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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Architekturmodelle in seinem WG-Zimmer gesehen. Sven, der Priester, war Sven, der Architekturstudent. Voller Wut war Kathi abgehauen. Was dachte sich dieser Idiot eigentlich? Sie hatte sich betrogen gefühlt, nur wusste sie nicht so genau, worum eigentlich.
    Ein paar Tage später hatte er ihr eine Mail geschickt. Vermutlich hatte er sich von ihrer Freundin Yvonne, dieser Verräterin, die Adresse besorgt.

    Du kannst Dich verkaufen.
    Wenn Du Macht willst, ist jedes Angebot recht.
    Ständig die Klappe aufreißen und dauernd seinen Senf dazu geben, das ist einfach.
    Aber wenn Du dann irgendwas rückgängig machen willst, dann musst Du erst mal Deine Spuren verwischen.
    Also lass mich in Ruhe. Ich bin nicht schuld, wenn Du auf die Schnauze fällst.
    Ich habe Dich nicht um Hilfe gebeten.
    Und Du stehst trotzdem schon wieder bei mir auf der Matte.
    Du schwebst zwischen zwei Welten. Da ist wenig Luft zum Atmen.
    Also reiß Dich endlich am Riemen.

    Sie hatte auf den Bildschirm gestarrt und dann erst überrissen, dass das eine Übersetzung von »Entre Dos Tierras« war. Was wollte der Typ ihr damit sagen? Dass sie die Klappe aufriss? Dass sie bei ihm auf der Matte stehen würde? Da konnte er aber lange warten.
    Allzu lange wartete er nicht. Sie mailte zurück:

    Auch wenn die Luft nicht weiß, was passiert,
trägt der Wind Dich weg, trägt er Dich weg.
    Ich kann Deine immer entferntere Stimme nicht hören,
oh nein, so entfernt.
    Ich kann nicht schlafen,
wenn diese Tränen auf mich tropfen.

    Die Antwort kam umgehend. »No Más Lágrimas? Keine Tränen mehr? Du doch nicht. Du bist ein großes starkes Mädchen und die erste, die ich kenne, die Héroes-Texte verschickt. Ich lad dich morgen zum Essen ein. Spanisch.«
    Sie wollte seiner Einladung eigentlich nicht folgen, und doch ging sie zu ihm. Er war seltsam und irgendwie nicht greifbar. Er sagte kryptische Sätze, die sie nicht verstand. Das lag wahrscheinlich an ihr. Sie war eine ungebildete Tirolerin und Polizistin, keine Kulturfrau. Nach dem spanischen Essen hatte er sie in sein Zimmer gezogen und Gitarre gespielt. Die Helden der Stille. Außerdem ein Lied, das sie nicht kannte. »Hab ich für dich komponiert«, hatte er gesagt, und sie war dahingeschmolzen. »Es gibt diese Sprache nicht, ich hab sie erfunden.« Dabei hatte er sehr ernst ausgesehen. Noch nie hatte jemand ein Lied für sie geschrieben, und das in einer Sprache, die gar nicht existierte. Er war so anders, so schräg und immer mit einem Teil seines Geistes und seiner Seele abwesend. Kathi schaffte es nie, sich bei ihm wirklich zu entspannen. Sie war in Lauerstellung. »Ihr traut euch gegenseitig nicht«, meinte Yvonne. »Sven hat schwer einen an der Mütze. Letztes Jahr hat er nackt am Nordkap übernachtet und lag dann mit einer Lungenentzündung irgendwo in einem Hospital am Arsch der Welt in Norwegen. Er ist stolz darauf. Er nennt das Grenzerfahrung. Der hat sie nicht alle, wirklich! Als WG-Kumpel ist er prima. Er unterhält alle unserer Gäste, weil er so strange ist. Aber als Freund? Kathi, lass die Finger davon!«
    Das hatte Kathi nur angestachelt. Klar, diese Germanistinnen und Kommunikationswissenschaftlerinnen, die hier ein und aus gingen. Oder diese verhuschten angehenden Lehrerinnen oder die BWL-Tussis mit Schwerpunkt Tourismus, diese Modepüppchen. Es war ja klar, dass diese Sven nicht gewachsen waren. Aber sie, Kathi Reindl aus Lähn, war das sehr wohl!
    Sie genoss es, wenn sie sich am Wochenende sahen. Und doch hatte sie immer wieder das Gefühl, an ihn nicht so recht heranzukommen. Obwohl sie ja ein Paar waren. Auf eine bestimmte Art zumindest. Kathi dachte viel an ihn. Auch jetzt verlor sie sich in Gedanken an Sven.
    Plötzlich fuhr sie zusammen. Andrea stand vor ihrem Schreibtisch. »Musst du mich so erschrecken?«, knurrte sie.
    »Ja, muss ich.« Die Kollegin schaute sie provozierend an. Kathi war von ihr mehr als genervt. Dieses Pferdemädel. Diese bauerngesunde Optik. Ohne Irmi und deren mildernde Wirkung wäre zwischen ihr und Andrea der offene Krieg ausgebrochen.
    Nun kam auch noch Sailer und schnappte nach Luft. »Fräulein Kathi, die Wanderer, die Wanderer, mei, immer bei uns.«
    Sailer, wie er leibte und lebte.
    »Sailer, es hat gerne mal Wanderer bei uns. Davon leben wir hier unter anderem«, bemerkte Kathi.
    »Aber de ham de Leich gfunden.«
    »Welche Leich?«
    »Die am Speichersee liegt«, sagte Andrea ungerührt. »Die Meldung kam gerade von der Hausbergbahn durch.«
    »Mir müssen

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