Huebsch in alle Ewigkeit Roman
später am Fuße der Treppe einen langen Gang entdecken. Es gibt keine Lampen hier, und obwohl wir in der Dunkelheit eigentlich gut sehen können, ist es so finster, dass selbst unsere Augen Schwierigkeiten haben, sich daran zu gewöhnen. Wir tapsen weiter, an verschiedenen Abzweigungen vorbei. Der Keller ist riesig, ein regelrechtes Labyrinth aus Gängen und Tunneln und Röhren, viele davon sind noch nicht mal betoniert, sondern einfach in die Erde gegraben. Kein Geräusch ist zu hören, es ist unwirklich leise, und die Luft ist feucht und riecht nach Gruft. Alles in allem der unheimlichste Ort, an dem ich je gewesen bin.
»Lass uns abhauen«, flüstere ich, aber Vivian läuft unbeirrt weiter. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als ihr hinterherzuschleichen. Das Blöde ist, dass mir meine Fantasie in solchen Momenten gerne mal einen Streich spielt, besonders seit ich selbst ein Vampir geworden bin. Ich meine, wenn es untote Blutsauger gibt, dann können Zombies, Werwölfe und anderes Dämonengeschmeiß genauso gut existieren. Und wenn ich mir das mal so richtig überlege, dann könnten wir ja hier rein theoretisch im Bau eines menschenfressenden Nacktmullmutanten sein, der sich gerade von hinten anschleicht, um uns gleich seine metergroßen Nagezähne in den Leib zu rammen und in Sekundenbruchteilen zu Hackfleisch zu verarbei…
»Aahh!«, schreit Vivian.
»Aaaahh«, schreie auch ich, mache einen Satz nach vorne und klammere mich an Vivians Arm fest. Ich gucke mich hektisch um.
»Was war das?«, wispert Vivian.
»Keine Ahnung.«
»Aber warum hast du dann geschrien?«
»Du hast doch zuerst geschrien«, gebe ich verblüfft zurück.
»Nein. Ich hab so gemacht.« Vivian saugt lautstark Luft ein, als ob sie sich erschreckt.
»Nein. Du hast geschrien, und deswegen hab ich auch geschrien«, sage ich patzig.
»Mann, Leni, du sollst mich nicht so erschrecken, das macht mich nervös.«
»Das ist doch wohl die Höhe! Du machst mich nervös, und dann soll ich wieder schuld gewesen sein?« Ein rhythmisches Knacken lenkt mich von meinem Ärger ab. »Fledermäuse«, stelle ich leise fest. Dann wird mir klar, was ich da gerade gesagt habe. Fledermäuse. Wer sagt denn, dass es wirklich nur kleine Flattermänner sind und nicht etwa verwandelte Vampire?
»Wir müssen hier raus!«, beharre ich, und endlich hat Vivian auch nichts mehr dagegen einzuwenden. Doch irgendwie führt der Weg, den wir gekommen sind, nicht zur Treppe nach oben. Wir haben uns verlaufen!
»So eine Krähenkacke«, schimpfe ich leise. »Und wer hat noch gesagt, nein, lass uns nicht in den dunklen Keller des Massenmörders gehen?«
Wir gehen weiter, immer in der Hoffnung, endlich die Treppe wiederzufinden. Aber wir haben uns ganz eindeutig total verfranst. »Da hinten leuchtet was«, sage ich erleichtert, und Vivian und ich eilen auf die Lichtquelle zu.
Doch statt auf die Treppe mit der offenen Tür, stoßen wir auf eine Art unterirdische Halle, mit Boden und Wänden aus schwarzen Schieferplatten. In der Mitte stehen diverse Pranger in allen Größen, Böcke, Bänke und mehrere Käfige. An der rechten Wand sind neben einer stattlichen Kollektion von Lederpeitschen und Handschellen ein Dutzend mittelalterliche Fesselschienen befestigt.
»Oh, sieh mal einer an, die gute Stube des Fürsten der Hölle«, sagt Vivian.
»Guck mal da!« Ich deute an die Decke. Dort schimmern eine silberne Sonne und ein goldener Mond, umgeben von fluoreszierenden Sternen.
» Vampire Sun Moon Science «, flüstert Vivian. Und dann entdecken wir an der linken Wand eine Inschrift in blutroten Lettern: Ich bin Gebieter deines Universums, Herrscher über deinen Leib, deine Angst ist mein Lebenselixier.
»Es ist ein Folterinstitut ?«, flüstere ich schaudernd.
»Ja. Und noch was mehr.« Vivian zeigt auf ein Ledergestell, das an einem Stahlseil an der Decke befestigt ist.
»So was Ähnliches habe ich schon mal gesehen«, fällt mir in dem Moment ein, »in Sex and the City , als Samantha mit Smith …« Plötzlich wird mir alles klar. Der Höllenfürst hat sich eine SM-Ferienanlage gebaut, in der oben in Luxus geschwelgt wird und unten Quälerei mit wissenschaftlicher Gründlichkeit betrieben wird. Ich starre Vivian entsetzt an. Panik erfasst uns. Wir drehen um und rennen los, Vivian wieder in ihrem Wahnsinnstempo.
»Nicht so schnell«, rufe ich, denn ich komme nicht mit. Vivian hält inne. »Von stehen bleiben hat niemand was gesagt«, blaffe ich, als ich an ihr
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