Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
kannst du mich das fragen?« Sie konnte das plötzliche Aufflackern ihres Zorns nicht verhindern. Diese Woge von Wut ließ sich unmöglich unterdrücken. »Du hast meinen Bruder foltern lassen. Ihn ermorden lassen. Hast du etwa geglaubt, dafür würde ich dich lieben?«
Er schüttelte den Kopf und diese großen dunklen Augen bohrten sich weiterhin in ihre. »Das war einzig und allein seine Entscheidung. Meine Männer hatten den Befehl, ihn gehen zu lassen, sowie er ihnen sagt, wo du bist. Mehr brauchte er nicht zu tun, um seine Freiheit zu erlangen und am Leben zu bleiben. Nur um diese Kleinigkeit habe ich ihn gebeten, aber er hat sich geweigert. Ich lasse mir von dir nicht die Schuld an seinem Tod zuschieben. Das war ganz allein seine Entscheidung.«
Sie machte den Mund auf, brachte aber keinen Ton heraus. Sie konnte ihm anmerken, dass er kein Verständnis dafür hatte, warum sie seinen Standpunkt nicht einsehen wollte. Er hielt sich für vernünftig. Judith schüttelte den Kopf. »Du bestreitest noch nicht einmal, dass du deine Männer angehalten hast, ihn zu foltern.«
Er stach wieder mit seinem Finger in die Luft. »Du bist mir weggelaufen. Ohne jede Nachricht, ohne jede Erklärung. Du hast dich einfach aus dem Staub gemacht. Was hast du denn erwartet, mon amour ? Dass ich das tatenlos hinnehme?« Er stellte sich dichter vor sie und sie fühlte seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht. »Du gehörst mir. Mir . Du machst nicht einfach Schluss mit mir. Niemals. Das lasse ich nicht zu, Judith. Ich dulde es nicht.«
»Du warst in diesem Raum, Jean-Claude. Ich habe gesehen, wie du deinen Männern gesagt hast, sie sollen diesen armen Mann verletzen. Er hat um Erbarmen gefleht.«
»Er hat mich bestohlen . Du hättest das nicht sehen sollen. Es war nicht für deine Augen bestimmt. Und du hättest zu mir kommen und mit mir reden sollen.«
»Ich hatte Angst.«
»Vor mir? Wie konntest du Angst vor mir haben?« Er wirkte ehrlich schockiert. »Ich habe dir gegenüber nichts anderes als Liebe an den Tag gelegt. Ich bin vorsichtig mit dir umgegangen, ganz vorsichtig. Du warst noch so jung und das konnte ich verstehen.« Er packte ihren Arm und drängte sie wieder ins Haus. »Natürlich hat das, was du gesehen hast, ein unschuldiges Mädchen wie dich damals überwältigt. Aber du hättest zu mir kommen sollen.«
»Bloß weil du sauer auf jemanden bist, geht es noch lange nicht in Ordnung, denjenigen zu foltern und zu ermorden, Jean-Claude.«
Sein Gesicht verfinsterte sich vor Ungeduld. »Du kommst mit mir, und diesmal, mon amour , wirst du tun, was man dir sagt. Ich werde dich rund um die Uhr bewachen lassen, bis dir klar wird, wo dein Platz ist.«
Judith stolperte, als er sie in das Studio stieß. Sie hielt sich an einer Tischkante fest und drehte sich langsam zu ihm um.
»Man kann sich wirklich auf dich verlassen«, sagte Jean-Claude und sah sich in ihrem Studio um. »Meine fleißige kleine Judith, die immer verantwortungsbewusst handelt. Ich wusste, dass du diese Bilder retten wollen würdest und dass du in dein kleines Studio eilen würdest, um sie wieder in Ordnung zu bringen.« Er versetzte einer der Leinwände einen Stoß. »Und natürlich hast du genau das getan. Auch malst du nie, ohne die Türen zu öffnen und frische Luft reinzulassen. Ich brauchte nichts weiter zu tun, als zu warten. Siehst du, wie gut ich dich kenne?«
Der Triumph in seiner Stimme ließ sie zusammenzucken. Sie hatte wirklich genau das getan, was er sich vorgestellt hatte. Wut wallte in ihr auf und sie presste sich eine Hand auf den Bauch, als könnte sie damit irgendwie den lodernden Zorn abwehren, der wie heißes Magma zu sprudeln begann. »Was willst du hier, Jean-Claude?«
»Was ich hier will?«, wiederholte er und stieß jedes Wort durch zusammengebissene Zähne hervor, während sein schwelender Zorn Feuer zu fangen begann.
Judith wusste, dass sie diejenige war, die die Flammen schürte. Ihre eigene Wut schwoll an und gab seiner Wut Nahrung, doch das war ihr ganz egal. Sie hatte es verdammt satt, sich emotional herumschubsen zu lassen, weil sie alle beschützen musste.
»Genau das habe ich dich gefragt«, fauchte sie zurück.
»Ich bin gekommen, um dich zu holen. Du gehörst mir. Dachtest du etwa, das Gefängnis würde uns dauerhaft voneinander trennen? Dachtest du, du könntest gefahrlos jemand anderen finden?«
Sie stieß sich das Haar aus dem Gesicht und funkelte ihn finster an. »Dein kleiner Spion war etwas voreilig mit seinem
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