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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Wadlstrumpf-Bundhosen-Generation weggestorben war.
    Sepp reichte ihr einen Flyer, in dem das »Cube Concept« angepriesen wurde.

    »Tschill Aut und ’s Rad hosch bei dir im Bett!« Sepp schüttelte den Kopf.
    Irmi lachte. »So schlecht ist die Idee doch gar nicht. Das Ganze kann man später zur Seniorenresidenz umfunktionieren, die Rampen sind doch perfekt für Rollstühle.«
    »Gateways. Kuine Rampen.« Nun musste auch Sepp lachen.
    »Und wo soll der Cube hin?«
    »Na, eben aufs Areal eines alten Hotels. Ortslage. Überleg mal. Fünfzehnhundert Discobesucher, die kommen dann bis aus dem Wald rauf. Und von Immenstadt. Und Kempten. Von sonschtwo! Autos, G’schrei allat. Des will doch kuiner.«
    Das stimmte wohl. Inwieweit das, was man erzählte, mit der Realität konform ging, war eine andere Frage. Aber eines war sonnenklar: Martin Maurer hatte als Makler sicher nicht viele Freunde gewonnen. Nun war er tot, und sie hätte ihre historischen Bergschuhe, die sie mehr liebte als jedes andere Kleidungsstück, darauf verwettet, dass es kein natürlicher Tod gewesen war.

4
    Kathi saß in ihrem Büro in Garmisch-Partenkirchen und gähnte. Sie war erst um fünf Uhr aus München gekommen, hatte drei Stunden geschlafen und war dann wie in Trance losgefahren. Auch zwei Dosen Red Bull von der Tanke im Niemandsland hinter Ehrwald hatten wenig Wirkung gezeigt.
    Es war Montag. Ein typischer Montag. Sie hätte die ganze Welt über den Haufen schießen mögen, vor allem die Kollegin Andrea, die irgendwas von ihr gewollt hatte. Die hatte sie erst mal mit einem »nicht ansprechen« angeranzt und war hinter ihrem Schreibtisch verschwunden.
    Bloß gut, dass Irmi nicht da war. Von der hätte sie sich wieder eine Standpauke anhören müssen. Irmi, ihr Zuverlässigkeitsgewissen. Kathi reichte schon die eigene Mutter, die ihr Vorhaltungen machte: »Du bist doch kein Teenie mehr! Du bist Mutter. Und du hast eine schöne Arbeit.«
    Schöne Arbeit, pah! Ein Teenie war sie natürlich nicht mehr, aber sie war knapp dreißig, da war man doch noch jung.
    Ihre Tochter Sophia stieß ins gleiche Horn wie die Oma: »Ich muss auch früh ins Bett, wenn ich am anderen Tag Schule hab. Warum du nicht?«, hatte das Soferl gemault.
    »Das ist eben der Vorteil der Erwachsenen!«, hatte sie zurückgegeben und postwendend eine Antwort ihrer Mutter kassiert: »Dann benimm dich auch so.«
    Sie war eingeklemmt zwischen den Generationen, sie wurde attackiert von ihrer Mutter und ihrer Tochter, die miteinander paktierten. Kathi schaute aus dem Fenster. Dreißig war ein Scheißalter. Alle ihre Freunde hatten geheiratet, bauten im Einheimischenmodell kleine Hutzelhäuschen auf noch kleineren Hutzelgrundstückchen und bekamen Kinder. Sie hatten Babys und Kleinkinder in dem Alter, wo sie noch süß waren – und unschuldig. Ihr Kind hingegen war präpubertär, eine richtige kleine Hexe konnte sie sein. Und blitzgescheit, was den Umgang mit ihr noch schwieriger machte.
    Nichts war bei Kathi auch nur ansatzweise wie bei den anderen. Nicht, dass sie das gewollt hätte – nur manchmal, insgeheim. Seit einiger Zeit gab es Sven. Der war auch eher ungewöhnlich. Sie hatte ihn auf einem Fest in der WG ihrer alten Schulfreundin Yvonne kennengelernt, die in München bei einem Verlag arbeitete. Er war ein blasser Typ mit braunen Locken, der einen uralten Wollpulli mit Löchern und eine Jeans aus der Mottenkiste trug. Als er erzählte, dass es nie ein besseres Lied als »Entre Dos Tierras« von Héroes Del Silencio gegeben habe, war sie hellhörig geworden. Das war auch ihr Lieblingslied. Die Helden der Stille, die Band aus Saragossa, das war ihre Musik. Wenig gewalttätig, Texte voller Weltschmerz und Aggression. 1992 war Kathi zwölf gewesen und sie hatte ein Helden-Poster gehabt, zum Entsetzen ihrer Mutter. Wo doch andere Mädels Pferdeposter aufgehängt hatten. Oder Katzen. Oder Hundebabys. Aus Tieren hatte sich Kathi nie etwas gemacht.
    Sie hatte sich neben ihn gestellt, ihm ihre Bierflasche entgegengehalten. »Darauf trinken wir.«
    Sie hatten sich unterhalten, ziemlich lange. Er wollte Priester werden, studierte Theologie. Das fand Kathi extrem schräg. Als sie sich in sein Zimmer der riesigen Altbauwohnung zurückzogen, empfand sie ein gewisses Schaudern. Nervenkitzel. Sie schlief mit einem Priester. Sie, Kathi Reindl, die Verruchte, hatte einen Priester vom rechten Weg abgebracht, Und der Priester schien da Übung zu haben …
    Gut, am nächsten Morgen hatte sie die

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