Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
Verstand? Nein: und ebensowenig Sinn ist in deinem Mumps! – Ist's wohl ansteckend?«
»Jedenfalls, ich würde der Krankheit nicht trauen.«
»Das ist ja schrecklich«, rief die Hasenlippe , »da muß ich gleich zu Onkel Harry gehen, und...«
»Jawohl«, sag' ich, »das würd' ich auch. Natürlich tät' ich das. Ich würde keine Minute verlieren.«
»So, warum meinst du?«
»Nur Geduld, es soll Ihnen gleich ein Licht aufgehen. Nicht wahr, Ihre Onkel müssen so bald wie möglich wieder in England sein? Sie trauen Ihren Onkeln doch nicht zu, daß sie selber jetzt abreisen und Ihnen und Ihren Schwestern zumuten, später nachzukommen und die lange Seereise allein zu machen? Nein, Sie wissen wohl, daß sie warten werden, bis Sie alle zusammen reisen können. Also gut. Ihr Onkel Harry ist Pfarrer, nicht wahr? Wird ein Pfarrer einen Dampfbootbeamten täuschen, nicht bloß hier, sondern auch in New York und sonst, damit Fräulein Mary Jane an Bord gelassen wird? Trauen Sie Ihrem Onkel zu, daß er das Leben der anderen Passagiere in Gefahr brächte? Sie wissen recht gut, daß er das nicht täte. Also, was wird er tun? Nun, er wird sagen: ›Das ist zwar recht fatal, aber meine Kirche muß sich eben behelfen, so gut sie kann, denn meine Nichte war diesem ansteckenden, fürchterlichen Universal-Mumps ausgesetzt, und da ist es meine Pflicht und Schuldigkeit, hier zu bleiben und drei Monate zu warten, um zu wissen, ob sie angesteckt ist.‹ – Nun, ich will nichts gesagt haben, und wenn Sie meinen, es sei besser, dem Onkel Harry zu sagen...«
»Was, ein paar Monate hier herumliegen, während wir uns in England gut amüsieren könnten, bloß um zu wissen, ob Mary Jane angesteckt ist oder nicht? Du bist wohl nicht gescheit.«
»Was meinen Sie, wollen Sie's nicht lieber einigen Nachbarn sagen?«
»Nun hör doch einer – deine Dummheit geht über alles. Weißt du denn nicht, daß sie es sogleich ausposaunen würden? Das beste ist, man sagt's gar niemand.«
»Aber Onkel Harry sollten wir sagen, daß sie auf eine Weile ausgegangen ist, damit er sich nicht ihretwegen ängstigt.«
»Mag sein, daß Sie recht haben – ja, ich glaube Sie haben recht.«
»Ja, Fräulein Mary Jane wünschte auch, Sie möchten das bestellen. Sie sagte: ›bringe den Onkeln Harry und William von mir Gruß und Kuß und sag ihnen, ich sei nur geschwind zu einem kleinen Besuch über'n Fluß gegangen zu Herrn – Herrn –‹ wie ist der Name der reichen Familie, auf die Ihr Onkel Peter soviel hielt? Ich meine die, die...«
»Ach, du meinst wohl die Apthorps, nicht wahr?«
»Ja, ganz richtig. Der Kuckuck soll diese Namen holen, die man gar nicht behalten kann. Ja, sie sagte, ich solle melden, sie sei nur hinüber, um die Apthorps zu bitten, sicher zur Auktion zu kommen und das Haus zu kaufen, denn sie glaube, Onkel Peter möchte gern, daß sie es bekämen, statt jemand anderer. Sie will ihnen so lang zusetzen, bis sie versprechen zu kommen, und wenn sie nicht zu müde ist, will sie heute abend noch heimkommen, andernfalls würde sie bestimmt morgen früh zurück sein. Sie wünschte, daß man nichts von den Proktors sagen solle, sondern nur von den Apthorps – was auch ganz wahr ist, denn sie wird wegen des Hauses mit ihnen sprechen; ich weiß es, denn sie hat es mir selbst gesagt.«
»Schon gut«, riefen sie und gingen fort, um den Onkeln Gruß, Küsse und die Nachricht zu bringen.
Soweit war alles gut. Die Mädchen, dachte ich, werden den Mund halten, denn sie wollen nach England gehen; und dem König und Herzog muß es lieber sein, wenn Mary Jane fort ist und für die Auktion arbeitet, als daß sie sich noch im Bereich des Dr. Robinson befindet. Ich war mit mir zufrieden und schmeichelte mir, die Sache ziemlich nett gedeichselt zu haben – und daß Tom Sawyer selbst es nicht viel besser gekonnt hätte.
22. Kapitel
Welche sind die Rechten? – Handschriften – Probe – Tätowieren – Die Leiche wird ausgegraben – Fort! – Befreiung vom königlichen Joche – Jim wird verschachert
Die Auktion fand spät am Nachmittag statt und zog sich lange hin. Der Alte stand neben dem Auktionator, machte ein Armsündergesicht, warf hier und da einen Bibelvers dazwischen, oder auch dann und wann ein Schmeichelwort, und der Herzog gu-gu-te herum, um Teilnahme zu erregen.
Endlich ging's zu Ende, und es war alles verkauft – alles, außer einem kleinen Begräbnisplatz auf dem Kirchhof, der auch noch verkauft werden mußte. Während noch darauf
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