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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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Jane, was fehlt Ihnen?«
    So sagte sie mirs denn. Es war wegen der Neger; der Verkauf hätte ihr alle Freude an der Reise nach England verdorben. Sie könne nie wieder glücklich sein, wenn sie daran denke, daß Mutter und Kinder voneinander getrennt würden und daß sie sich nie, nie wiedersehen würden.
    »Aber sie werdens doch, eh' zwei Wochen um sind – ich weiß es gewiß!« sagte ich.
    Da war's heraus, bevor ich mich's versah! Und im nächsten Augenblick schlang sie ihre Arme um meinen Hals und rief: »Wär's möglich? Bitte sag's noch einmal!«
    Ich hatte zuviel gesagt und fühlte mich etwas verlegen. Ich bat sie, mir eine Minute Zeit zum Besinnen zu lassen. Sie setzte sich wieder und war ganz voll Erwartung und Aufregung; dabei sah sie so glücklich und beruhigt aus wie jemand, der sich eben einen Zahn hat ausziehen lassen. Ich überlegte mir's und sprach zu mir selbst: Ein Mensch, der sich aufrafft und die Wahrheit sagt, wenn er in die Enge getrieben wird, läuft manche Gefahr – zwar kann ich nicht aus Erfahrung sprechen und weiß es nicht gewiß, aber es will mir so scheinen. Nun ist hier aber ein Fall, wo es mir entschieden vorkommt, als ob die Wahrheit besser und sogar sicherer wäre als eine Lüge. Ich will's also wagen und diesmal die Wahrheit sagen, obwohl für mich viel auf dem Spiel steht und es mir dabei zumute ist, wie einem, der sich mit der brennenden Pfeife auf ein Faß Schießpulver setzt. Dann sagte ich: »Fräulein Mary Jane, wissen Sie irgendeinen Platz etwas außerhalb der Stadt, wo Sie hingehen und drei bis vier Tage zubringen könnten?«
    »Ja – bei Lothrops. Warum?«
    »Lassen wir das warum . Wenn ich Ihnen sage, woher ich weiß, daß die Neger einander wiedersehen werden, innerhalb zwei Wochen, hier in diesem Hause, und beweise, woher ich's weiß – wollen Sie dann zu Lothrops gehen und vier Tage dort bleiben?«
    »Vier Tage«, rief sie »ein Jahr, wenn es sein muß!«
    »Gut«, sagte ich, »von Ihnen will ich nichts mehr als Ihr Wort, das ist mir sicherer, als wenn ein anderer auf die Bibel schwört.« Sie lächelte und errötete lieblich; ich fuhr fort: »Wenn Sie nichts dagegen haben, will ich die Tür schließen und verriegeln.«
    Dann kam ich zurück und begann: »Nun bitte ich, nicht aufzuschreien. Sitzen Sie hübsch still und hören Sie mich an wie ein Mann. Ich muß die Wahrheit sagen, und Sie müssen sich fassen, Fräulein Mary, denn sie ist schlimmer Art und schwer zu ertragen, aber es geht einmal nicht anders. Diese Onkel sind gar nicht Ihre Onkel; sie sind ein paar Betrüger, erbärmliche Landstreicher. – So, über's Schlimmste sind wir nun hinweg, den Rest werden Sie ziemlich leicht ertragen.«
    Natürlich griff sie dieser Anfang tüchtig an; doch ich war jetzt über das Gröbste weg und konnte nun leichter fortfahren. Ihre Augen leuchteten mehr und mehr, als ich ihr alles erzählte, von dem Augenblick an, wo wir den jungen Burschen trafen, der zum Dampfboot wollte – alles haarklein –, bis zu dem Moment, wo sie sich an der Haustür dem König an die Brust warf und ihn sechzehn- oder siebzehnmal küßte.
    Da sprang sie auf, ihr Gesicht glühte wie die untergehende Sonne, und rief: »Der Schändliche! – Komm, verlier keine Minute, keine Sekunde. Sie sollen geteert und gefedert und in den Fluß geworfen werden!«
    Ich entgegnete: »Versteht sich. Aber doch nicht, bevor Sie zu Lothrops gehen, oder...«
    »Oh!« rief sie, »was fällt mir nur ein!« und setzte sich wieder. »Wo habe ich meine Gedanken? Du bist mir doch nicht böse, nicht wahr?« Und dabei legte sie ihre Sammethand auf meine, daß ich meinte, ich müsse vergehen. »Meine Aufregung war zu groß«, sagte sie, »sei jetzt so gut und fahre fort, ich werde mich zusammennehmen. Sag mir nur, was ich tun soll, es soll genau befolgt werden!«
    »Wahrhaftig«, sprach ich, »es ist eine schlimme Bande, diese zwei Gauner, und ich bin leider darauf angewiesen, daß ich mit ihnen noch eine Weile reisen muß, ob ich will oder nicht – den Grund sage ich Ihnen lieber nicht. Allerdings, wenn Sie die Kerls anzeigten, würde die Stadt mich schon aus ihren Klauen reißen, und ich wäre sicher; es ist aber da noch ein anderer, von dem Sie nichts wissen, dem es dann schlecht gehen könnte. Den müssen wir doch retten, nicht wahr? Natürlich, so wollen wir also das Pärchen noch nicht anzeigen.«
    Wie ich das sagte, kam mir ein guter Gedanke. Am Ende gelang es doch, mich und Jim von den Gaunern loszumachen und sie hier

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