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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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gegen die Quaste. Dorit war zufrieden mit der Erklärung, aber unzufrieden mit der Tatsache. «Sie darf das nicht in die Taschen stecken. So was macht das ganze Feinzeug kaputt.»
    «Ach, Kinder. Was haben wir nicht alles in den Taschen gehabt», sagte ich erleichtert. Ich wechselte das Thema und erzählte Dorit von Chefs Ansinnen und meiner Zusage, wassie «fürs Erste okay» fand. «Du musst wieder unter Leute», sagte Dorit, «Das ist das Wichtigste.» Da Dorit Maschenka heute wieder einmal höchstselbst von der Kita abholte, hatte ich Zeit, um noch einmal ins Studio zu fahren und Nancy meine noch nie da gewesene Showlocation bekannt zu geben. Ich freute mich so, dass ich Dorit auf den Nacken küsste, als sie ging. Sie sah mich etwas verwundert an.
     
    Ich hing im breiten Griff an der Klimmzugstange, als mir jemand mit einem Ruck die Hose halb herunterzog. Sofort verstand ich, warum der alte Strongman Eugen Sandow immer im durchgehenden Turnanzug auftrat. «Alter, eh!», sagte es hinter mir. Ich ließ mich in den Stand fallen, zog meine Hose hoch und drehte mich um. Vor mir stand Matze, die breiten Arme vor der breiten Brust. «Waschbär, eh!», sagte Matze grinsend. «Alter, eh, nicht schlecht! Echt nicht schlecht!», und stieß mir anerkennend an die Schulter. Offenbar war da was mit dem Waschbären-Tattoo-Bunny gewesen. Und zwar etwas ausnehmend Gutes, denn Matze strahlte wie ein Honigkuchenpferd, und der für seine Verhältnisse geradezu überschäumende Mitteilungsdrang sprach Bände. Ich war schließlich nicht sein «Brother» oder «Homie» oder irgendwas. Er hatte keinen Grund, mir etwas zu erzählen, es sei denn aus protzstrotzendem Glück. «Kann man also   … gratulieren   …?», sprach ich etwas steif, aber Matze antwortete nichts, sondern rollte nur glücklich seine Fäuste umeinander und steppte zurück. Die Tür zur Umkleide fiel ins Schloss, und Meikel kam mit großen Schritten auf Matze zu. «Sag mal, hab ich das richtig gesehen gestern? Bist du mit der Alten los, oder was?» Matze warf Meikel zur Bestätigung den Zeigefinger entgegen.
    «Und? Und? Und?», drängelte Meikel zum Vollzugsreport, während er mit seinem Unterleib unzweideutig kurbelwellte. Matzes breites Grinsen verwandelte sich in ein verlegenes Lächeln. Offenbar hatte die Beziehung zum Waschbären-Tattoo-Bunny den Vollkontakt großräumig umsteuert und war gleich auf Seelenhöhe gestiegen. «Nichts und, Alter!» Unglauben machte sich in Meikels Gesicht breit. «Du hast sie nicht   …?» Matze winkte ab und wandte sich der Langhantelbank zu, um ein paar Scheiben aufzuladen.
    «Was habt ihr denn gemacht, wenn du sie nicht geknallt hast?», forschte Meikel grübelnd weiter, dem gar nichts Zweites einfallen wollte. Matze legte sich auf die Bank und drückte sich warm.
    «Also, bitte?», stellte sich Meikel, der die Geschichte zu Ende hören wollte, direkt neben ihn, Matze drückte in schneller Folge zwanzig Wiederholungen und keuchte dann knapp hervor: «Wir haben gequatscht!»
    «Gequatscht?», fragte Meikel, «Kann ich mal deinen Schwerbehindertenausweis sehen? Was ist das für ein Scheiß?» Matze setzte sich auf. «Ja, gequatscht, und nun ist wieder gut.» Meikel setzte sich kopfschüttelnd in die Beinpresse und stemmte die gesamte Beladung mit zäher Entschlossenheit nach oben. «Armes Deutschland!» Matze tat mir ein bisschen leid. Ich hätte so auf Anhieb auch nicht sagen können, wie man «Ich bin verliebt!» auf hypermaskulin sagt. Schmetterlinge unterm Sixpack. Herzklopfen unterm großen Brustmuskel.
    Nach dem Duschen ging ich zum Tresen, aber Nancy war nicht da. Sie stand mit Sascha Ramon Niekisch und ein paar Herren im Aerobicsaal. Die Herren sahen sich interessiert um und nickten. Einer hockte sich sogar hin und strich ander Stelle über das Parkett, wo Manfred, der Kampfhund, versucht hatte, sich einzugraben. Es gab doch deswegen keinen Ärger, oder? Als Nancy mich sah, entschuldigte sie sich bei den Herren und kam herüber. Sie lächelte ein kurzes, dienstliches Lächeln und nahm mir meinen Schlüssel ab. «Na, hast du was gefunden?»
    «Jo, Madam. Freitagabend?»
    «Von mir aus», sagte Nancy freundlich, aber weniger aufgekratzt, als ich es von ihr kannte.
    «Sagen wir: dreiundzwanzig Uhr. Wo soll ich dich abholen?»
    Nancy sagte, dass sie am Georgsplatz am Obelisken stehen werde, und machte sich auf, wieder in den Aerobicsaal zurückkehren. Verwirrt über ihre Reserviertheit, fragte ich, ob irgendwas sei, aber

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