Hot History Collection - History Romance im Doppelpack (German Edition)
der Earl of Lancaster an einem trüben Februarmorgen plötzlich vor seiner Tür stand und energisch verlangte, ihn zu sprechen. Einen Moment lang war John versucht, sich verleugnen zu lassen, doch irgendetwas ließ ihn vermuten, dass sich Sir Thomas nicht so schnell würde abschütteln lassen. Also ließ er ihn in den Salon bitten und erwartete ihn dort.
Die Mine des Aristokraten war ernst, entschlossen und eine Spur von Unruhe ließ sich aus seinem Gesicht ablesen. John ahnte, dass das nun folgende Gespräch keinesfalls angenehm verlaufen würde, und schenkte sich und seinem Gast einen Brandy ein. Dann bat er den Earl, auf einem der weichen Sessel Platz zu nehmen. Doch der zog es vor, nervös in dem geräumigen Zimmer auf und ab zu laufen. Besonders nervenstark schien Sir Thomas nicht gerade zu sein, ganz im Gegensatz zu seiner resoluten Frau.
Schließlich ließ sich Lancaster doch auf dem Sessel nieder, der Johns gegenüber stand, und ergriff das Wort.
„Mir ist klar, warum Sie sich von uns fern gehalten gaben, Mr. Miller und glauben Sie mir, ich hätte es an Ihrer Stelle wahrscheinlich ebenso gehalten. Trotzdem bitte ich Sie inständig, mir zu helfen."
Er räusperte sich. Die Rolle des Bittstellers missfiel ihm und er war nicht daran gewöhnt, andere Menschen um Hilfe anzuflehen. Doch Stolz konnte er sich in seiner Situation nicht leisten.
„Es geht um Simon. Er ist krank und ich vermute, dass er im Zuchthaus Misshandlungen ausgesetzt ist. Ich sehe keine andere Möglichkeit, seine Gesundheit, ja vielleicht sogar sein Leben zu retten, wenn ich dafür sorge, dass er Gelegenheit zur Flucht erhält."
John wollte zu einer Antwort ansetzen, doch der Earl unterbrach ihn.
„Ich weiß, ich verlange viel von Ihnen, denn natürlich ist mein Plan riskant. Aber ich werde dafür sorgen, dass Sie in jedem Fall finanziell abgesichert sind, wenn Sie bereit sind, Simon zu besuchen und ihm meinen Fluchtplan mitzuteilen."
John war nicht sonderlich überrascht von Sir Thomas' Anliegen. Er war ohne Zweifel so vernarrt in den jungen Westville, dass er jede Vorsicht vergaß.
„Was werden Sie tun, wenn die Flucht gelingt? Sie werden sich nie wieder in London blicken lassen können."
Der Earl nickte.
„Dessen bin ich mir bewusst. Ich werde mit Simon nach Frankreich gehen und mich dort niederlassen."
„Sie vergessen ein klitzekleines Detail, Mylord. Sie sind verheiratet und haben eine kleine Tochter."
John konnte nicht glauben, dass Sir Thomas Sarah einfach ihrem Schicksal überlassen würde.
„Für Sarah wird gesorgt sein. Ich überlasse ihr und Beth das Haus und werde sie mit allen nötigen Mitteln ausstatten, die sie braucht, um ein angenehmes, sorgenfreies Leben zu führen."
„Daran zweifle ich nicht, Sir, aber Geld allein ist kein Garant für ein glückliches Leben."
„Glauben Sie mir, Mr. Miller, niemand weiß das besser als ich. Daher möchte ich, dass Sie so schnell wie möglich meine Scheidung von Sarah in die Wege leiten. Dann ist sie frei und kann neu heiraten- diesmal vielleicht aus Liebe."
Bei diesen Worten blickte der Earl John durchdringend an und er fühlte sich ertappt.
„Ich weiß nicht, was zwischen Ihnen und Sarah war, John, aber nur weil ich Männer bevorzuge, bedeutet das nicht, dass ich von Gefühlen keine Ahnung hätte. Mir ist nicht entgangen, wie Sie meine Frau angesehen haben, wenn Sie sich unbeobachtet fühlten und ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn Sarah diese Gefühle nicht erwidern würde."
John sprang auf.
„Was erlauben Sie sich?"
Sir Thomas hob beschwichtigend die Hand.
„Als Gentleman müssen Sie über meine Worte selbstverständlich empört sein. Aber ich bitte Sie: Denken Sie über meine Bitte nach- um Sarahs willen."
Dann erhob er sich, leerte sein Glas und verließ ohne ein weiteres Wort den Salon. John saß wie versteinert in seinem Sessel und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Was sollte er nun tun?
„Die Flucht"
Gefängnis Greenwood bei London, März 1896
Simon erwachte. Wie immer hatte er schlecht geschlafen auf seiner harten, durchgelegenen Matratze, die zahlreiche Flecken aufwies, über deren Ursprung Simon lieber nicht nachdenken wollte.
Vorsichtig streckte er seine Glieder und wurde augenblicklich von einem heftigen Hustenanfall erfasst- den Folgen seiner Lungenentzündung. Nach drei Tagen Bettruhe, an die er sich nicht erinnern konnte, weil er die ganze Zeit hin hohem Fieber geplagt wurde, hatte der Gefängnisarzt ihn für
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