Huff, Tanya
geht", murmelte sie.
„Ihre Mutter, Ms. Nelson ... Vicki... Ms. Nelson
..." Der Bestattungsunternehmer erbleichte ein wenig, als die Miene
seiner Kundin ihn eindeutig aufforderte, beim Nachnamen zu bleiben, fuhr jedoch
ungerührt fort: „... wollte so rasch wie möglich beerdigt werden,
ohne Aufbahrung. Das hat sie so verfügt."
„Gut."
"Sie wollte einbalsamiert werden ... vielleicht
übermorgen? So haben Sie Zeit, eine Anzeige aufzugeben."
„Übermorgen - das
ist so schnell wie möglich?"
Mr. Hutchinson junior mußte schlucken. Es fiel ihm
schwer, unter ei nem so gleichbleibend prüfenden Blick die
Ruhe zu bewahren. „Nein, wir könnten auch morgen Nachmittag mit
allem fertig sein ..."
„Dann sollten Sie das auch tun."
Diesem Ton konnte man nicht widersprechen; er ließ noch
nicht ein mal
irgendwelche weiteren Debatten zu. „Ist Ihnen zwei Uhr recht?"
„Ja."
„Was den Sarg
betrifft..."
„Mr. Hutchinson: Man hat mir gesagt, meine Mutter habe
alle Details geregelt."
„Ja, das stimmt..."
Vicki stand auf und warf sich die Handtasche über die
Schulter. „Dann werden wir es genauso machen, wie meine
Muter es wünschte."
„Ms.
Nelson." Auch der Bestattungsunternehmer hatte sich erhoben, und seine
Stimme klang nun so sanft, wie es ihm unter den Umständen möglich war. „Wenn Sie keine Anzeige in die
Zeitung setzen, werden Sie ein paar Leute anrufen müssen."
Vickis
Schultern sanken leicht herab, und ihre Finger, die bereits auf der Türklinke lagen, zitterten ein wenig. „Das
ist mir klar", sagte sie.
Und war verschwunden.
Hutchinson junior sackte in seinen Sessel und rieb sich die
Schläfen. „Wenn man feststellen muß, daß
man so ganz und gar nicht helfen kann", erklärte er seufzend einer
Topfpalme, „das ist wohl das Schwerste an mei nem Beruf."
Das alte Viertel war kleiner geworden. Der
riesige Garten hinter dem Eckhaus Division Street/Quebec Street, den Vicki ihre
ganze Kindheit und Jugend über neidisch
bestaunt hatte, schien auf die Größe einer Briefmarke geschrumpft. Im Tante-Emma-Laden Ecke Pine Street/Divi sion
Street residierte jetzt ein Blumengeschäft, und der Supermarkt di rekt gegenüber - in dem sie sich mit zwölf Jahren
nach langen, hartnäck igen Debatten ihren
ersten Nachmittagsjob ergattert hatte - war verschwunden. In der York Street, die Vicki früher so unendlich weit
ent fernt erschienen war, gab es
immer noch die alte Drogerie - nun aber sah es so aus, als müsse man nur
die Hand ausstrecken und könnte den La den
berühren. Vom riesigen Ahorn, in dessen Schatten am unteren Ende der Quebec Street das Haus der Thomsons gestanden
hatte, existierte noch nicht einmal
mehr der Stumpf, und selbst das strahlende Frühlings licht konnte nicht verhindern, daß die ganze Gegend
einen schäbigen und unbewohnten
Eindruck machte.
Vicki stand auf dem vorderen Parkplatz des von sechzehn
Parteien bewohnten Mietshauses, in das sie gezogen waren, als der Auszug des
Vaters sie das Haus in Collins Bay gekostet hatte und fragte sich, wann das alles passiert sein
mochte. Sie war in den letzten vierzehn Jahren doch ziemlich oft wieder hiergewesen, das letzte Mal vor nicht allzu langer
Zeit, und doch waren ihr diese drastischen Veränderungen nie aufgefallen.
Vielleicht,
weil sich das, weswegen ich zurückkam, nie änderte ...
Sie konnte es nicht länger
hinauszögern.
Die Sicherheitstür stand offen. Eine Sicherheitstür
schützt nichts und nie manden, wenn sie nicht geschlossen
und verriegelt ist. Das habe ich ihr mehr als einmal
gesagt... das Sicherheitsglas zitterte, hielt aber, als
Vicki die Tür
zuknallte und die halbe Treppe hochstolperte, die zur
Wohnung ihrer Mutter führte.
„Vicki! Ich hätte
wissen müssen, daß du es bist, die da die Türen knallt!"
„Die Sicherheitstür muß verschlossen sein,
Mr. Delgado." Es schien, als würde ihr Schlüssel nicht in das Schloß der
Wohnungstür passen.
„Ach du: immer Polizistin! Bei mir wirst du
nicht erleben, daß ich Arbeit mit nach Hause bringe!" Delgado trat ein
wenig weiter aus der Woh nung und runzelte die Stirn. „Du siehst schlecht aus, Vicki. Ist
etwas? Weiß deine Mutter, daß du da
bist?"
„Meine Mutter ..." Vicki hatte plötzlich einen Kloß
im Hals. Sie schluckte und zwang sich, tief durchzuatmen.
Man konnte es auf so viele verschiedene Arten sagen, es gab so
viele Umschreibungen, die alle auf dasselbe hinausliefen. „Meine Mutter ... ist
heute morgen gestorben."
Erst jetzt, als sie die Worte von ihrer
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