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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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die Frau Irmgard anrufen!«, rief Sailer.
    Kathi starrte ihn an. »Irmi ist im Urlaub! Bis die da ist, ist die Leich verwest, Sailer. Oder trauen Sie mir den Fall nicht zu?«
    »Doch, schon, Fräulein Kathi.«
    Wegen des Fräuleins hätte sie ihm am liebsten eine aufgelegt, aber das war ihm nun mal nicht auszutreiben.
    »Also wo genau?«
    »Es hieß, hinter dem Speichersee. Keine Ahnung, wo das genau ist. Aber an der Hausbergbahn warten die Finder«, sagte Andrea.
    »Wollen die etwa einen Finderlohn, Andrea?«, raunzte Kathi sie an. Irmi konnte zwar manchmal eine Nervensäge sein, aber sie wünschte sich Irmi her. Mit Andrea konnte und wollte sie nicht zusammenarbeiten.
    Andrea war aber gar nicht so leicht einzuschüchtern. Sie hatte sich zu Kathis Bedauern im letzten Jahr ziemlich herausgemacht, war selbstbewusster geworden. »Nein, einen Finderlohn wollen die nicht. Aber die erwarten die Polizei, den Freund und Helfer bei Mord und Totschlag.«
    Kathi riss sich zusammen. Es würde andere Gelegenheiten geben, diese vorwitzige Andrea in ihre Schranken zu weisen.
    »Ja, dann auf!« Sie griff nach ihrer Jeansjacke, Andrea und Sailer folgten ihr auf den Fersen.

    An der Hausbergbahn wurden sie bereits erwartet – von einer ziemlich aufgelösten Kassenkraft, die erklärte, dass der Betriebsleiter nicht da sei, und irgendwas von einer Revision faselte, und eigentlich sei sie auch nur zufällig da, weil sie doch …
    Kathi unterbrach sie: »Das tut nichts zur Sache. Was ist mit der Leiche?«
    Die Frau war erst wie erstarrt und begann dann heftig zu schluchzen.
    Wieder stahl Andrea Kathi die Schau. Ruhig wandte sie sich an die Kassenkraft und legte ihr leutselig den Arm um die Schulter. »Ganz ruhig«, sagte sie. »Alles wird gut. Jetzt sind wir ja da. Was genau ist passiert?«.
    »Ja, was ist denn nun passiert?«, echote Kathi.
    Die Kassenkraft schaute sie unsicher an. Das passierte oft. Kathi sah vergleichsweise jung aus und war in Zivil. Also zog sie ihre Dienstmarke und wiederholte, innerlich bebend vor Wut: »Was ist passiert?«
    »Am Speichersee liegt ein Mann. Die sagen, er sei tot«, flüsterte die Frau.
    »Wer ist die?«
    »Wanderer. Schwammerlsucher. Einer von ihnen wartet da drüben.«
    »Einer der Zeugen?«
    »Ja.« Sie wies auf einen Mann, der gerade über den Parkplatz lief. Er schien von seinem Auto zu kommen.
    »Grüß Gott, hab mir bloß ein trockenes Hemd geholt«, sagte er völlig ungerührt. »Bin ziemlich gerannt.«
    Kathi war schon versucht zu sagen, dass er wegen eines Toten ja nicht mehr hätte rennen müssen, aber diesmal bewahrte sie die Contenance.
    »Sie haben also einen Toten gefunden, Herr …?«
    Der Mann stellte sich als Wolfgang Wieser vor. »Wir sind übers Bayernhaus aufgestiegen. Oberhalb gibt’s ein paar gute Ecken zum Schwammerlsuchen. Mein Schwager hat ihn zuerst gesehen. Er und meine Frau sind oben geblieben. Wir hatten kein Handy mit, da bin ich erst mal zum Bayernhaus. Keiner da, Ruhetag. Dann bin ich halt runtergelaufen.«
    Wieser sah so aus, als meinte er tatsächlich laufen und nicht gehen. Vermutlich war er ein echter Bergfex, der sein Rentnerdasein mit Wandern und Bergsteigen ausfüllte und wahrscheinlich bei bester Gesundheit hundert werden würde, ehe er über ein letztes Schwammerl gebückt tot umfiele. Sein Dialekt war ganz leicht schwäbisch angehaucht, vielleicht stammte er aus dem Augsburger Raum.
    »Sehr umsichtig von Ihnen«, lobte Andrea. »Ihrer Frau geht es hoffentlich gut? Und Ihnen auch?«
    Er lächelte. »Ich war bei der Berufsfeuerwehr, meine Frau war OP-Schwester und mein Schwager Metzger.«
    Was für ein Trio infernale! Solche Menschen brachte ein Toter im Pilzwald nicht aus der Fassung, das war klar. Kathi hätte diese Andrea erwürgen können, wie sie sich in den Vordergrund spielte. Die Frage, ob der Mann auch wirklich tot sei, verkniff sie sich. Ein alt gedienter Feuerwehrmann und eine OP-Schwester würden ein treffliches Urteil abgeben können.
    Inzwischen war auch Spurenleser Hasibärchen mit seinen Mannen eingetroffen. Hasi hatte noch weiter abgenommen, die schwarzen Ringe unter den Augen und seine gespenstische Blässe hätten ihn für die Hauptrolle eines Vampirfilms qualifiziert. Wie immer zeigte er sich nur wenig begeistert, als ihm sein neues Betätigungsfeld erklärt wurde.
    »Dann robben wir wieder stundenlang im Batz rum. Da finden wir eh nix.«
    »Nicht so negativ, ihr findet doch immer was. Und wenn’s in dem Fall nur Schwammerl sind!«,

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