Huehnerhoelle
des Lkw wurde heruntergelassen, und die Hühnerkästen wurden mit hoher Geschwindigkeit von einem orangefarbenen Gabelstapler hineingefahren. Innerhalb weniger Minuten war die gesamte Ladung verstaut, die Klappe hinten wurde wieder verschlossen, und das Hühnerschreien kam nun gedämpft aus dem Inneren des riesigen Transporters.
Plötzlich bemerkte Hufeland, dass weit hinten an der Längsseite der Anlage ein einzelner Arbeiter, von Kopf bis Fuà in Weià gekleidet, eine Schubkarre aus der Halle hinausfuhr. Er war auf dem Weg zu einigen mannshohen Mülltonnen am äuÃersten Ende des Platzes. »Schaun Sie mal, Herr Hufeland!«, zeigte Kevin schief grinsend auf ein Huhn, das sich auf der Schubkarre des Arbeiters befunden hatte und nun ausgebüxt war. Der Mann setzte laut fluchend seine Karre ab und versuchte, das flüchtige Huhn wieder einzufangen.
Sie beschlossen, sich das Spektakel aus der Nähe anzusehen. Während sie sich näherten, narrte das Huhn â ein vollkommen abgezehrtes Exemplar seiner Spezies, das bereits gerupft wie ein Suppenhuhn aussah â seinen Verfolger ein ums andere Mal.
Dann brach es von einer Sekunde auf die andere zusammen. Der Arbeiter packte es mit seinen übergroÃen schmierig-weiÃen Handschuhen unbarmherzig an den Beinen. Es zuckte und keuchte heftig, war aber zu schwach, um sich gegen sein Schicksal zu wehren. Der Mann ging mit seinem Fang zurück zur Schubkarre und zerschmetterte den Kopf des Huhns beiläufig an der rechten AuÃenseite. Den Kadaver warf er achtlos wieder auf die Karre.
Hufeland und Kuczmanik waren nun nahe genug, um zu erkennen, dass sich nichts anderes darin befand als eine Ladung Hühnerleichen, die aussahen, als seien sie zuvor gehäckselt worden.
Der Mann fuhr die tote Masse Huhn zu den Mülltonnen, um sie darin mit beiden Händen zu entsorgen. Auf dem Rückweg trottete er gleichmütig an den beiden Männern vorbei, ohne sie auch nur anzublicken. Der Arbeiter, dachte Hufeland, wirkte äuÃerlich bereits so tot wie die Hühner, die er soeben entsorgt hatte wie irgendeinen Kehrichthaufen.
Kevin war inzwischen an die benutzte Mülltonne herangetreten und öffnete sie. Er hielt den Deckel auf und rief: »Himmel, nein! Kommen Sie mal, Herr Hufeland, schaun Sie sich das an.«
Das entlaufene Huhn war gar nicht tot, stellten sie fest. Es lag schwer atmend auf dem Kadaverberg seiner toten Leidensgenossen.
Hufelands Puls begann zu rasen. »Diese Monster! Verflucht! Los, komm, Kevin!«
14
Der Arbeiter war durch die schmale eisengraue Tür des Seiteneingangs wieder in der Hühnerhalle verschwunden. Hufeland folgte ihm wütend mit Siebenmeilenschritten, der kleine Kuczmanik keuchte hinterdrein. Sie ignorierten die Warnung âºZutritt verbotenâ¹ und betraten einen fensterlosen, neonbeleuchteten Vorraum. In hohen Metallregalen linkerhand standen allerlei Gerätschaften, an der Wand gegenüber lehnten zerrissene, hellbraune Papiersäcke, offenbar schadhaft gewordene Futtermittel für die Tiere.
Hufeland fasste sich unwillkürlich an die Kehle. Der Pestgestank, der über ganz Vennebeck lag â hier verdichtete er sich plötzlich zu einer aggressiven säuerlichen Mischung. Wie Magensäure, die sich in ein ätzendes Gas verwandelt hatte.
Kevin Kuczmanik schien der Gestank weniger auszumachen. Ihn plagte die sommerliche Temperatur, die in dem Raum herrschte.
»Das sind ja mindestens fünfundzwanzig Grad hier drinnen!«, schimpfte er. »Wenn nicht sechundzwanzig, siebenundzwanzig.«
Kevin nahm für die Feinjustierung seiner Schätzung sogar den Zeigefinger als Thermometer zu Hilfe. Das sah wirklich komisch aus, und Hufeland lächelte hinter dem Ãrmel seines Mantels, den er sich vor die Nase hielt.
Eine weitere grau gestrichene Eisentür wartete auf sie. Und nach dieser Vorhölle ahnten sie, dass sich dahinter wohl kaum das Hühnerparadies von Vennebeck befinden würde.
Sie betraten eine Halle, die wie das Universum keinen Anfang und kein Ende zu haben schien. Und kein Licht, das von auÃen hereinfiel. Meterlange Neonröhren ersetzten das, was im All die Sterne machen, ähnlich dunkel war â wegen der riesigen Dimension â das Ergebnis.
Der Gestank war seltsamerweise weniger brechreizend als im Vorraum. Zu irgendetwas mussten die Lüftungsschächte unterm Dach ja gut sein. Dafür erreichte die
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