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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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– er deutete auf den König und den Herzog – nicht zu hart verfahren, aber ich halte sie für Betrüger. Wenn sie keine Betrüger sind, so werden sie sich nicht weigern, das Säckchen herbeizuschaffen, das ihnen Wilks hinterlassen hat, und es von uns aufbewahren lassen, bis sie sich richtig ausgewiesen haben. – Hab' ich recht?«
    Alle stimmten bei. So schien mir's, daß sich unser Pärchen gleich in einer bösen Klemme befand. Doch der König machte nur eine bekümmerte Miene und sprach:
    »Meine Herren, ich wünschte, das Geld wäre da, denn ich habe nichts gegen eine redliche, offene Untersuchung dieser traurigen Affäre; aber leider ist das Geld nicht mehr da.«
    »Wo ist es denn?«
    »Nun, als meine Nichte es mir zum Aufheben gab, verbarg ich es im Bettstroh, mit der Absicht, es während der wenigen Tage unseres Hierseins auf die Bank zu senden. Wir hielten das Bett für einen sicheren Platz. Nicht an Neger gewöhnt, hielten wir sie ebenso ehrlich wie unsere Domestiken in England. Die Neger stahlen es den nächsten Morgen, nachdem ich das Zimmer verlassen hatte. Als ich sie verkaufte, vermißte ich das Geld noch nicht, und so sind sie damit fort. Mein Diener hier kann Ihnen darüber berichten, meine Herren.«
    Der Arzt und mehrere andere riefen: »Unsinn!«, und ich sah, daß niemand ihm wirklich glaubte. Einer fragte mich, ob ich's die Neger hätte stehlen sehen. Ich entgegnete: Nein, aber ich hätte die Neger fortschleichen sehen und hätte mir nichts dabei gedacht, als daß sie meinen Herrn aufgeweckt und sich aus dem Staub gemacht hätten, ehe er sie anranzen konnte. Das war alles, was ich darüber gefragt wurde. Doch plötzlich wandte sich der Arzt zu mir und sagte: »Bist du etwa auch ein Engländer?«
    Ich antwortete mit ja, und er und einige andere lachten und machten ihre Witze darüber.
    Dann ging's wieder an die allgemeine Untersuchung, die Geschichte ging auf und nieder, hin und her, Stunde über Stunde verstrich, und niemand dachte ans Abendessen. Sie ließen erst den König sein Teil erzählen, dann den alten Herrn seines, und wer nicht ein vorurteilsvoller Starrkopf war, mußte einsehen, daß der alte Herr die Wahrheit, der andere Lügen auftischte. Bald mußte auch ich erzählen, was ich wußte. Der König warf mir einen Blick aus seinem linken Augenwinkel zu, und das genügte, um auf seiner Seite zu bleiben. Aber ich war noch nicht weit gediehen, als der Arzt zu lachen begann und Levi Bell, der Advokat, sagte: »Setz dich, mein Junge, ich würde mich an deiner Stelle nicht anstrengen. Ich glaube, du bist das Lügen noch nicht gewöhnt, wenigstens geht's dir nicht leicht von der Hand. Dir fehlt noch Übung; du machst's noch zu plump.«
    Das Kompliment war mir gleichgültig, doch war ich froh, auf so billige Art wegzukommen.
    Der Arzt wollte eben wieder anfangen, da unterbrach er sich und sagte: »Wärst du gleich zu Anfang in der Stadt gewesen, Levi Bell...«
    Da fiel ihm der König ins Wort, streckte seine Hand aus und sprach: »Oh, ist das meines armen verstorbenen Bruders alter Freund, von dem er mir so oft schrieb?« Dabei schüttelten sie einander die Hände, und der Advokat lächelte und schien erfreut. Sie sprachen eine Weile miteinander, gingen dann etwas beiseite und flüsterten.
    Schließlich sagte der Advokat laut: »Das wird die Sache bald in Ordnung bringen. Ich schicke die Anweisung mit derjenigen Ihres Bruders hin, und dann sehen die Leute ja gleich, daß alles im reinen ist.«
    Feder und Papier wurden gebracht; der König setzte sich, legte den Kopf auf die Seite, biß sich auf die Zunge und schmierte was hin. Dann ging die Feder an den Herzog, dem's dabei recht unbehaglich zumute war. Doch ergriff er die Feder und schrieb.
    Dann wandte sich der Advokat an den alten Herrn und sagte: »Ich bitte jetzt Sie und Ihren Bruder, einige Zeilen zu schreiben und Ihre Namen zu zeichnen.«
    Der alte Herr schrieb, doch niemand konnte es lesen. Der Advokat machte ein erstauntes Gesicht und sprach: »Na, jetzt hört alles auf!« Dann zog er eine Anzahl Briefe aus der Tasche und verglich die Handschriften. »Diese alten Briefe«, fuhr er fort, »sind von Harry Wilks, hier sind die zwei Handschriften seiner angeblichen Brüder: des ersten Paares und man sieht sofort, daß sie die Briefe nicht geschrieben haben (König und Herzog sahen sehr verblüfft aus, als sie merkten, welche Falle ihnen der Anwalt gestellt hatte), dann ist hier die Handschrift des alten Herrn vom zweiten Paar, und man

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