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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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Joie de Kev
    Die Zahl meiner Twitter-Follower ist im Keller, kei ner will meine Modekollektion kaufen, und jetzt auch noch das: ein Rechtsstreit. Hoch oben in einem Konferenzzimmer sitze ich Sas, meiner Noch-Frau, gegenüber, unter uns Londons Verkehrslärm, zwischen uns ein langer Mahagonitisch.
    Neben Sas hockt ihr Anwalt. Neben mir meiner.
    »Mr. King, Mrs. King«, sagt ihrer. »Uns allen ist wohl klar, warum wir hier sind …«
    »Wegen der Multiplayer Xbox Comp, oder?«, sage ich, obwohl ich weiß, dass ich das besser lassen sollte.
    Aber ich kann nicht anders. Ich bin nervös. Das hier ist meine Scheidung.
    »Kevin«, sagt mein Anwalt in vorwurfsvollem Tonfall. »Ja, meinem Klienten Mr. King ist klar, dass dies hier die letzte Chance ist, zu einer einvernehmlichen Einigung zu kommen, bevor wir die Gerichte bemühen.«
    Die Gerichte bemühen? Jetzt hör sich einer den an. Einen Prozess meint er.
    »Wir verstehen uns also«, sagt ihr Anwaltsheini, worauf meiner nickt. Und Sas ebenfalls.
    Sie versteckt ihre Augen hinter einer Salvatore-Ferragamo-Sonnenbrille mit Edelstein-Bügeln und starrt aus dem Fenster, würdigt mich keines Blickes. Das schmerzt, wir waren uns mal so nah.
    Wut steigt in mir auf. Denn ich könnte sie bis aufs Hemd ausziehen. Ja, das könnte ich. Sie hat die Scheidung eingereicht, weil ich sie betrogen habe. Und ich werde zugeben, dass ich gejagt und gesammelt habe, und hin und wieder eine andere Muschi gevögelt. Das lässt sich nicht leugnen. Ich habe auswärts gespielt. Aber dafür gibt es einen Grund. Einen Grund, den ich niemand anvertrauen kann. Ich will es ja selbst nicht wahrhaben.
    Ich habe Sas nie flachgelegt. Kein einziges Mal. Meine eigene Frau.
    Ich könnte mich wegen Nichtvollzugs der Ehe von ihr scheiden lassen. Weil sie mir meine ehelichen Rechte vorenthalten hat. Es ist deprimierend. Nachts habe ich mich nach ihr verzehrt, mich nach ihr gesehnt. Das ist mein einsames Geheimnis. Ich kann keinem davon erzählen. Die Boulevardblätter würden Wind davon kriegen. Und dann würde ich vor Scham sterben.
    Darum schweige ich mich über den Nichtvollzug aus und lasse Sas bei der Scheidung ihren Willen. Behalte die Sache für mich, ertrage die Wahrheit ganz allein. Ich werde ihr eine hübsche Stange Geld zahlen, eine Summe, die sie nicht verdient hat. Und im Gegenzug großherzig wie Bono dastehen. Es sei denn, sie will das Haus. Sie kann alles von mir haben, außer dem Haus mit seinem Garten voller Geheimnisse.
    »Mein Klient ist damit einverstanden, wenn Sie die maßgefertigte Segway-Sammlung behalten, Mrs. King. Und die Hängebauchschweine können Sie auch haben. Aber was das Haus anbetrifft, fürchte ich, können wir nicht nachgeben.«
    Ihr Rechtsvertreter öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, doch da platzt es schon aus Sas heraus, sie richtet das Wort an mich – ja, an mich –, allerdings weigert sie sich immer noch, mich anzusehen. »Warum sollte ich die Hängebauchschweine haben wollen, Kev, ich hab ja nicht mal ein Grundstück, auf dem ich sie halten kann.«
    »Ich kauf dir eins.«
    »Ich will das Haus, Kev. Ich habe es eingerichtet.«
    »Mag ja sein, dass du den richtigen Designer kennst, um ein paar Missoni-Balbianello-Sofakissen auszusuchen, aber das ist ja wohl nur das Sahnehäubchen auf der Immobilie, oder?«
    »Mr. King«, unterbricht uns ihr Winkeladvokat. »Ihnen ist doch klar, dass meine Klientin in erster Linie das Haus will. Sollte sie es nicht bekommen, geht sie davon aus, dass Sie in anderen Bereichen weitreichende Zugeständnisse machen.«
    »Ich weiß.« Sas hat es mir gesagt, als sie mich geheiratet hat, auch wenn sie es damals so nicht meinte.
    »Mr. King«, drängt ihr Anwalt weiter. »Wie könnte eine Einigung bezüglich des Hauses denn aussehen?«
    »Es gehört mir. Punkt.«
    »Mr. King«, hakt er nach. »Sollten Sie uns bezüglich des Hauses nicht entgegenkommen, werden wir in dieser Sache bis an die Schmerzgrenze gehen.«
    »Oh, es gäbe da schon eine Möglichkeit«, sage ich plötzlich mit völlig verändertem Gesichtsausdruck.
    »Fahren Sie fort, Mr. King.«
    Ich schaue zu Sas hinüber, doch sie starrt aus dem Fenster dieser Anwaltsbude im neunten Stock hinab auf Londons Straßen. Als sie meinen Blick auf ihrer Wange spürt, wendet sie mir langsam das Gesicht zu. Ich kann lediglich ihre dunklen Augenhöhlen hinter der Ferragamo-Sonnenbrille ausmachen. Zum ersten Mal seit Monaten schaut sie mich jetzt an. Zum ersten Mal, um ehrlich zu sein, seit sie mich

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