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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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und trat zu ihm.
    Unwillkürlich fiel sein Blick auf all die Papiere, die Cosimo vor sich ausgebreitet hatte. Viele trugen die Siegel der Signoria und der Balia. Zwei dieser Blätter enthielten Namenslisten. Über der einen Spalte stand Verbannung, über der anderen Hinrichtung/lebenslanger Kerker. Die erste Liste war offenbar mehrere Spalten lang, die andere war verhältnismäßig kurz. Und darauf las er den Namen Lionetto Vasetti.
    Cosimo war Sandros Blick nicht entgangen. »Die Balia und die Signoria scheinen entschlossen zu sein, Florenz mit dem eisernen Besen zu kehren und mir die unschöne Arbeit abzunehmen«, sagte er und wies auf die lange Liste. »Obwohl ich sagen muss, dass selbst mir es reichlich übertrieben erscheint, gleich Hunderte von Bürgern ins Exil zu schicken. Ich fürchte, da muss ich mehr Augenmaß anmahnen. Andernfalls werden wir Medici schnell in den verhängnisvollen Ruf kommen, wir würden wie Diktatoren vorgehen. Und damit kann uns wahrlich nicht geholfen sein. Niemals darf der Eindruck entstehen, dass wir wie allmächtige Fürsten über Florenz herrschen. Unsere Verfassung muss gewahrt bleiben. Wir halten uns im Hintergrund.« Er lächelte feinsinnig, als er fortfuhr: »Was natürlich nicht ausschließt, dass wir die Verfassung vorsichtig ändern, damit wir uns stets einer uns wohlgesinnten Signoria sicher sein können.«
    Sandro verstand sehr gut, was Cosimo zu tun beabsichtigte, hatten sie in Venedig doch oft darüber gesprochen. Er würde dafür sorgen, dass aus den Wahlbeuteln alle Namen entfernt wurden, auf deren Unterstützung das Haus Medici nicht zählen konnte, und sie durch getreue Anhänger ersetzen.
    »Eines verstehe ich nicht, Cosimo.«
    »Und das wäre?«
    »Ich erinnere mich noch gut daran, was Ihr zu mir gesagt habt, als wir ins Exil gegangen sind und bei Pistoia auf dem Berg Rast gemacht haben. Ihr habt gesagt, dass man einen mächtigen Mann nicht anrühren darf, und wenn man es doch tut, muss man ihn unbedingt vernichten. Ein für alle Mal.«
    Cosimo nickte. »Wenn man nach der Macht greift, darf man sich nicht scheuen, grausam zu sein.«
    »Aber dennoch habt Ihr zugelassen, dass man Euren ärgsten Feind, Rinaldo degli Albizzi, nur in die Verbannung schickt«, wandte Sandro ein. »Befürchtet Ihr nicht, dass er und seine Anhänger aus dem Exil heraus Intrigen gegen Euch spinnen und noch einmal versuchen werden, Euch nach dem Leben zu trachten?«
    Cosimo schmunzelte. »Sicherlich wird er das versuchen, es wird ihm aber nicht gelingen. Mit seiner Verbannung kann ich sehr gut leben. Rinaldo degli Albizzi ist nie ein mächtiger Mann gewesen, den man ein für alle Mal vernichten muss. Er hat sich zwar dafür gehalten, aber er hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt«, erklärte er. »Auf einen aristokratischen Namen und einen großen Grundbesitz lässt sich heute nichts bauen, was Bestand haben kann. Die wahre Macht ruht auf kräftigen Säulen aus Gold und auf einem Kreditwesen, das über alle Ländergrenzen hinweg Verbündete schafft. Für Gold kann man Söldnerheere, Städte und Stimmen kaufen. Und das hat Rinaldo degli Albizzi nicht begriffen.« Cosimo stand auf. »Aber nun Schluss damit. Ich habe dir etwas viel Wichtigeres mitzuteilen und zu geben.«
    »Wartet bitte einen Augenblick«, bat Sandro ihn. Er zog die Feder aus dem Tintenfass und machte auf der Liste Hinrichtung/lebenslanger Kerker einen Strich durch den Namen Lionetto Vasetti.
    »Woher auf einmal diese unangebrachte Milde?«, fragte Cosimo verwundert. »Dieser Mann hat den Tod verdient.«
    »Dieser Federstrich ist kein Zeichen von Milde. Der Name Lionetto Vasetti gehört nicht mehr auf diese Liste. Seine Hinrichtung ist schon letzte Nacht erfolgt«, erwiderte Sandro.
    Cosimo sah ihn forschend an. Dann hoben sich seine Mundwinkel und er lächelte kaum merklich. »Du hast viel gelernt in den sieben Jahren, die du nun in meinen Diensten stehst. Und ich muss sagen, dass du meine Erwartung nicht nur erfüllt, sondern weit übertroffen hast.«
    »Ich hatte ja auch einen exzellenten Lehrmeister.«
    »Und der wird dir erhalten bleiben«, versicherte Cosimo. Er griff zu einer Pergamentrolle mit mehreren Siegelbändern und reichte sie Sandro. »Nimm das bitte als vorgezogenes Geschenk zu deiner Hochzeit.«
    »Was ist es?«
    Cosimo schmunzelte. »Nur ein kleines Zeichen meiner außerordentlichen Wertschätzung.«
    Sandro entrollte das Pergament. »Ihr habt mir …?« Ungläubig starrte er auf das beurkundete Dokument.

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