Hotel
daß Sie kein göttliches Kaufrecht haben. Außerdem sind Sie aus eigenem Antrieb hergekommen und nicht auf Einladung von mir.«
»Diesen Tag werden Sie bereuen! Sie und die anderen, wer immer es sein mag. Ich werde bauen! Ich werde dies Hotel ruinieren! Alle meine künftigen Pläne werden darauf abzielen, dies Haus kaputtzumachen und Sie mit ihm!«
»Falls wir beide so lange leben.« Warren Trent, der seine Selbstbeherrschung bisher bewahrt hatte, spürte, daß er immer ruhiger wurde, je mehr O’Keefe die Haltung verlor. »Aber wir werden es wohl kaum noch erleben, denn das, was Sie vorhaben, braucht natürlich Zeit. Im übrigen erweisen sich die neuen Leute vielleicht als gefährliche Konkurrenz, so daß am Ende Sie draufzahlen.« Es war nur eine Vermutung, aber er hoffte, daß sie sich als wahr herausstellen würde.
»Hinaus!« raste O’Keefe.
»Das Hotel gehört noch immer mir. Solange Sie mein Gast sind, genießen Sie in Ihren eigenen Räumen gewisse Vorrechte. Ich rate Ihnen jedoch, sie nicht zu mißbrauchen.« Mit einer leichten höflichen Verbeugung vor Dodo ging er hinaus.
»Curtie«, sagte Dodo.
O’Keefe schien sie nicht zu hören. Er atmete schwer.
»Curtie, ist dir nicht wohl?«
»Blöde Frage! Mir geht’s blendend!« Er stürmte durch den Salon und wieder zurück.
»Es ist bloß ein Hotel, Curtie. Du hast so viele andere.«
»Ich will aber gerade das haben!«
»Denk an den alten Mann – er hat bloß das eine …«
»Natürlich! Du verteidigst ihn! Dumm und treulos! Wie die ganze Bande!« Seine Stimme klang schrill und hysterisch. Dodo hatte Angst. Sie hatte ihn noch nie so außer sich gesehen.
»Bitte, Curtie!«
»Ich bin von Idioten umgeben! Idioten! Du bist auch einer! Deshalb schicke ich dich weg. Einen Ersatz für dich habe ich schon.«
Er bereute die Worte, sowie sie heraus waren. Sie versetzten sogar ihm einen Schock und erstickten seine Wut gänzlich. Nach einem kurzen, betroffenen Schweigen murmelte er: »Entschuldige, ich hätte das nicht sagen dürfen.«
Dodos Augen waren feucht. Sie strich sich mit derselben Bewegung wie am Morgen das Haar zurück.
»Das wußte ich, Curtie. Du hättest es mir nicht zu sagen brauchen.«
Sie ging in die angrenzende Suite und machte die Tür hinter sich zu.
10
Ein unerwarteter Glückstreffer hatte Keycase Milne neuen Auftrieb gegeben.
Am Morgen hatte Keycase seine strategischen Einkäufe ins Warenhaus Maison Blanche zurückgebracht. Die Rückzahlung ging prompt und glatt vonstatten. Dies befreite ihn nicht nur von einer hinderlichen Last, sondern vertrieb ihm auch die Zeit. Dennoch blieben ihm noch immer mehrere Stunden des Wartens, bis er den Schlüssel, den er am Vortag in Auftrag gegeben hatte, bei dem Schlosser am Irish Channel abholen konnte.
Er war im Begriff, das Warenhaus zu verlassen, als er seine Chance erspähte.
An einem Ladentisch im Erdgeschoß ließ eine gutgekleidete Kundin, als sie in ihrer Handtasche nach der Kreditkarte kramte, ein Schlüsselbund fallen. Weder sie noch sonst jemand, außer Keycase, schien den Verlust zu bemerken. Keycase blieb in der Nähe und besah sich Krawatten, bis die Frau weiterging.
Er strich am Tisch entlang, und dann, als habe er die Schlüssel eben erst erspäht, stoppte er, um sie aufzuheben. Auf den ersten Blick stellte er fest, daß an dem Ring außer Wagenschlüsseln auch mehrere andere hingen, die ganz danach aussahen, als paßten sie in Haustürschlösser. Aber seine erfahrenen Augen entdeckten noch etwas Bedeutsameres – einen Anhänger in Form eines winzigen Nummernschildes. Diese Anhänger wurden Autobesitzern von Kriegsversehrten zugeschickt; damit verbunden war ein Dienst für die Rücksendung verlorengegangener Schlüssel. Auf dem Anhänger stand eine Zulassungsnummer von Louisiana.
Den Schlüsselbund deutlich sichtbar vor sich hertragend, lief Keycase hinter der Frau her, die dem Ausgang zustrebte. Jeder zufällige Beobachter mußte daraus entnehmen, daß Keycase nichts anderes im Sinn hatte, als der rechtmäßigen Eigentümerin die Schlüssel zurückzugeben.
Aber im Gedränge der Passanten auf der Canal Street ließ er sie unauffällig in seiner Tasche verschwinden.
Die Frau war noch immer in Sicht. Keycase folgte ihr in vorsichtiger Entfernung. Nach zwei Blocks überquerte sie die Canal Street und betrat einen Kosmetiksalon. Von draußen sah Keycase, wie sie mit einer Empfangsdame sprach; letztere schlug in einem Terminkalender nach, woraufhin die Frau Platz nahm
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