Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
Vom Netzwerk:
Das Ding
hängt mir immer noch nach." Als Henry mit einem Nicken seine Einwilligung
gab, reckte sich Tony, schaltete die gesamte Deckenbeleuchtung ein und setzte
sich selbst mitten in den Kranz aus hellem Licht. „Immerhin wissen wir jetzt
zwei Dinge: Es geht dem Gespenst wirklich um Rache und es weiß nicht, wo seine
Hände sind."
    „Was ist mit den anderen?"
    „Können wir uns vielleicht mit einem Geist nach dem
anderen befassen? Warum sollen wir uns unnötigen Ärger einhandeln?"
    Henry, der sich in die Schatten am anderen Ende des
Zimmers verzogen hatte, seufzte. „Ich wüßte immer noch gerne, warum er sich
ausgerechnet mich ausgesucht hat."
    „Gleich und gleich gesellt sich gern."
    Henry zog die Brauen zusammen und beugte sich so weit vor,
daß sein Gesicht vom Licht beschienen wurde. „Wie darf ich das verstehen?"
    „Du bist ein Vampir." Tony zuckte die Achseln und
strich sich über die winzige, fast verheilte Wunde, die in der sonnengebräunten
Haut seines linken Handgelenks kaum zu sehen war. „Auch wenn du kein übernatürliches
Wesen bist, auch wenn du letztlich nur biologisch anders bist..."
    „Nur?"
    „Henry!"
    Henry gab großzügig zu verstehen, er möge fortfahren, aber
seine Lippen blieben gekräuselt.
    „Hör' zu: Über dich kursieren bergeweise Mythen.
Zugegeben: nicht über dich als Person, aber über Deinesgleichen, und die
umgeben dich wie ...", ein wenig hilflos breitete Tony die Arme aus, „...
wie metaphysischer Nebel, und ich wette, dadurch fühlt der Geist sich
angezogen. Ich wette, das zieht ihn zu dir hin."
    „Metaphysischer Nebel!" wiederholte Henry. Er
schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. „Hast du in Toronto auch schon so
geredet?"
    „Du brauchst gar nicht so verdammt überheblich zu
tun!" Tonys entspannte Haltung war vergessen, und er wies mit einem
anklagenden Finger in Henrys Richtung. „Das ist eine einleuchtende These. Oder
hast du etwa eine bessere?"
    Die Vehemenz, mit der der junge Mann seine Meinung
vorgetragen hatte, überraschte Henry, und er mußte zugeben, daß er selbst keine
bessere Theorie hätte benennen können, aber ehe Tony weiterreden konnte,
unterbrach er ihn mit erhobener Hand. „Draußen auf dem Gang ist irgend etwas
los."
    Tonys Stirnrunzeln wurde heftiger. „Ich höre nichts...
Scheiße!" Mehr brauchte er nicht zu sagen, denn Henry stand bereits an der
Tür.
    Er hatte die Besatzung des Krankenwagens gehört. Als er
jetzt in den Flur trat, rollten sie eine Bahre aus Wohnung 1404. Die winzige
Gestalt unter dem Laken lag still, eine dünne Hand baumelte erschlafft an einer
Seite herab. Die Sanitäter versuchten noch im Laufen Wiederbelebungsmaßnahmen,
aber Henry wußte, daß Lisa Evans unwiederbringlich tot war.
    Um ein Haar wäre Henry zähnefletschend zurückgewichen, als
sich Mrs. Munro an seinen Arm klammerte. Aber er konnte sich beherrschen und
hatte die heftig schluchzende Gesellschafterin wenige Minuten später in sein
Auto verfrachtet, um dem Krankenwagen zu folgen. In erheblichem Tempo rasten
sie auf das St. Pauls Krankenhaus zu, und Tony reichte Mrs. Munro aus der
Schachtel, die sich im Handschuhfach befand, ein Papiertaschentuch nach dem
anderen.
    Die Ärzte in der Notaufnahme kamen rasch zur selben
Diagnose wie Henry. Auch sie hatten den Tod zu oft gesehen, um ihn zu
verwechseln.
    „Sie war sehr alt", sagte der leitende Arzt, Dr.
Zvane, sanft.
    „Es gibt Leute, die noch älter sind!" protestierte
Mrs. Munro. Tony reichte ihr ein weiteres Taschentuch.
    „Stimmt." Der Arzt zuckte die Achseln und rieb sich
mit den Knöcheln die müden Augen. „Ihre Zeit war wohl gekommen, mehr kann ich
nicht sagen. Wir haben getan, was wir konnten, aber sie war von uns gegangen
und hatte nicht vor, zurückzukehren."
    Mrs. Munro umklammerte Henrys Arm so heftig, daß
menschliche Knochen daran wohl zerbrochen wären, und schniefte. „Das sieht ihr
ähnlich. Man konnte sie nie dazu bringen, eine einmal gefaßte Meinung zu
ändern."
    Als sie wieder im Auto saßen, hatte Mrs. Munro aufgehört
zu weinen. Obwohl Henry ihr angeboten hatte, sie zu fahren, wohin sie wollte,
hatte sie gebeten, in die Wohnanlage zurückgebracht zu werden. „Ich muß meine
Sachen holen. Meine Tochter holt mich dann dort ab."
    „Wir haben uns Jeopardy' angesehen", erklärte sie,
denn nun, wo alles unwiederbringlich vorbei war, konnte sie über das Geschehene
reden. „Eine Championrunde. Miss Evans hatte gerade: Wer ist Captain Kirk?'
gerufen, als sie plötzlich ein

Weitere Kostenlose Bücher