Hotel
Ausdrucks hatte er das absurde Gefühl, daß sie die Wahrheit durchschaut hatte. »Das ist okay. Mach dir meinetwegen keine Sorgen.«
»Ich hatte gehofft, daß du dich über die Filmrolle mehr freuen würdest.«
»Aber das tu ich doch, Curtie! Herrje, ich bin doch schrecklich froh! Ich finde es einfach fabelhaft, daß du dir immer so nette Dinge ausdenkst.«
Ihre Worte befeuerten seine Zuversicht. »Es ist wirklich eine phantastische Chance für dich. Ich bin sicher, daß du Erfolg hast, und natürlich werde ich deine Karriere aufmerksam verfolgen.« Er beschloß, seine Gedanken auf Jenny LaMarsh zu konzentrieren.
»Ich schätze …«, ihre Stimme stockte beinahe unmerklich, »ich schätze, du reist schon heute abend ab. Vor mir.«
In Sekundenschnelle seine Pläne ändernd, erwiderte er: »Nein, ich mache die Reservierung rückgängig und fliege statt dessen morgen früh. Heute abend feiern wir.«
Als Dodo dankbar aufblickte, läutete das Telefon. Erleichtert über die Ablenkung, stand er auf und griff nach dem Hörer.
»Mr. O’Keefe?« fragte eine angenehme weibliche Stimme.
»Ja.«
»Hier ist Christine Francis – Mr. Warren Trents Privatsekretärin. Mr. Trent läßt fragen, ob es Ihnen paßt, wenn er Sie jetzt aufsucht.«
O’Keefe sah auf seine Uhr. Es war einige Minuten vor zwölf.
»Ja«, antwortete er. »Er kann kommen. Sagen Sie ihm, daß ich ihn erwarte.«
Den Hörer auflegend, lächelte er Dodo zu. »Anscheinend haben wir beide Grund zum Feiern – meine Liebe –, du eine glänzende Zukunft und ich ein neues Hotel.«
8
Ungefähr eine Stunde früher saß Warren Trent vor sich hin brütend hinter den verschlossenen Türen seines Büros. Schon ein paarmal im Laufe des Vormittags hatte er die Hand nach dem Telefon ausgestreckt, um Curtis O’Keefe anzurufen und seine Kapitulation offiziell zu besiegeln. Für sein Zögern gab es eigentlich keinen Grund mehr. Die Journeymen’s Union war seine letzte Hoffnung gewesen. Die schroffe Absage des Gewerkschaftsvorsitzenden hatte Trents Widerstand gegen den alles verschlingenden Koloß O’Keefe zermalmt. Dennoch hatte er die Hand jedesmal wieder zurückgezogen. Er war wie ein Gefangener, dachte er, an dem zu einer bestimmten Stunde das Todesurteil vollstreckt wird, der aber die Wahl hat, vorher Selbstmord zu begehen. Er akzeptierte das Unvermeidliche. Er würde auf seinen Besitz verzichten, weil ihm nichts anderes übrigblieb. Dennoch klammerte er sich instinktiv an jede verstreichende Minute, bis die Gnadenfrist abgelaufen war und eine Entscheidung sich erübrigte.
Als er sich fast zur Kapitulation durchgerungen hatte, war Peter McDermott dazwischengekommen. McDermott hatte ihn über den Beschluß des Kongresses amerikanischer Zahnärzte informiert, die Tagung fortzusetzen, eine Tatsache, die Warren Trent nicht überraschte, da er sie einen Tag früher vorausgesagt hatte. Aber nun erschien ihm die ganze Affäre entrückt und belanglos. Er war froh, als McDermott ging.
Hinterher gab er sich für eine Weile Träumen von vergangenen Triumphen hin und der Befriedigung, die sie ihm gewährt hatten. Früher einmal – und es war gar nicht so lange her – war sein Haus ein Treffpunkt der Großen und beinahe Großen gewesen – Präsidenten, gekrönte Häupter, Adel, strahlende Frauen, distinguierte Männer, die Nabobs der Macht und des Reichtums, berühmt und berüchtigt – aber einen Zug hatten alle gemeinsam: Sie verlangten Aufmerksamkeit, und sie wurde ihnen zuteil. Diese Elite zog andere nach sich, bis das St. Gregory zugleich ein Mekka und eine Goldgrube war.
Wenn Erinnerungen alles waren, was man noch besaß – oder zu besitzen schien –, mußte man sie auskosten. Warren Trent hoffte, daß er in der einen Stunde oder so, die ihm noch blieb, nicht gestört werden würde.
Die Hoffnung erwies sich als trügerisch.
Christine Francis kam leise herein. »Mr. Emile Dumaire möchte Sie sprechen. Ich hätte Sie nicht gestört, aber er besteht darauf, daß es dringend ist.«
Warren Trent grunzte. Die Aasgeier versammeln sich, dachte er. Aber bei näheren Überlegungen war der Vergleich wohl nicht ganz fair. Die Industrie- und Handelsbank, deren Präsident Emile Dumaire war, hatte eine Menge Geld im St.-Gregory-Hotel investiert. Sie war es auch, die ihm vor Monaten eine Kreditverlängerung und eine neue größere Anleihe verweigert hatte. Nun, Dumaire und seine Geschäftskollegen brauchten sich keine Sorgen mehr zu machen. Durch den nahe
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