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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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wirklich keine Angst vorm Alleinsein hast. Du schläfst nämlich auf der Couch!»
    Die Kommissarin hatte jetzt den affig gekleideten Antiquitätenhändler im Garten dabei gestellt, wie er gerade irgendwelche Liebesbriefe verbrennen wollte, und sprach ihn mit ihrer ganzen unglaublichen Jugendlichkeit an. Sie sagte ihm, dass seine kunstbusige Sekretärin nicht nur seine Geliebte gewesen sei, sondern auch von dem illegalen Handel mit Elefantenbeinhockern aus Zoo-Elefantenbeinen gewusst hätte. Sie sagte des Weiteren, dass seine Frau und Hauptgesellschafterin, die Hagere mit den Pferdezähnen, gedroht habe, ihn aus der Firma zu werfen und sich scheiden zu lassen, wenn er nicht mit der Sekretärin Schluss machen würde, und dass die kunstbusige Sekretärin daraufhin erklärt habe, sie werde alles auffliegen lassen, weswegen er dem Elefanten-Tierpfleger, der sowieso in alles verwickelt war und die möglichen Folgen wegen einer geistigen Behinderung nicht übersehen konnte, befohlen habe, die Sekretärin totzuhauen und an die Löwen zu verfüttern. Der Antiquitätenhändler sagte gar nichts mehr, sondern zuckte nur wild mit den Augen. Dann überschüttete er sich mit dem mitgeführten Benzin und wollte sich anzünden. Aber beim Überschütten waren die Streichhölzer nass geworden, und niemandwollte ihm Feuer geben. Dann folgte eine sauteure, sinnlos erhabene Hubschrauberkamerarunde, die in immer weiter sich entfernenden Kreisen die Kommissarin, ein paar Polizisten und den triefend benzinnassen Antiquitätenhändler auf dem makellosen Grün des Rasens zeigten, worüber sich ein Abspann spannte.
     
    Ich holte mir das Bettzeug, trug es ins Wohnzimmer und warf es, ohne Dorit noch eines Blickes zu würdigen, auf die Couch. Dorit verschwand im Schlafzimmer und schloss die Tür fast geräuschlos hinter sich, aber so fest, wie jemand die Tür schließt, der nicht möchte, dass jemand in den nächsten Stunden auch nur an der Klinke vorbeistreicht. Dann kam sie doch nochmal zurück und warf mir meinen Schlafanzug an den Kopf, von dem sie behauptete, er müsse gewaschen werden.
    Tatsächlich hatte ich aktuell weniger Angst vorm Alleinsein als vorm Schlafen auf der hypermodernen, harten, kalten, unnötigerweise auch noch dreiteiligen Ledercouch mit dem Charme einer Pathologenwanne. Ich verfluchte meine Vorliebe für nüchternes Interieur. Sitzen ging gerade so, aber reinlümmeln, sich nach Herzenslust auf die Couch werfen war nicht, barg sogar Verletzungsgefahr. Ich klemmte das Laken in die Ritzen, presste das Kissen zurecht und wollte mich schon zudecken, als mir einfiel, dass ich mir noch nicht die Zähne geputzt hatte. Vorsicht! So fängt es bei den meisten an. Subtile Selbstbestrafungen. Wozu noch gut riechen, wenn man sowieso nicht geliebt wird? Dann ein pelziges Gefühl im Mund. Kann man doch einfach wegspülen – mit Kristallwodka. Haare kämmen? Für wen? Aber nicht mit mir. Ich lasse mich nicht verfallen, weder in guten noch inschlechten Tagen. Ob sie es ernst meinte mit der Trennung? Kaum vorstellbar. Andererseits, wenn doch? Dann erst recht Zähne putzen.

11
    Vielleicht war das Problem, dass ich so lange auf Dorit hatte warten müssen. Vielleicht war das Problem, dass ich Dorits zweite Wahl gewesen bin. Eigentlich sollte Dorit nicht meine Frau werden, sondern Martins. Aber Martin hatte zu tun. Er hatte damals gerade seine Werbefirma gegründet, besaß schon einen höllisch lauten Nadeldrucker und ein aktenkoffergroßes, tragbares C-Netz -Telefon, dessen tolle Tragbarkeit allerdings durch die Tatsache eingeschränkt wurde, dass das C-Netz -Telefon nur links hinten, in der Ecke neben dem Bürofenster, funktionierte. Dort stand Martin im September 1992 und rief mich an. Er hatte Dorit vergessen. Der Keks-Job («Da hängen viertausend Deutschmark dran, verstehst du?») und die Steuererklärung. Es war alles zu viel. Martin fragte, ob ich für ihn zum Bahnhof fahren und seine Freundin abholen könne. Sie käme mit dem Zug aus Basel und hieße Dorit Klett. Ich solle sie in seine Wohnung bringen, wo sie auf ihn warten solle. Natürlich solle sie «bitte!» auf ihn warten. Er werde es aber nicht vor einundzwanzig Uhr schaffen.
    «Max, kauf halt irgendwelche Blumen und sag ‹Entschuldigung›. Dir fällt schon was ein!» Ich sagte zu, riss einen Umzugskarton entzwei und malte ein Schild namens «Dorit Klett». Das Schild gibt es noch. Es hängt im Gästeklo.Wir haben Fotos aus einem Fotoautomaten draufgepinnt. Ich stand also mit

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