Kirche«, fuhr der Indianer in verändertem Ton fort. Er lachte leise. »Und auf dem Rückweg holst du mein neues Bein vom Zimmermann ab. Er hat mir versprochen, dass es heute fertig ist.«
    »Was ist denn mit dem alten Bein?«, fragte Herman, machte sich aber gleichzeitig auch schon gehorsam auf den Weg zur Tür.
    Statt direkt zu antworten, verlagerte Tohorse sein Gewicht ganz auf das linke künstliche Bein und wippte ein paarmal. Ein sonderbares Geräusch war zu hören, ganz leise nur, aber wie von einem uralten trockenen Baum, der im Wind knarrt. »Es ist eben alt«, sagte er. »Es wird sicher noch eine Weile halten, aber ich möchte nicht irgendwann dastehen und keinen Ersatz haben, wenn es plötzlich zerbricht. Und jetzt beeil dich.«
    Den letzten Satz hatte er in einem Ton gesprochen, der Herman begreifen ließ, dass er nicht weiter über dieses Thema reden wollte, und auch er selbst hatte es nun eilig. Bis der Gottesdienst begann, war noch viel Zeit, sicher eine halbe Stunde, wenn nicht mehr, aber er musste auch noch eine Menge Vorbereitungen treffen.
    Also verließ er das Haus ohne ein Wort des Abschieds und machte sich auf den Weg zu Benson, der tatsächlich Schmied war und auch als solcher arbeitete, darüber hinaus aber auch sämtliche handwerklichen Arbeiten übernahm, die in Milton anfielen und von den jeweiligen Kunden nicht selbst erledigt werden konnten oder wollten – Letzteres war praktisch niemals der Fall, denn wer gab schon Geld für eine Arbeit aus, die er selbst umsonst erledigen konnte?
    Benson war tatsächlich noch in seiner Schmiede, trug aber schon seinen Sonntagsanzug und kramte nur noch ein wenig in seinen Werkzeugen herum. Vermutlich, um die Zeit bis zum Gottesdienst nicht im Haus zubringen zu müssen. Es hieß, er hätte eine zänkische Frau. Als Herman hereinkam, sah er ihn einen Moment lang missmutig an, dann hellte sich sein Gesicht auf, und er wirkte beinahe erleichtert. Herman fragte sich, ob er jemand anderen erwartet hatte.
    »Was für ein seltener Besuch«, sagte er. »Du bist der Riley-Junge, stimmt's?«
    Das verletzte Herman ein bisschen. Da er nur an den Sonntagen Zeit hatte hierherzukommen, war es eigentlich nicht verwunderlich, dass man ihn nicht wirklich gut kannte. Aber immerhin wussten sie, wer sein Vater war. Wieso also machte sich niemand auch nur die Mühe, sich seinen Namen zu merken? Er hatte jedoch Übung genug darin, sich seine wahren Gefühle nicht ansehen zu lassen, und nickte nur, und Benson fuhr nach einem langen, beredten Blick auf seine nicht mehr ganz sauberen Kleider fort: »Wieso bist du noch nicht in der Kirche? Stimmt etwas nicht mit deinem Vater?«
    »Ich bin auf dem Weg«, antwortete Hermann. »Mister Tohorse hat mich gebeten, etwas für ihn abzuholen.«
    »Gebeten, so so«, schmunzelte Benson. »Tohorse?«
    »Der Fotograf, der bei Miss Manderley wohnt.«
    »Der Indianer.« Nun nickte Benson schon etwas heftiger. »Du sollst sein Holzbein abholen, nehme ich an.«
    Ohne eine Antwort abgewartet zu haben, schlurfte er zu einem Regal am anderen Ende der Schmiede und kam mit einem in braunes Packpapier eingeschlagenen, langen Bündel zurück. »Es ist ziemlich schwer. Kannst du es tragen?«
    Herman streckte ein wenig beleidigt beide Arme aus und gab sich alle Mühe, sich nicht anmerken zu lassen, dass ihm das Gewicht tatsächlich zu schaffen machte. Sowohl Tohorse als auch der Schmied hatten von einem Holzbein gesprochen, einem etwas dickeren Knüppel also nach Hermans Erwartung, doch es wog so schwer, als wäre es aus massivem Gusseisen. Vielleicht war Tohorse doch nicht gut beraten gewesen, zu einem Schmied zu gehen, um sich ein neues Bein machen zu lassen.
    »Dann richte ihm aus, dass es mir Spaß gemacht hat«, sagte Benson. »Und ich würde mich freuen zu erfahren, ob er zufrieden ist oder nicht. Wenn er möchte, arbeite ich ihm das alte Bein noch ein wenig auf. So eine Aufgabe bekomme ich ja hier nur selten. Er kann es mir ja nach dem Gottesdienst sagen … aber da wird er vermutlich nicht auftauchen, oder?«
    Etwas wie ein sachter Vorwurf schwamm in diesen Worten mit, so als wäre es Hermans Schuld, das Tohorse ein Indianer war und noch an seine alten Götter glaubte, und Bensons Blick wurde zugleich auch fragend.
    Herman hob jedoch nur die Schultern, bedankte sich noch einmal mit einem artigen Nicken und beeilte sich dann, zur Pension zurückzukehren. Auf den letzten Schritten begann er das Gewicht des Holzbeins immer deutlicher zu

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