Huehnerhoelle
genommen hatten, lag an zwei Dingen: Erstens, sie hatten extreme Nachwuchssorgen, auch wenn sie es nicht zugaben. Und zweitens (viel wichtiger), er hatte einen IQ weit jenseits der langweiligen hundert Punkte, die Durchschnitt waren, bei der Polizei wie überall. »Man siehtâs Ihnen weià Gott nicht an, Kuczmanik«, hatte der Testleiter damals zu ihm gesagt, »aber Sie sind eine verdammte Intelligenzbestie.«
Als solche fiel er jedoch selten auf, eben wegen seines ÃuÃeren. Wer dick war, galt eben auch als dumm und gefräÃig. Das war es doch, was die Leute dachten.
Auch in diesem Augenblick, da er sich mit seiner Leidensmiene stumm in Wagners Blickfeld schob, machte er keine gute Figur.
Doch der Auftritt tat seine Wirkung.
In den nächsten zwei Sekunden hatte Wagner seine Zigarette ausgedrückt, sich die Kabel aus den Ohren gerissen und die Wagentür aufgestoÃen, um auszusteigen. Die plötzliche kühle Feuchtigkeit um den Kopf herum zeigte ihm jedoch, dass er noch nicht wieder komplett war. In einer weiteren Sekunde hatte er die Mütze vom Schaltknüppel geangelt, und nun meldete er sich gewissermaÃen förmlich zurück zum Dienst. Wenngleich er den Eindruck machte, als würde er noch leicht nachwippen im Takt seiner entstöpselten Musik.
»Haben Sie eigentlich eine Ahnung, Wagner, was sich dort drüben abspielt?« Hufeland wies mit dem ausgestreckten Arm in Richtung Hühnermastanlage jenseits der hohen Hecke.
»Jetzt sagen Sie bloÃ, Sie waren in der Halle! Wie haben Sie denn das geschafft?«, staunte der Ãrtliche.
»Spielt keine Rolle. Sie sind mir dafür verantwortlich, Wagner, dass jemand Amtliches herkommt und sich die Sauerei anschaut. Die reinste Tierquälerei. Unglaublich.«
Wagner winkte ab und stand jetzt wieder bequem. »Was glauben Sie, wie oft wir das Veterinäramt schon informiert haben, Herr Hufeland.«
»Und?«
»Einmal ist tatsächlich ein hohes Tier von denen erschienen. Soweit ich weiàâ Genaues erfährt man von denen ja nicht â, ist nur die Bodenstreu beanstandet worden. Zu feucht oder so. Sonst war alles in Ordnung.«
»Wird denn von keiner anderen Stelle kontrolliert?«
»Natürlich wird â kontrolliert.« Wagner kotzte das Wort geradezu aus. »Von unserem Doktor Eisenbart, ch-ch.« Er lachte (vermutlich) und erklärte es: »Ich meine Doktor Wenning, er ist unser Tierarzt in Vennebeck. Von Kock beauftragt, wenn die Viecher krank werden. Und natürlich auch von ihm bezahlt.« Wagner machte eine effektvolle Pause. »Alles in Ordnung, sagt Wenning. Vor allem das hier ist für ihn in Ordnung.« Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
Hufeland überlegte. Konnte in diesem Fall nicht auch Wirtschaftskriminalität Hintergrund des Verbrechens sein? Vielleicht gingâs um Geld, Bestechung, anschlieÃende Erpressung? Etwas in der Preisklasse?
Er wandte sich an Kevin Kuczmanik und bat ihn, sich später bei den Kollegen von der Wirtschaftskriminalität zu erkundigen, ob Kocks Name in dieser Hinsicht schon mal aufgefallen war.
Kevin Kuczmanik schaute etwas verlegen drein und wurde rot.
»Wasâ los, Kevin?«, wollte Hufeland wissen.
»Ich, ähm, hab schon angerufen. Ganz früh heute Morgen, als Sie noch unterwegs zum Tatort waren.«
Hufeland blickte ihn staunend an.
»Ja, ich kenne die Leute von der Wirtschaftskrim bei uns im Haus ganz gut, hab ja mein erstes halbes Jahr dort verbracht, und da dachte ich, weil der Kock doch Unternehmer war, kann es vielleicht nicht schaden â¦Â«
»So, dachtest du.« Er setzte eine strenge Miene auf. Es schien, als hätte er den kleinen Kuczmanik bislang unterschätzt.
»Entschuldigung.«
Hufeland kniff die Augen zusammen. Eigenmächtigkeiten von Auszubildenden konnte er selbstverständlich nicht dulden, er verlangte Teamgeist, Loyalität. Andererseits schätzte er selbstständiges Denken. Umso mehr, als es so selten vorkam. Bei der Polizei wie überhaupt. Und dieser Junge hier hatte nicht nur mit-, sondern gleich vorausgedacht. Er beschloss, Kevin Kuczmaniks Eigenmächtigkeit zu ignorieren und fragte: »Also? Was hast du rausgekriegt, Kevin?«
Kevin lieà erleichtert die Luft raus, die er angehalten hatte. »Ja, also Kemper von der Wirtschaft â¦Â«
» Hauptkommissar Kemper heiÃt das, Kevin.«
»Sorry, also der
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