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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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die Erklärung, nach der ich gesucht hatte. «Wieso denn bloß?»
    Rikki antwortete nicht, sondern stemmte sich vom Bettrand hoch und schlurfte rauchwölkchenfuchtelnd und mich mit «Wieso denn bloß? Wieso denn bloß?» nachäffend durchs Zimmer. Sie hatte eine noch fast schwarze, aber schon ziemlich ausgebleichte und ausgebeulte Trainingshose an und ein T-Shirt an, das ihr über einem schon etwas weichen Körper schlabberte. Sie hatte sogar ein bisschen Bauch und nicht wenig Hintern. Sie fand ihre Latschen, schlüpfte hinein und stieß mich beim Rausgehen zur Seite.
    «Ich hab schon wieder Lust, Ihnen eine reinzuhauen. Wie Sie dastehen   … He, hallo, Mister Wichtig-Po-Pichtig! Sie können sich entspannen, es fotografiert gerade keiner!», schrie sie durch den Flur schlappend und in der Küche herumhantierend. Ich überprüfte meine Haltung, aber sie war makellos, die Schultern unten, Standbein, Spielbein,Knie leicht gebeugt. Rikki kam mit einem Pott frisch gebrühten Kaffees wieder, auf dem noch das Kaffeemehl schwamm, die Fluppe im Mundwinkel. «Sie machen mich wirr mit diesem Herumgepose. Hallo? Ich will Sie nicht malen. Wollen Sie sich nicht in den Schrank stellen, während wir reden?»
    «Ich könnte mich setzen.»
    «Wenn Sie was finden   …»
    Rikki hatte recht. Außer ihrem Bauholzkastenbett und dem wenig einladenden Drahtwürfel davor gab es nichts, worauf man sich hätte setzen können. Also setzte ich mich auf den Bettrand. Rikki schien das nicht sonderlich zu freuen, aber sie setzte sich neben mich und stellte ihren Kaffeepott auf den Drahtwürfel. Nebeneinander zu sitzen gab der Situation etwas unpassend Intimes.
    «Was ist jetzt? Halten Sie Ihre Rede!»
    «Ich bin gekommen, weil ich nicht möchte, dass dieser Vorfall im Infoladen, was es auch immer im Einzelnen war, in dieser verzerrten Sichtweise   …»
    «Und Schluss! Sie wollen, dass ich Ihnen verzeihe? Vergessen Sie’s!» Rikki nahm den heißen Pott und schlürfte vorsichtig den Kaffeegrus von der Oberfläche.
    «Ich wollte nichts Böses.»
    «Das wär ja auch noch schöner!»
    «Warum können wir dann nicht   …»
    «Warum können wir dann nicht Freunde werden? Wieder lieb sein?», blaffte Rikki und warf ihren Kopf herum, dass eine Druckwelle von belutschistanischem Haarduft meinen Geruchssinn für mindestens eine Minute zum Flattern brachte.
    «Sie sind so ein Konsensscheißer! Sie wollen immer, dassalle total locker und unverkrampft sind. Aber ich weiß, warum. Sie brauchen diese Glocke von «Was sind wir alle gut drauf!», damit keiner auf die Idee kommt, Ihnen mal zu sagen, was für einen Bullshit Sie machen. Sie sind einer von den ganz Witzigen. Immer schön cool, immer schön witzig. Und ich hasse das so.»
    «Bitte schön», sagte ich betont konstruktiv, «Nur zu. Hassen Sie mich!»
    Sie wandte sich mir zu und biss mir unvermittelt in die Schulter. Nicht heftig, aber auch nicht nur so. «Aua! Das tut doch weh! Bescheuert oder was?» Ich rückte ein bisschen ab, rieb mir die Schulter, sah nach, ob das flamingofarbene Hemd etwas abbekommen hatte, blieb aber sitzen. Ob Rikki links war, wusste ich nicht, aber extrem war sie auf alle Fälle. «Jaja, ich bin ein Konsensscheißer. Ja, ich mache nur Bullshit. Jetzt haben Sie es mir aber gezeigt. Tut mir leid, ich war schon mal links. Tut mir leid, aber ich bin nicht mehr so dumm, es nicht besser zu wissen. Sie hassen mich doch nur, weil ich Sie verunsichere. Sie brauchen ein Dafür oder Dagegen, um klarzukommen. Sie haben ein Problem mit Unschärfe. Das ist alles. Aber so ist die Welt nicht.»
    «Oaah, die Weise-Uhu-Nummer. Das hab ich ja schon ewig nicht mehr gehört. Der Enttäuschte, der Geläuterte. Gleich erzählen Sie mir, was Sie alles gemacht und erlebt haben, als ich noch in die Windeln gekackt habe.»
    Wir saßen nebeneinander und beschimpften uns, geradeaus ins Zimmer starrend. Kein Zweifel, ich mochte sie. Ich hätte gern zurückgebissen. Aber richtig.
    «Ich hab so einen Stress mit dieser Torte gehabt», seufzte Rikki plötzlich und sackte in sich zusammen.
    «Ermittlungsverfahren?», erkundigte ich mich.
    «Nee, die Torte ist doch beim Werfen auseinandergegangen. Sonst hätte ich getroffen.»
    «Soll vorkommen.»
    «Was wissen Sie denn? Wochenlang habe ich mich starkgemacht für eine vegane Torte. Ich habe gesagt: ‹Leute, wenn wir so eine Aktion machen, dann muss die auch vom Instrumentarium her korrekt sein. Wir können nicht mit dem Dreck um uns werfen, den wir

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