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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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rechts. Dann hör' ich's wieder und diesmal zu weit links, komm' auch nicht näher, denn mit dem Hin und Her verlier ich Zeit und das Floß treibt offenbar immer gerade fort!
    Ich hoffte nun, der Narr von Jim würde einen alten Blechdeckel nehmen und ordentlich Lärm schlagen, wer's aber nicht tat, war er, und gerade die Pausen zwischen den verschiedenen Rufen machten mich so irre. Na, ich immer voran, aber man denke sich mein Erstaunen, als ich plötzlich den Ruf hinter mir höre. Da war guter Rat teuer. Entweder kam der Ruf von jemand anderem her, oder das Boot hatte sich gedreht. Nun wußte ich nicht ein noch aus!
    Ich ließ die Ruder sinken. Wieder kam der Ruf, immer noch hinter mir, aber von ganz woanders her; er kam immer näher, aber es wechselte beständig, und ich antwortete stets, bis der Ruf nach und nach wieder von vorne kam und ich merkte, daß die Strömung mein Boot wieder in das richtige Geleise stromab gebracht haben müsse. Jetzt war alles wieder gut, wenn's nur Jim war, der da rief, und nicht sonst jemand; denn bei Nebel erkenn' der Kuckuck die Stimmen, im Nebel sieht alles geisterhaft aus und lautet auch so.
    Das Rufen dauerte an, und nach einer Minute etwa stieß ich hart an einer Sandbank auf, von der alte Baumstümpfe wie Geister aus dem Nebel aufragten. Die Strömung packte mich und warf mich zur Linken, hart an vorstehenden Baumzweigen vorbei, die ordentlich pfiffen, so sauste das Wasser an ihnen dahin.
    Im nächsten Moment war alles wieder Nebel und still. Ich hielt mich ganz ruhig und hörte nur, wie mein Herz hämmerte und klopfte, während ich kaum zu atmen wagte.
    Nichts war mehr zu hören, und nun wußte ich auch genau, woran ich war. Die Sandbank, auf die ich, wie ich glaubte, aufgerannt, war eine Insel, und die Strömung hatte mich zur Linken gerissen, während Jim drüben auf der Rechten dahintrieb. Und die Insel schien nicht klein. Ab und zu konnte ich durch den Nebel hohe Bäume sehen, und das konnte stundenlang so weitergehen; wer will's sagen, ob ich Jim und das Floß je wieder erreichen würde?
    Ich hielt mich ganz still und spitzte die Ohren, soviel ich konnte. Alles umsonst. Ich wurde schnell immer weiter und weiter gerissen, denn die Strömung war stark; aber das wird einem nicht klar, man fühlt es kaum. Im Gegenteil! Man meint ganz, ganz still zu liegen auf dem Wasser, und wenn man einen Baum oder sonst was vorbeihuschen sieht, kommt es einem gar nicht in den Sinn, daß man selber so schnell fährt, sondern man hält den Atem an und denkt, ei, hat's der Baum aber einmal eilig! Wer's nicht glaubt, wie unheimlich und einsam es einem zumut ist, so allein im Nebel auf dem Wasser, mitten in der stillen, dunklen Nacht, der soll nur einmal hingehen und es probieren, dann wird er schon sehen.
    Nach vielleicht einer halben Stunde fing ich wieder an zu rufen, denn ich dachte, nun könnte die Insel endlich ein Ende haben, und wahrhaftig, ich hörte auch einen Antwortruf, aber weit, weit weg. Ich versuchte ihm zu folgen, bracht's aber nicht fertig. Gleich drauf kam es mir vor, als sei ich in ein ganzes Nest von Inselchen geraten, denn ein schwacher Schein davon war alle Augenblicke zu beiden Seiten sichtbar, und zuweilen war es mir, als führe ich durch einen schmalen Kanal. Manche von den Eilanden konnte ich gar nicht unterscheiden, aber daß sie vorhanden waren, merkte ich an dem Rauschen der Strömung, die sich an dem herüberhängenden Gesträuch und Laubwerk brach. Die Rufe konnte ich immer von Zeit zu Zeit wieder hören, aber der Richtung folgen zu wollen, wäre schlimmer gewesen als die Jagd auf ein Irrlicht, so sprang der Ton hin und her, von einer Richtung zur andern.
    Dann mußte ich auch mit dem Ruder nachhelfen, daß ich nicht einmal irgendwo aufsaß und irgendeinen von den kleinen Landbrocken unversehens vom Platz rückte. Ich vermutete, daß auch das Floß aus demselben Grund so langsam vorwärts kam, denn nach dem Rufen zu urteilen – immer vorausgesetzt, daß es Jim war, der da rief –, trieb es jetzt kaum schneller als ich selbst dahin.
    Nun schien ich wieder im freien Fahrwasser angelangt zu sein, konnte aber mit einem Male gar nichts mehr hören. Denk ich, Jim ist ganz sicher irgendwo angeprallt, und Floß und Jim sind weg und verloren! Ich war so müde und erschöpft, so traurig und mutlos, daß ich mich ruhig in mein Boot legte und mir sagte: Nun läßt du alles gehen, wie's kommt! Schlafen wollte ich eigentlich nicht; aber allmählich fielen mir doch die Augen

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