Hüftkreisen mit Nancy
um es genau zu sagen. (Der Effekt war gleich null, vielleicht hätte ich Sonderkorrespondent sagen sollen.) Ich habe mich unlängst mit diesem verunglückten Tortenattentat befasst, das Rikki ausgeführt hat, und heute bin ich hier, um …»
«Er will mich föhnen!», kiekste Rikki und zeigte entgeistert auf mich. «Meine Haare. Es ist alles wegen meiner Haare!» Es gab nun erregte, handgreifliche Nachfragen an mich und meinen flamingofarbenen Hemdkragen, der aber allem standhielt, Nachfragen, ob ich sie angefasst oder auch nur berührt oder es auch nur versucht hätte, wobei mir eine Vielzahl unrühmlicher Titel verliehen wurde, von denen «Arsch» noch der erhabenste war, es setzte aber ebenso Aufforderungen an Rikki, «runterzukommen», zu «chillen», dazwischen immer wieder Äußerungen des Unverständnisses, einer erklärte, «föhnen» habe er noch nie gehört, bei ihm im Norden sage man «bürsten».
«Es ist ganz einfach. Ganz einfach», sagte ich mehrmals und sehr ruhig, um mir die Aufmerksamkeit der Runde zu verschaffen. Schließlich hatte ich den Großteil der Augen und Ohren auf mich gerichtet. «Ich möchte Rikki und denen, die an diesem Tortenwurf auf den Ministerpräsidenten beteiligt waren, helfen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Ich habe den Ministerpräsidenten aus journalistischen Gründen mehrfach begleiten dürfen. Ich kenne die Leute, die seine Termine kennen. Aber vor allem weiß ich, was man tun muss, um wirklich in die Abendnachrichten zu kommen und dort zu bleiben – für lange.»
In den Blicken der jungen Leute wechselten im Sekundentakt Faszination und. Skepsis.
«Im Gegenzug möchte ich das Recht zugesichert bekommen,Rikki einmal föhnen zu dürfen. Und zwar mit einem Föhn meiner Wahl. Nicht mit irgendeinem Reiseföhn.»
«Das ist krank», entfuhr es einer Glatzköpfigen.
«Das ist nicht krank», sagte ich sehr bestimmt, «ich möchte etwas tun, was Friseure drei Dutzend Mal am Tag tun, und Friseure sind nicht krank.»
«Und doch ist es krank», bestätigte die Glatzköpfige ihre erste Regung, «Wenn Ihnen das sooo wichtig ist, wenn Sie so viel einsetzen, ist es krank.»
Ich hätte beinahe genickt. Dass wirkliches Wollen in einer Welt der leicht erreichbaren und austauschbaren Genüsse eine pathologische Komponente enthielt, leuchtete mir grundsätzlich ein. Aber ich konnte nicht mehr zurück. Ich hatte angefangen, an der Realität herumzuschrauben. Es fühlte sich an, als würde ich irgendwo ziemlich schnell herunterrutschen. «Es kommt niemand zu Schaden. Menschen nicht, Tiere nicht, nicht mal Pflanzen. Ich will es auch gar nicht erklären. Es ist mein Angebot, es ist ein gutes Angebot. Denkt drüber nach, lasst euch Zeit, checkt mich, wenn ihr wollt. Erkundigt euch nach mir, ich bin gut für euch.» Ich stand auf. Rikki taxierte mich. Hinter ihr stand jemand, der angestrengt ihr Haar betrachtete, als hoffte er, dass ihm geschähe, wie mir geschehen war. Aber die Erleuchtung wollte sich nicht einstellen.
«Ich möchte euch wirklich helfen, Rikki», sagte ich zu Rikki und stand auf. «Es ist mein Ernst, aber es ist … nicht mehr als mein Ernst …»
Fünf Minuten später brachte mich Rikki nach unten zur Haustür. Sie ging rechts vor mir die Treppe runter, in gehörigem Abstand, und hatte die Kapuze ihres Kapuzenshirts über den Kopf gezogen, als wolle sie nicht, dass ich ihr Haarnoch eine Sekunde länger betrachtete. An der Tür blieb sie stehen und drehte sich zu mir um. «Ich weiß nicht, was das alles soll und was Sie da vorhaben. Aber wir werden das in unserer Gruppe beraten, und wenn eine Mehrheit für Ihren Vorschlag ist, dann können Sie meinetwegen an meinem Haar rumfummeln. Wenn nicht, Pech für Sie.»
19
Zu Hause stand Dorit im Bad und sortierte Wäsche für die Waschmaschine. Sie rief, ich solle mal eben herkommen, und ich kam mal eben her. Dorit öffnete die Hand, und darin lag die Nippelquaste. «Lag in der Wäschetruhe. Hast du eine Ahnung, was das ist?»
«Oooch», sagte ich langsam, während mein Objektähnlichkeitssuchsystem in rasender Folge Bilder neben das Nippelhütchen hielt, «das ist so ein … Helm, so ein Spielzeughelm von Maschas Playmobilsoldaten. Darf ich mal?» Ganz alter Spielzeugexperte, sah ich mir die wohlbekannte Nippelquaste näher an. Ich hätte sie mal besser aus der Hosentasche nehmen sollen. «Jaja, das ist ein chinesischer Soldatenhelm. Erkennt man an diesem Federbusch.» Ich schnipste mit dem Finger kurz
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