Hüter des Todes (German Edition)
brannte in der Energieverteilstation kein Licht – sie lief ohne menschliches Zutun. Der einzige Grund, warum jemand dort hineinmusste, war die Durchführung von Reparaturen. Aber wenn es einen Fehler in der elektrischen Anlage gegeben hätte, hätte er als einer der Ersten davon erfahren. Er machte einen weiteren Schritt nach vorn.
«Hallo?», sagte er in die Dunkelheit hinein. «Ist da jemand?»
Wurde er langsam verrückt, oder hatte er gerade ein schwaches Licht tief in der Station gesehen, das beinahe im gleichen Moment wieder erloschen war?
Er leckte sich die trockenen Lippen und trat durch die Luke in die Verteilstation. Was zum Teufel … er stand tatsächlich in einer Wasserlache. Was hatte das zu bedeuten? Hatte sich etwa irgendwo ein Leck gebildet?
Er machte einen weiteren Schritt nach vorn, während er gleichzeitig nach dem Lichtschalter tastete. «Hallo? Ist da je-»
Im Bruchteil einer Sekunde explodierte die Welt um ihn herum und löste sich in einem Ansturm aus Schmerz und wütendem, alles überstrahlendem Weiß auf.
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25
Um halb zehn am nächsten Morgen summte der Apparat für interne Gespräche in Logans Büro.
Er nahm den Anruf beim dritten Summton an. «Logan hier.»
«Jeremy? Ich bin es, Porter Stone. Störe ich Sie bei irgendwas?»
Logan richtete sich auf. «Nichts, das nicht warten könnte.»
«Dann kommen Sie doch bitte in die Einsatzzentrale. Es gibt hier etwas, das Sie sich ansehen sollten.»
Logan speicherte die Datei, an der er gesessen hatte – einer Zusammenfassung seiner Unterhaltung mit Hirshveldt am Abend zuvor –, dann erhob er sich und verließ sein Büro.
Er musste unterwegs zweimal nach dem Weg fragen, bevor er die Einsatzzentrale gefunden hatte. Die Besatzung schien ziemlich nervös an diesem Morgen, was nicht weiter überraschend war. Am Abend zuvor hatte ein Kommunikationstechniker namens Perlmutter einen lebensgefährlichen Stromschlag erlitten, an dem er beinahe gestorben wäre. Logan hatte sich die Geschichte aus zahlreichen Gesprächsfetzen zusammengereimt, die er während des Frühstücks gehört hatte: Wie der Mann in eine Wasserpfütze getreten war, in der ein unter Strom stehender elektrischer Draht gelegen hatte. «Es war Fontaine, sein Boss, der ihn gefunden hat», hatte Logan jemanden sagen hören. «Grässlich. Als wäre er von oben bis unten mit Ruß bedeckt, ganz schwarz von den elektrischen Verbrennungen.»
Logan war sofort eine Zeile aus dem Fluch Narmers in den Sinn gekommen. Seine Gliedmaßen werden sich in Asche verwandeln. Doch er wollte erst in Ruhe darüber nachdenken, ehe er mit jemandem darüber redete.
Im Gegensatz zur vorangegangenen Tragödie beim Stromgenerator hatte es diesmal keine Besprechung gegeben, um den Unfall zu analysieren und die Ursache festzustellen. Logan nahm an, dass bis jetzt noch niemand Zeit gefunden hatte, einen Termin zu suchen – oder das Meeting war den obersten Führungsebenen vorbehalten. Logan wusste, dass der Zustand des Technikers ernst war und dass er unter ständiger ärztlicher Beobachtung durch Ethan Rush stand.
Wie sich herausstellte, hatte Logan die Einsatzzentrale, tief im Innern von Sektion Weiß, schon einmal besucht. Es war der große Raum voller Monitore, in dem Cory Landau, das Jüngelchen mit dem Zapata-Schnurrbart, in seinem futuristischen Cockpit saß. Auf einem großen Bildschirm sah Logan das Drahtgittermodell, das den Fortschritt der Unterwassererkundung zeigte. Die kartographierte Fläche war seit Logans erstem Besuch um einiges größer geworden. Um Landau herum hatten sich Porter Stone, Christina Romero und Fenwick March gruppiert. Alle starrten auf den größten Bildschirm, auf dem etwas zu sehen war, das in Logans Augen aussah wie grüne dicke Suppe, hin und wieder von Bildrauschen überlagert.
Bei seinem Eintreten hob Stone den Blick. «Ah, Jeremy. Kommen Sie, werfen Sie einen Blick auf das hier.»
Logan gesellte sich zu den anderen. «Was gibt es denn?»
«Skelette», sagte Stone in einem beinahe ehrfurchtsvollen Flüsterton.
Logan betrachtete den Bildschirm mit zunehmendem Interesse. «Wo genau ist das?», wollte er wissen.
«Planquadrat H fünf», murmelte Stone. «Fünfzehn Meter unter der Wasseroberfläche.»
Logan sah zu Christina Romero, die auf den Bildschirm starrte und geistesabwesend mit ihrem Füllfederhalter spielte. «Und wie weit ist es vom ersten Skelett entfernt?»
«Ungefähr zwanzig Meter. Genau in der Richtung, die ich vorgeschlagen
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