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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Lebtag lang getan, Jacopo«, sagte der Mann mit leiser Stimme und hob den Kopf.
    »Himmel und Hölle!«, entfuhr es Jacopo, als er das rußverschmierte Gesicht unter der Kapuze erkannte. »Du hast es wirklich gewagt!«
    »Hast du nach deinem Brief etwas anderes erwartet?«
    Jacopo sah sich hastig um. »Los, geh durch die Seitengasse zur Hintertür. Ich warte dort auf dich. Der Allmächtige stehe dir bei, wenn einer dich in der Stadt erkennt!«
    Wenig später huschte der Mönch durch die Hintertür ins Haus und folgte Jacopo über die Treppe hinauf ins obere Stockwerk. Erst dann schlug er die Kapuze zurück.
    Jacopo grinste breit. »Du hast dir ja eine richtige Tonsur verpassen lassen!«
    Sandro fuhr sich mit der Hand über seinen kahl geschorenen Schädel, den nur noch ein schmaler Haarkranz umgab. »Das wächst wieder nach. Um als Mönch durchzugehen, blieb mir gar nichts anderes übrig, als mich unter das Messer eines Barbiers zu begeben«, sagte er. »Aber genug von mir. Sag mir lieber, wie es Tessa geht. Was können wir tun?«
    »Nun mal langsam.« Jacopo drückte Sandro auf einen Stuhl. »Hol erst mal Atem und lass mich für einen Krug von meinem Besten sorgen! Dann erzähle ich dir alles.«
    »Beeil dich!«, drängte Sandro. »Ich bin schon ganz krank vor Sorge und Angst um Tessa und unser Kind. Schon fast ein halbes Jahr lang ist sie eingekerkert und hat den Tod vor Augen und ich bin im fernen Venedig, ohne zu ahnen, welche Qualen sie erleiden muss. Wie konntet ihr mich nur so lange im Ungewissen lassen?«
    »Wir hatten gute Gründe, dir nichts zu verraten. Carmela hat Tessa hoch und heilig schwören müssen, dass du nichts davon erfahren sollst. Und ich musste es Carmela versprechen«, verteidigte Jacopo sich. »Tessa wollte auf keinen Fall, dass du ihretwegen Venedig verlässt und dich damit in tödliche Gefahr begibst. Außerdem: Was hättest du schon ausrichten können?«
    Sandro zuckte hilflos mit den Achseln. Auf dem tagelangen Ritt nach Cafaggiolo, als er den Männern seiner Eskorte kaum genug Zeit zum Schlafen gelassen hatte, war ihm dieselbe Frage immer wieder durch den Kopf gegangen. Aber was er in Gedanken an möglichen Schritten zu Tessas Rettung durchgespielt hatte, hatte er stets als undurchführbar verwerfen müssen. »Was ist geschehen, dass sich Tessa nun anders besonnen hat?«
    Jacopo schüttelte den Kopf. »Tessa weiß nichts von dem Brief. Carmela und ich haben beschlossen, unseren Schwur zu brechen und damit unsere makellose Ehre zu beschmutzen«, sagte er mit einem spöttischen Grinsen. »Aber das erzähle ich dir gleich. Jetzt hole ich uns erst mal einen Krug Wein. Ich schätze, wir haben eine lange Nacht vor uns.«
    Unruhig ging Sandro in dem kleinen Zimmer auf und ab und wartete auf die Rückkehr des Freundes. Allmählich brach der Abend herein. Laute Stimmen drangen aus den Gassen zu ihm herauf. Die Menschen dort unten lachten und scherzten und freuten sich auf die geruhsamen Nachtstunden. Wie er sie um dieses unschuldige Glück beneidete! Gleichzeitig ballte er seine Fäuste, wenn er sich vorstellte, dass Tessa ganz in der Nähe in einem finsteren Kerker saß und vielleicht gar nicht wusste, dass es Abend war.
    Wo Jacopo nur blieb? Ungeduldig sah Sandro zur Tür und endlich öffnete sie sich.
    Wenig später saßen sie vor gefüllten Bechern beisammen.
    »Als Erstes müssen wir alle Möglichkeiten durchgehen, wie wir Tessa aus dem Kerker herausholen können«, schlug Sandro vor. »Egal, wie abwegig sie uns erscheinen.«
    Jacopo verzog das Gesicht. »Abwegig ist gut! Wenn du Wunder erwartest, bist du besser damit beraten, in die Kirche zu gehen und alle Heiligen um Beistand anzuflehen, deine Tessa kraft göttlichen Eingreifens aus dem Gefängnis zu holen«, antwortete er verdrossen. »Das Kind ist das eine – aber Tessa …« Er brach ab und drehte verlegen den Becher in der Hand.
    »Was meinst du damit?«, fragte Sandro lauernd.
    »Nun, Lionetto Vasetti gehört zwar nicht länger zu den Prioren, aber er ist immer noch ein verteufelt mächtiger Mann in der Stadt. Deshalb wird es uns nicht gelingen, den Kerkermeister Vicenzo Moravi oder irgendeinen seiner Wärter zu bestechen, damit wir Tessa heimlich an ihnen vorbei aus dem Kerker bringen können.«
    »Auch nicht, wenn ihnen das ein hübsches Vermögen einbringt? Ser Cosimo hat mir reichlich Goldstücke mit auf die Reise gegeben«, sagte Sandro, griff unter die Kutte und brachte drei zum Bersten gefüllte Geldbörsen zum Vorschein. Er

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