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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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um.
    »Du bist ja bleich wie der Tod«, sagte Cosimo besorgt. »Was ist geschehen?«
    »Der Brief ist von einem Freund. Tessa sitzt im Kerker!«, stieß Sandro mit zitternder Stimme hervor. »Lionetto Vasetti hat seine Frau ermordet und mit einer perfiden List Tessa das Verbrechen angehängt. Sie wäre schon längst hingerichtet worden, wenn sie nicht in anderen Umständen wäre. Sie trägt mein Kind unter dem Herzen! Und wenn sie es im Gefängnis zur Welt gebracht hat, wird man sie zum Galgen führen!«
    Cosimo war im nächsten Moment bei ihm, nahm ihm den Brief aus der Hand und las ihn mit erst ungläubiger, dann mit bestürzter Miene. Schließlich legte er ihn beiseite und rieb sich die Stirn. »Von Vasetti war ja nichts anderes zu erwarten«, murmelte er. »Doch für dich, mein Freund, tut es mir sehr leid.«
    »Ich muss sofort nach Florenz!«
    »Das wirst du besser bleiben lassen!«, widersprach Cosimo. »Du bringst dich damit in Lebensgefahr! Muss ich dir erst in Erinnerung rufen, dass auf Verlassen des Verbannungsortes die Todesstrafe steht? Damit ist weder dir noch deiner Tessa geholfen. Zudem hat dein Freund in seinem Schreiben angedeutet, dass er eine Möglichkeit sieht, euer Kind zu retten.«
    »Aber es steht nichts davon darin, dass er eine Möglichkeit sieht, Tessa vor der Hinrichtung zu bewahren!«, stieß Sandro hervor. »Bis zu ihrer Niederkunft sind es nur noch wenige Monate. Ich kann unmöglich hier in Venedig untätig herumsitzen und auf die Aufhebung der Verbannung hoffen!«
    Er warf Cosimo einen verzweifelten Blick zu. Die Miene des Älteren zeigte nicht, was er dachte, und Sandro fühlte, wie ihm das Herz sank, während zugleich Trotz in ihm erwachte. Er wandte sich ab. Wenn Cosimo vorhatte, ihn jetzt vor die Wahl zu stellen, sich zwischen den Medici und Tessa zu entscheiden, er wüsste, wie sein Urteil ausfallen würde. Schon so oft hatte er sein Leben dem Dienst der Medici untergeordnet, aber diesmal, diesmal würde er die Liebe wählen! Ja, Sandro Fontana würde alles aufgeben, das er jemals erreicht hatte, wenn er nur Tessa und das Kind retten könnte!
    Grimmig wandte er sich zu Cosimo um, doch der stand nicht mehr neben dem Schreibtisch. Er hatte die Tür geöffnet und sprach mit einem Diener. »Hol mir den Mönch, der im Kloster für seine Mitbrüder das Amt des Barbiers ausübt!«, trug er ihm auf. Dann drehte er sich zu Sandro um und nickte ihm zu. »Ich verstehe, was dich treibt, Sandro. Und ich wünsche dir Glück auf deiner Reise«, sagte er schlicht, bevor sich seine undurchdringliche Miene zu einem leichten Lächeln verzog. »Aber da ich, wie du ja sehr wohl weißt, mich niemals allein auf das Glück verlasse, gebe ich dir eine starke Eskorte bis zu einem meiner Landgüter in der Nähe von Florenz mit. Und eine gute Verkleidung kann auch nicht schaden, was meinst du?«
    Sandro atmete tief durch und wollte gerade seinem Dienstherrn von ganzem Herzen danken, als Cosimo schon aus dem Zimmer eilte, um das Nötigste zu veranlassen. Sandro blieb mit offenem Mund zurück und fragte sich, wann wohl der Tag kommen würde, an dem Cosimo de’ Medici ihn einmal nicht überraschen würde.

13
    J acopo fluchte leise vor sich hin, während er mit einem Reisigbesen Schmutz und Abfälle aus dem Schankraum zur Tür hinausfegte. Sein Gehilfe Tribaldo, der eigentlich diese Arbeiten zu erledigen hatte, hatte ihm am Morgen unerwartet den zugegebenermaßen schlecht bezahlten Dienst aufgekündigt und sich einer Gruppe von Fahrenden angeschlossen. Und die beiden Frauen, die ihm die Küche im Lombrico führten und die Gäste bedienten, hatten Wichtigeres zu tun, als zum Besen zu greifen. Bald würde die Sonne untergehen und dann würden die Arbeiter von den zahllosen Bauplätzen und aus den Läden, Werkstätten und Tuchmanufakturen in die Schenke strömen, um möglichst schnell den ersten Becher Wein durch ihre durstigen Kehlen fließen zu lassen.
    Jacopo wollte gerade wieder zurück in den Gastraum gehen, als sich ihm ein Mönch in einer schmutzstarrenden, abgewetzten braunen Kutte näherte. Er hielt eine Bettelschale in der Hand. Trotz des warmen Wetters hatte er die Kapuze tief über das Gesicht gezogen.
    »Bleib erst gar nicht stehen und spar dir deinen frommen Spruch, Kuttenträger!«, rief Jacopo dem Bettelmönch zu. Er war nicht in der Stimmung, Almosen zu verteilen. »Versuch es zur Abwechslung mal mit ehrlicher Arbeit!«
    Der Mönch blieb dennoch vor ihm stehen. »Nichts anderes habe ich mein

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