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Huehnerhoelle

Huehnerhoelle

Titel: Huehnerhoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Beckmann
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wenn ich hier leben müsste.«
    Kevin bedachte ihn von der Seite mit einem langen, scheelen Blick.

9
    Die Umgehungsstraße des kleinen Orts hatte das Zeug, den Nürburgring wie einen Feldweg aussehen zu lassen. Das Haus der Kocks lag jenseits davon, von Vennebeck aus betrachtet direkt am anderen Ufer. Es war eine lang gestreckte, weiß geklinkerte Villa mit hohen schwarzbraunen Bleiverglasungen, die als Fenster dienten und wie riesige tote Augen herausglotzten. Im weitläufigen Vorgarten mit feinstem zuckerweißem Kies waren kniehohe immergrüne Sträucher und kleine Nadelbäume mit Ballonfrisuren gepflanzt. Oder vielleicht auch nur eingesteckt. Für das Haus-Vorgarten-Ensemble hatte offenbar das Kock’sche Doppelgrab Modell gestanden. Oder umgekehrt.
    Ãœber der extrabreiten Haustür schwebten zwei Überwachungskameras als elektronische Schutzengel. Zwei lebensgroße Geparden aus mattweißer Keramik bildeten die Torwache.
    Warum geht neuer Reichtum eigentlich fast unausweichlich mit Geschmacklosigkeit einher, schoss es Hufeland durch den Kopf. Und werden die ästhetischen Entgleisungen früherer Zeiten folglich nur deshalb geadelt, weil sie ein paar Jahrhunderte überdauert haben?
    Drei Garagen flankierten links das Gebäude. Vor einer stand ein jagdgrüner Geländewagen, die beiden anderen Tore waren geschlossen.
    Rechts vom Wohnhaus versperrte eine dichte mannshohe Hecke die Sicht. Ein wenig. Dahinter erhob sich unübersehbar ein Industriegebäude aus grauem Waschbeton. Aus seinem Flachdach ragten in regelmäßigen Abständen leicht gekrümmte Metallrohre in den grauen Himmel.
    Â»Siehst du das, Kevin? Hinter der Hecke!«, sagte Hufeland. Er steuerte den Wagen soeben auf die Hofeinfahrt zu, wo Wagner vor ihnen bereits gehalten hatte. Neben einer schwarzen Benz-Limousine, die vor einem halben Jahrzehnt oder so mal der letzte Schrei gewesen war.
    Â»Klar, seh ich das, Herr Hufeland«, antwortete Kevin. »Das dürfte dann wohl die Hühnermastanlage sein. Schon komisch.«
    Â»Was ist komisch?« Hufeland brachte den Wagen neben Wagner zum Stehen.
    Â»Na, dass man so gar kein Huhn hier in der Gegend sieht. Ich meine draußen, in freier Wildbahn oder so. Stattdessen hocken sie alle in dem Bau dort. Vierzigtausend Viecher. Mannomann.«
    Â»Richtig. Aber sie tun es nicht freiwillig«, lachte Hufeland. Er deutete auf die Abluftrohre, die aus dem Flachdach wuchsen. Ȇbrigens, der Gestank in der Gegend hier, Kevin, dort oben quillt er heraus.«
    Sie stiegen aus, und Kevin hielt als Erstes wieder die Nase in die Luft. »Gar nicht schlimm, eigentlich«, stellte er verblüfft fest. »Richtig gute Landluft.«
    Â»Klar. Die Abluftrohre deuten ja alle weg von hier. Hübsch in Richtung Vennebeck«, scherzte Hufeland und deutete mit dem Kopf wieder auf die Masthalle hinter der Hecke. »Entscheidend dürfte aber die Windrichtung sein«, fügte er sachlich hinzu.
    Â»Ach, interessant, dass Ihnen das sofort auffällt. Der Gewerbeaufsicht aber seit Jahren nicht«, fiel Wagner ein, der unruhig wippend neben seinem Dienstwagen auf sie gewartet hatte. »Die behaupten doch glatt, der Gestank sei normal für ein gemischtes Gewerbegebiet.«
    Â»Wieso Gewerbegebiet?«, wunderte sich Kevin. »Ich dachte, wir befänden uns in einer Ortschaft?«
    Â»Vennebecks Wohngebiet endet auf der anderen Seite der Umgehungsstraße«, erklärte Wagner und deutete zum Ortskern hinüber, Richtung Osten. »Hier an unserem Standort ist gemischtes Gewerbegebiet, so heißt das. Und für den Westwind, der den Drecksgestank aus dem Mastbetrieb oder von den Güllefeldern mitten in die Ortschaft bläst, kann der Kock ja nichts. Sagt das Gewerbeamt.« Er spuckte auf einen der Minibäume mit Pudelfrisur. »Der Kock hat sie alle gekauft. Das Landratsamt, das Bauamt, die Gewerbeaufsicht – was weiß ich. Und immer schön geholfen hat ihm damals der …«
    In diesem Moment wurde die Haustür aufgerissen.

10
    Ein dürres Gestell von einem Mann um die Fünfzig, der auch schon bessere Tage gesehen hatte, stürzte heraus. Was wörtlich zu nehmen war. Ein großer dunkler Gegenstand traf ihn auf seiner Flucht von hinten in den Rücken, brachte ihn ins Trudeln und fast zu Fall.
    Der Gegenstand, ein schwarzer lederner Damenstiefel, lag jetzt unter einem der Pudelbäume. Ein Schwall

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