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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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packte die Eßwaren zusammen. Auf einmal fuhr er mich scharf an: »Wo ist die Butter?«
    »Na«, sagte ich, »ich hab' ein großes Stück abgeschnitten und auf ein Maisblatt gelegt.«
    »Na, dann mußt du's druntengelassen haben, hier ist's nicht.«
    »Dann tun wir's eben ohne«, sag' ich.
    »Nee, wir tun's ganz schön mit und nicht ohne«, weist er mich zurecht; »du schleichst dich einfach noch einmal in den Keller und holst sie herauf, das ist schnell getan! Dann fährst du am Blitzableiter hinunter und kommst mir nach. Ich mach' mich jetzt gleich in die Hütte und stopfe Jims Kleider mit Stroh aus, das muß dann die Mutter vorstellen und sobald du da bist, blök' ich wie ein Schaf, und dann auf und davon, hast du nicht gesehen!«
    Er also am Blitzableiter hinunter und ich zum Keller geschlichen. Richtig fand ich den Klumpen Butter, wo ich ihn gelassen, faßte ihn samt dem Blatt, auf dem er lag, blies mein Licht aus und schlich die Treppe leise wieder hinauf. Ich war glücklich über den Vorplatz gelangt, bis zur Treppe ins obere Stockwerk, wo ich in Sicherheit gewesen wäre, da muß der Kuckuck Tante Sally mit einer Kerze in der Hand herbeiführen. Ich nicht faul, werf die Butter in meine Mütze und stülp' sie auf den Kopf. Im nächsten Augenblick erblickte sie mich und stellt mich zur Rede.
    »Du warst im Keller!«
    »Ja-a!«
    »Was hast du dort zu tun?«
    »Nichts!«
    »Nichts?«
    »Nein!«
    »Na, was in aller Welt treibt dich denn zur Nachtzeit, wenn alles schläft, da hinunter?«
    »Ich weiß nicht!«
    »Du weißt's nicht! Jetzt verbitt ich mir diese Antworten, Tom, ich will wissen, was du drunten getan hast!«
    »Ich hab' nichts, rein gar nichts getan, Tante Sally, gewiß und wahrhaftig – nichts!«
    Unter anderen Umständen hätte sie mich darauf wohl laufen lassen, aber heut' ging alles so drunter und drüber, daß sie jedes bißchen reizte, was nicht ganz fadengrad war. Deshalb sagte sie sehr entschieden: »Da hinein mit dir ins Wohnzimmer, und daß du mir dort bleibst, bis ich komme. Du führst irgend etwas im Schild, was ich nicht wissen soll, aber ich schwör' dir, ich find's heraus, ehe wir zwei uns gute Nacht sagen. Marsch!«
    Sie schob mich zur Tür hinein und verschwand. Aber waren da viele Leute! An die fünfzehn Farmer aus der Umgegend und jeder mit einer Flinte bewaffnet. Mir wurde ordentlich schwach, und ich schlich mich zu einem Stuhl und setzte mich. Da saßen sie und standen sie im Zimmer herum, unterhielten sich mit leiser Stimme und sahen dabei ängstlich und unruhig aus; taten aber, als wäre nichts passiert. Aber ich merkt's gleich, weil sie beständig ihre Hüte auf und ab nahmen, sich hinter den Ohren oder am Kopfe kratzten, immer die Sitze wechselten und mit ihren Knöpfen spielten. Mir war auch nicht wohl zumute, aber meine Mütze ließ ich trotzdem fest sitzen.
    Ach, wie wünschte ich, die Tante käm' herbei und prügelte mich meinetwegen durch, ließe mich dann aber laufen, so daß ich Tom sagen könnte, in welch greuliches Wespennest wir gestochen und daß wir am besten täten, den Unsinn zu lassen und uns mit Jim schleunigst auf die Socken zu machen, bevor die bewaffnete Macht sich in Bewegung setzte. Ich saß wie auf Kohlen.
    Endlich erschien Tante und begann ein Kreuzverhör mit mir anzustellen, ich aber konnte keine Frage beantworten, denn ich wußte kaum mehr, was ich sagte, da ich merkte, daß die Leute unruhig zu werden begannen und zum Aufbruch rüsteten. Ein Teil wallte sofort weg und den Räubern auflauern, da nur noch wenig bis Mitternacht fehle. Die andern mahnten zur Geduld und wollten auf das versprochene Signal warten. Und immer noch hackte Tante mit Fragen auf mich ein, und ich zitterte und bebte nur so an allen Gliedern und war dem Umsinken nahe vor Angst und Entsetzen, und das Zimmer wurde heißer und heißer, und die Butter auf meinem Kopf begann zu schmelzen und rieselte sanft an meinen Ohren und meinem Hals hinunter. Als bald darauf einer sagte: ›ich bin dafür, daß wir sofort direkt zur Hütte gehen und die Bande festnehmen, sobald sie kommt‹, fiel ich beinahe um. Ein kleiner Butterstrom beginnt jetzt leise an meiner Stirn niederzusickern, und wie Tante das sieht, wird sie so blaß wie ein Leintuch und schreit: »Herr, Gott des Himmels und der Erden, was fehlt dem Kind? Barmherziger Gott, er hat gewiß eine Gehirnerweichung, und sein armes Hirn fließt aus! Was fang ich an?«
    Und alles rennt auf mich los und will sehen. Sie reißt mir den Hut vom Kopf

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