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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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Das hat alles mit Primärprägung zu tun.«
    »Was ist Primärprägung?«
    »Infantile Lust. Das Lustprinzip. Die Flittchen, die Austern, selbst ich, jede Lust, und alle Lust auf einmal. Das ist alles präödipal, eine Regression vom ödipalen Kampf mit deinem Vater um deine Mutter in früh-kindlichen Beziehungen. Ich hoffe, es ist noch genügend Roy für die sekundäre Prägung übrig, damit er mich in seinen Narzismus einbeziehen kann. Sonst fällt für uns der Vorhang, ganz sicher. Verstehst du?«
    »Nicht richtig«, sagte ich und überlegte, ob das hieß, daß sie von Molly wußte. Sollte ich davon anfangen? Die Sache mit Berry hatte sich in einem unbequemen Gleichgewicht eingependelt, gehalten von dem, was sie »Grenzen« nannte, und was im Augenblick auf einer unausgesprochenen, gegenseitigen Duldung der Freiheit des anderen beruhte. Ich würde nichts sagen. Warum sollte ich?
    »Wo wirst du als nächstes arbeiten? Wohin führt dich deine nächste Rotation?«
    »Nächste Rotation?« fragte ich und sah mich als Asteroiden um die Venus rotieren. »Notaufnahme, ab morgen. Vom ersten November bis zum Neujahrstag.«
    »Wie wird das sein?«
    Meine Gedanken wanderten zurück nach England, zu den erhebenden Momenten meiner lockeren Bummeljahre in Oxford. In jenem ersten Sommer von Mary Quants Minirock hatte ich müßig an einer belebten Straßenecke gestanden, als plötzlich Hektik entstand und das Huiuu-huiuu eines Krankenwagens näherkam. Alle Welt blieb neugierig und besorgt stehen, als er vorbeiraste und jedem einen kurzen Blick auf das Drama darin freigab. Leben oder Tod. Und ich dachte damals: »Wäre es nicht wundervoll, derjenige zu sein, auf den der Krankenwagen voller Hoffnung zurast?«
    Dieser Gedanke hatte mich umgetrieben und zurück nach Amerika mit seinen Austern und Mollys und BMS -Studenten gebracht. Und seinen
Houses of Gods.
Obwohl dieser Gedanke noch immer in mir wirkte, konnte ich auf Berrys Frage nur antworten:
    »In der Notaufnahme können sie dich genauso fertigmachen.«
    »Armer Roy, hat Angst vor der Hoffnung. Nimm dir nur, nimm dir so viele du willst.«
     
    Mit jeder neuen Watergate-Bombe wurde den Amerikanern klarer, daß Nixons »Operation Aufrichtigkeit« eine gewaltige Lüge war. An dem Tag, an dem Leon Jaworski an Stelle von Archibald Cox zum Vertreter der Anklage ernannt worden war, zur gleichen Zeit, als Ron Ziegler Kissingers Vorschlag ablehnte, Nixon solle ein Schuldbekenntnis ablegen, und sagte: »Reue ist Blödsinn«, betrat ich das
House of God
durch die automatische Tür der Notaufnahme. Im Warteraum stand nur ein scharfäugiger, alter Bussard in einer Ecke und schaukelte vor sich hin. Eine übervolle Einkaufstüte lag zu seinen Füßen. Gut. Nur ein Patient. Die Ruhe in der kreisförmig angelegten Notaufnahme war friedlich und unheilverkündend zugleich. Ein fröhliches, von Gelächter durchsetztes Raunen kam dagegen aus der Stationszentrale, wo mehrere Leute saßen, die Oberschwester namens Dini, eine schwarze Schwester namens Sylvia und zwei Chirurgen: Gath, der
Resident,
ein Kaugummi kauender Mann aus Alabama, und der
Intern
namens Elihu, ein langer hakennasiger, sephardischer Jude mit krausem Isra-Afro, von dem es hieß, er sei der schlechteste
Intern
der Chirurgie in der Geschichte des
House of God.
    Gilheeny und Quick, die beiden Polizisten, saßen ebenfalls dort, und als sie mich hereinkommen sahen, rief der Rothaarige:
    »Willkommen! Willkommen auf diesem kleinen Stück Irland im Herzen des Hebräischen Hauses. Ihre Erfolgsliste von der ungezogenen Station da oben ist Ihnen vorausgeflattert, und wir wissen, daß Sie uns alle in den kommenden eisigen Nächten mit Geschichten voller Leidenschaft erheitern werden.«
    »Bekomme ich wieder eine Geschichte über die Iren und die Juden zu hören?«
    »Da die Heiligen Feiertage gerade vorbei sind, habe ich eine hübsche Geschichte«, sagte Gilheeny, »von einem irischen Mädchen, das Arbeit in einem jüdischen Haushalt sucht. Kennen Sie die?«
    Ich kannte sie nicht.
    »Ha! Also, eine nette irische Frau sucht um Rosh Hashonah, um Neujahr, Arbeit in einem jüdischen Haushalt und fragt den Portier, wie die Arbeit in dem Haus so sei. Nun, sagt unser Mann, ganz in Ordnung, mein Mädchen, und sie begehen alle Feiertage. Am Neujahrstag gibt es zum Beispiel ein großes Familienessen, und der Hausherr stellt sich vor alle hin und bläst den shofar. Da blitzen die Augen des Mädchen auf und sie wiederholt, er bläst den Schofför! Ach,

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