Hotel der Lust
»Zimmerservice!«
Ivy Marschall seufzte und drückte sich das Kopfkissen auf die Ohren. Sie wollte ihre Ruhe haben, endlich schlafen. Nachdem sie den halben Tag am Frankfurter Flughafen verbracht hatte, weil sich ihr Flug nach Nizza immer wieder verzögerte, war sie völlig fertig.
»Zimmerservice!«, drang die penetrante Stimme durch ihr Kopfkissen. Sie hätte den Kerl vor der Tür am liebsten erwürgt.
Ivy rollte sich zur Seite und warf einen Blick auf ihren Funkwecker. 22.30 Uhr. »Wissen Sie, wie spät es ist?«, brüllte sie gegen die geschlossene Tür, an der es nun ohne Unterlass klopfte.
»Zimmerservice, Mademoiselle!«
»Ich habe nichts bestellt.« Doch das schien ihn nicht zu interessieren. Verärgert kroch sie aus dem Bett und schlüpfte in ihre Pantoffeln. Luxushotel hatten Lena und Jessica das Amour Fou genannt. Die Preise waren gepfeffert. Aber vom Luxus hatte sie bisher nicht viel gesehen. Zumindest gab es nichts, was es nicht auch in einem viel günstigeren Hotel gegeben hätte. Und was das Personal anging, darüber wollte sie lieber gar nicht erst nachdenken. Das einzig Besondere am Amour Fou war die Lage. Das alte Schloss befand sich auf einem Hügel oberhalb von Nizza. Aus dem Fenster hatte man einen wunderbaren Blick auf die Dächer der Stadt. Ein durchaus sehenswerter Ausblick, der ihr trotz der späten Stunde ein Wohlfühlgefühl bescherte.
Doch jetzt sank Ivys Laune auf den Tiefpunkt, weil der Kellner nicht aufhören wollte, gegen ihre Tür zu hämmern.
»Ich komme ja schon!«, rief sie, stolperte beinahe über eine Delle im Boden, die vom Bettvorleger nur unzureichend verdeckt wurde, zur Tür und riss diese auf. »Ich habe nichts bestellt â¦Â«, fuhr sie den Kellner an, doch der Rest des Satzes blieb ihr im Halse stecken. »O mein Gott«, entfuhr es ihr stattdessen, als sie den halbnackten, sanft gebräunten Kerl vor sich sah, der nicht mehr als äuÃerst knappe Shorts und eine Fliege um den Hals trug.
»Zimmerservice«, sagte er mit einem strahlenden Lächeln und rollte einen kleinen Wagen mit einem Eiskübel und einer Sektflasche darin ins Zimmer. Ivy starrte ihm entgeistert hinterher. Das musste ein Irrtum sein! Sie hatte nichts bestellt. Und schon gar nicht das!
»Wollen Sie die Tür nicht zumachen?«, fragte er mit einem immer breiter werdenden Lächeln, doch weil Ivy nur dastand und nicht reagierte, schloss er die Tür selbst.
»Ich bin Juan«, erklärte er und öffnete die Sektflasche, goss ihr und sich ein Glas ein.
»Ich ⦠das ⦠hier ⦠Sie sind im falschen Zimmer«, stellte Ivy klar, denn anders konnte es gar nicht sein.
»Bin ich das?« Er lachte, und plötzlich bemerkte sie das Glas in ihrer Hand.
»Offensichtlich«, erwiderte sie und starrte das Glas an, hatte sie es ihm wirklich aus der Hand genommen? Dann zog er wieder ihren Blick auf sich.
Verdammt, der Kerl sah wirklich zum AnbeiÃen aus. Solche Männer sah sie sonst nur im Fernsehen. Oder in Modemagazinen. Breite, athletische Schultern, starke Brustmuskeln, ein verführerisches Sixpack, schmale Hüften und Oberschenkel, die nur aus Muskeln zu bestehen schienen. Zu gern hätte sie auch seinen Hintern gesehen, sie war sicher, er hatte einen Knackarsch.
Ivy schüttelte den Kopf. Auf was für Gedanken sie plötzlich kam.
Juan zog eine kleine Karte unter dem Eiskübel hervor. »Sie sind also nicht Ivonne Marschall?«
»Doch. Aber â¦Â« Nun war sie wirklich baff. Offenbar handelte es sich tatsächlich nicht um eine Verwechslung. Aber wer, verdammt noch mal, hatte ihr diesen Kerl aufs Zimmer geschickt?
»Dann bin ich goldrichtig.« Er trat auf sie zu, und Ivy wich instinktiv ein paar Schritte zurück.
»Entspannen Sie sich, genieÃen Sie die Show, Ivonne.«
»Welche Show?«
Er fasste sie bei den Schultern und steuerte sie rücklings zu ihrem Bett.
»Machen Sie es sich gemütlich.«
Die Delle im Boden und der Bettvorleger taten ihr Ãbriges, und schon saà sie auf dem Bett. Juan schob den Wagen zur Seite, griff nach der Fernbedienung der kleinen Musikanlage auf Ivys Nachttisch und fing plötzlich an, im Rhythmus von Copacabana zu tanzen.
Ivy klappte die Kinnlade herunter. Sie war im falschen Film. Ganz sicher war sie das. Oder sie schlief in Wahrheit längst, und dies war lediglich ein
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