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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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Der Winter 2009/10 verlief im Vergleich zu den Erwartungen des Frühjahrs undramatisch. Im Sommer 2010 war die Schweinegrippe durch mindestens 214 Staaten der Erde gezogen und hatte doch »nur« 18 446 nachgewiesene Todesfälle verursacht. Alexander Kekulé, Mitglied der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern und Direktor des Instituts für Biologische Sicherheitsforschung in Halle, hatte es so ausgedrückt: »Man hatte sich auf einen gefährlichen Tiger vorbereitet – doch aus dem Urwald kam nur ein Kätzchen.« Im August 2010 war alles vorbei.
    Nicht alles. Denn jetzt kamen die Kritiker aus ihren Löchern. Nun meldeten sich jene zu Wort, die es schon immer besser gewusst hatten.
Das große Nachkarten
    Von den 34 Millionen Impfdosen in Deutschland waren nur etwas über fünf Millionen verbraucht worden. Der Rest musste vernichtet werden – das Serum war nur bis Ende 2011 haltbar. 196 Paletten Impfstoff wurden in einem Magdeburger Müllheizkraftwerk verbrannt. Die Bundesländer hatten einen Verlust von 239 Millionen Euro zu tragen. Plus 14 000 Euro für die Verbrennung. Das Geheule war groß.
    Der Spiegel schrieb im März 2010: »Die Schweinegrippe ist gekommen und gegangen – ohne Millionen Tote zu hinterlassen. Pharmakonzerne haben Milliarden auf Kosten der Steuerzahler verdient, Mediziner, Politiker und Medien stehen blamiert da.« Und der Stern titulierte Ende 2011 den Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix als einen der größten Flops in der deutschen Gesundheitsgeschichte. Ich frage mich: Worüber beschweren die sich? Dass es nicht mehr Tote gab?
    Niemand hat im Frühjahr 2009, als die Impfmittel bestellt wurden, vorhersagen können, ob sich die Katastrophe von 1918 wiederholen würde. Hätte die Politik die Hände in den Schoß gelegt und gesagt: »Wird schon gut gehen«, was wäre dann für ein Sturm der Empörung losgebrochen! Egal ob sie 500, 50 000 oder 50 Millionen Impfdosen bestellt hätten, es hätte immer Stimmen gegeben, die gebrüllt hätten: »zu wenig!« oder »zu viel!« – eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Beides mies. Pest: »Warum haben die denn nicht schon längst bestellt? Man weiß doch, wie lange es dauert, bis das Impfmittel zur Verfügung steht!« Cholera: »Die haben doch viel zu übereilt bestellt. Man hätte erst warten müssen, bis klar war, wie gefährlich die Seuche wirklich ist!«
    Wer entscheidet, muss sich anschließend der Kritik stellen. Kann man es allen recht machen? Nein. Irgendjemand hat immer etwas einzuwenden. So ist das eben mit Entscheidungen. Jeder, der sie trifft, muss das aushalten.
    Es gibt bei Entscheidungen kein Richtig und kein Falsch.
    Daran herumzukritteln, ob eine Entscheidung gut oder schlecht gewesen ist, ist nur müßiges Gerede. Denn es gibt bei Entscheidungen kein Richtig und kein Falsch. Jeder, der entscheidet, tut dies immer in der Annahme, das Richtige zu tun. Oder denkst du, irgendjemand würde jemals eine Entscheidung treffen, von der er glaubt, sie sei falsch? Niemals! Es gibt keine schlechten Entscheidungen. Nur welche, die sich im Nachhinein als schlecht herausstellen.
    Dass du eine Hose kaufst, die dir zu eng ist, kommt vor. Aber du hast das gewiss nicht getan, weil du dir dachtest: »Hey, super. Diese Hose ist zu eng. Die kaufe ich mir!« Sondern weil du deinen Bauch eingezogen hast und dir vorgemacht hast: »Schön, die passt doch wunderbar und ein bisschen abnehmen wollte ich sowieso!« In dem Moment, in dem du die Entscheidung getroffen hast, hieltest du sie noch für eine gute Idee. Erst im Nachhinein weißt du, dass du die Hose besser nicht gekauft hättest.
    Man macht sich etwas vor. Es sind nicht alle Fakten bekannt. Man geht von falschen Voraussetzungen aus. Und so weiter. Das passiert. Genau dies ist der Grund, warum es so wichtig ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und es beim nächsten Mal besser zu machen. Zum Beispiel, indem man bestimmten Faktoren, die man beim letzten Mal nicht in der Rechnung drinhatte, mehr Gewicht gibt. So wird man denselben Fehler nicht noch einmal machen.
    Wichtig ist, dass nicht derjenige gekreuzigt wird, der eine Entscheidung getroffen hat, von der man später weiß, dass sie nicht die beste war. Sondern dass der Fehler selbst identifiziert und wenn möglich eliminiert wird. Das Problem, wenn nur der »Schuldige«, nicht aber der Fehler gesucht wird: Niemand wird mehr Fehler zugeben. Wenn derjenige, der sich zu seinem Fehler bekennt, Nachteile zu erwarten hat, wird niemand mehr

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