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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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wahrlich nicht gemangelt. Das Problem lag ganz woanders. Es ging um die Kuppel. Die soll nämlich größer und prachtvoller werden als alles, was die Menschheit je gesehen hat. Die Dombaumeister wussten sich jedoch keinen Rat, wie sie so etwas bauen sollten, ohne dass die ganze Kirche einstürzt.«
    »Aber nun wird doch weitergebaut«, sagte Tessa mit Blick auf die Baugerüste und die Menschen, die klein wie Ameisen aussahen, wie sie dort auf Laufstegen und Leitern in schwindelerregender Höhe herumkrabbelten.
    »Ja, denn vor vier Jahren hat unser Baumeister Filippo Brunelleschi endlich die Lösung gefunden. Frag mich nicht, welche, aber wie du siehst, werden wohl noch einige Jahre vergehen, bis die Kuppel endlich geschlossen ist.«
     
    Die Sonne berührte schon fast die Hügel im Westen der Stadt, als die kleine Karawane schließlich den Mauerring und das Stadttor Porta al Prato erreichte.
    Es dauerte eine Weile, bis alle notwendigen Steuern für die einzuführenden Waren entrichtet waren und die Zollinspektoren die Fuhrwerke und die Maulesel durch das tiefe Tor in die Stadt ließen. Mittlerweile war die Abenddämmerung angebrochen und die hohen Häuser beiderseits der breiten Straße warfen dunkle Schatten.
    Tessa war nach dem langen Reisetag in brütender Hitze zu müde, um dem trotz der späten Stunde noch immer geschäftigen Treiben auf den Straßen und Plätzen sonderlich viel Beachtung zu schenken. Ihr fiel jedoch auf, dass prächtige Palazzi mit stolzen Fassaden direkt neben gewöhnlichen Werkstätten, Läden und recht armselig aussehenden Wohnhäusern standen. Das kannte sie aus Venedig nicht, wo die Paläste der Adeligen und Reichen an den Kanälen standen, wohingegen die Armen in engen Gassen und Hinterhöfen wohnten.
    Von Pippo Truffano erfuhr sie, dass das Haus ihrer neuen Herrschaft in einem Stadtviertel namens Santa Maria Novella stand, benannt nach der gleichnamigen Kirche. »Das Viertel ist fest in der Hand von ein paar Familien, die zu den reichsten und mächtigsten der Stadt zählen: die Strozzi, die Pazzi und die Corsini. Nur die Albizzi und vor allem die Medici, die drüben in der Pfarre von San Giovanni den Ton angeben, können ihnen das Wasser reichen.«
    Kurze Zeit später hatten sie das Anwesen des Glaswaren- und Teppichhändlers Benvenuto Panella erreicht. Von einem Bediensteten wurde ein breites, doppelflügeliges Tor zu einem großen Innenhof geöffnet, sodass die Fuhrwerke hineinfahren konnten. Rechter Hand wurde der Hof von der Rückseite eines zweistöckigen Wohnhauses begrenzt.
    Tessa hatte nicht viel Zeit, sich von Pippo Truffano zu verabschieden. »Ich danke Euch. Ihr seid immer sehr freundlich zu mir gewesen. Das werde ich Euch nie vergessen«, sagte sie schnell. Der väterliche Fuhrmann nickte ihr gütig zu und Tessa wandte sich mit Tränen in den Augen um und folgte dem Bediensteten, der sie in Empfang genommen hatte, ins Haus.
    Eine mürrisch dreinschauende Frau in einem violett schimmernden Seidenkleid bedachte sie mit einem kurzen prüfenden Blick und rief dann, ohne auch nur nach ihrem Namen gefragt zu haben, eine ältere, verhärmt aussehende Frau zu sich.
    »Gemma, sieh zu, dass sie sich ordentlich wäscht und ein sauberes Kleid anzieht«, sagte sie mit befehlsgewohnter Stimme. »Und dann bring sie hinauf zu meiner Tochter!«
    »Sehr wohl, Donna Simona!«
    Tessa wurde in einen Nebenraum geschoben, wo sie sich unter den aufmerksamen Blicken der alten Frau waschen und umziehen musste.
    »Ich heiße Gemma«, sagte sie mit müder Stimme. »Ich bin schon seit vielen Jahren in diesem Haus, seit der Hochzeit meiner Herrin. Später werde ich dir sagen, was du wissen musst. Aber nun beeil dich. Fiametta, die junge Herrin, wartet nicht gern.«
    Wenig später folgte Tessa der alten Zofe hinauf in das Obergeschoss. Sie trug ein schlichtes Kleid aus hellgrauem Stoff, ihr Haar war frisch frisiert.
    Der Weg führte über einen mit Steinplatten ausgelegten Säulengang. Durch die Arkaden zu ihrer Linken blickte sie in einen kleinen begrünten Innenhof hinunter. Kurz bevor der Gang nach links weiterführte, blieb Gemma vor einer Tür stehen und drehte sich zu Tessa um.
    »Du tust gut daran, von Beginn an einen möglichst guten Eindruck auf Fiametta zu machen«, sagte sie leise und es klang wie eine Warnung.
    Tessa nickte beklommen.
    Gemma klopfte an die Tür, öffnete sie und trat ins Zimmer. »Fiametta, Eure Sklavin aus Venedig ist eingetroffen.«
    »Endlich! Ich habe ja auch lange genug

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